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Wie die meisten Leser der Blogs hier auf dieser Website sicherlich wissen, schreibe ich von Herzen gern über mein Lieblingsgenre, den Spaghettiwestern und liebe generell das europäische Kino der 60er bis 80er.

 

Viele von euch sehen sich deshalb mit Sicherheit sonntags die fast jede Woche laufenden alten Bud Spencer und Terence Hill Filme auf Kabel 1 an, scheinbar ein ewiglich laufendes Zugpferd des Senders. Wer kann es ihnen also verdenken, dass sie an dieser seit bald 20 Jahren bewährten Masche nicht rütteln?

 

Die öffentlich rechtlichen verbannten die Filme mit Spencer oder Hill lieber ins sehr, sehr späte Abendprogramm oder irgendwo in die dritten Sender, sie setzen zur Prime-Time lieber auf ihr eigenes bewährtes Zugpferd: Krimis, und zwar in jeder erdenklichen Form. Egal ob Tatort, SOKO, Küstenwache, Bergretter, Spreewaldkrimi, Großstadtrevier oder Rosenheimcops, die Gier nach Mordfällen scheint nicht stillbar zu sein in Deutschland - obwohl ich mich nicht daran entsinne, wann zuletzt ein krimiwürdiger Mordfall die Republik erschütterte, die Realität besteht eher aus U-Bahn-Schlägern und Ganoven solchen Kalibers.

 

Selbst Mischungen aus Krimi und dem anderen Spezialgebiet der öffentlich-rechtlichen Sender, der "Altweiberschnulze" werden verfilmt. Aber auch Polizeieinsätze der skandinavischen Kollegen werden ins Deutsche synchronisiert und dies extrem miserabel, man hört sofort, wie schlecht die Sprecherauswahl ist und wie dilettantisch schlecht die Stimmen in die Geräuschkulisse eingearbeitet wurden.

 

Der italienische Sender Rai 1 sendet nun bereits seit 2000 eine Serie über einen Pfarrer namens Don Matteo, der in seiner Heimatstadt Kriminalfälle löst und damit die Carabinieri, also die italienische Polizei ein wenig ärgert. Die Serie wird derzeit bereits in der neunten Staffel produziert und ist in ihrer Heimat längst kult.

 

Wieso sollte man nicht einfach diese zwei Zugpferde verbinden? Krimi und Nobody, Mord und 2 von 4 Fäusten, Totschlag und die Rechte Hand des Teufels... genau, Terence Hill spielt den für sein Alter noch sehr agilen Pfarrer Don Matteo.

 

Da kommt das deutsche Fernsehen ins Spiel, schließlich würden an eine solche Serie in Deutschland, dem Land in dem Terence und Bud heute wohl noch die größte Fanbasis weltweit haben, einige Ansprüche gestellt werden. Na ja, eigentlich sind es ja nur zwei:

 

Erstens: Thomas Danneberg muss als sein Synchronsprecher fungieren und

zweitens: Die Synchronfassung braucht hier und da einige Sprüche, nicht in der Frequenz bester Rainer Brandt Tage, aber zumindest muss der Nostalgie-Faktor vorhanden sein.

 

Irre ich, oder wäre dies in der Tat ein Magnet für gleich zwei potentielle Zuschauergruppen? Wenn man nun noch berechnet, dass zwei Folgen der Serie bereits probehalber synchronisiert wurden und zwar mit genau dem Maß an Kalauern, das ich erwartete (könnte gut sein dass Brandt die sogar gemacht hat), dann ist es unverständlich, dass unsere Sendeanstalten uns dieses Format seit Jahren vorenthalten.

 

Doch was sind die Gründe? Anders als bei irgendwelchen dänischen Krimis existiert hier eine Referenz, wie die Synchronfassung auszusehen hat und der eitle, fast schon arrogant auf mich wirkende Rainer Brandt war sicher nicht so günstig zu haben, wie die Wald und Wiesen Synchronleute, die ARD und ZDF seit Jahren für jeden Quatsch bezahlen. Auch Danneberg ist als für meinen Geschmack bester Sprecher Deutschlands sicherlich teurer als andere.

 

Doch es gibt einen winzigen Lichtblick, wie wir dennoch irgendwann in den Genuss der gesamten Serie auf deutsch kommen, dieser ist wahrscheinlich nur durch einen Gastauftritt Bud Spencers und die Wiedervereinigung der Rechten und der Linken Hand des Teufels herbeizuführen, denn diese kann man sicherlich nicht so leicht am deutschen Zuschauer vorbeischmuggeln, der wie gesagt, der wohl treueste der Welt für die beiden ist.  



Wenn die Öffentlichkeit heute an die großen Stars des Italowestern erinnert, fallen Namen wie Clint Eastwood, Lee Van Cleef, oder Django-Darsteller Franco Nero... natürlich dürfen auch Spencer und Hill nicht fehlen.

 

Einer, einer hatte jedoch in mehr Filmen die Hauptrolle gespielt, als alle anderen: Giuliano Gemma. Insgesamt 19 Mal gab er den grinsenden Revolverhelden, mal ernst, mal eher lustig, aber immer ordentlich, wahre Durchhänger wird man in seiner Karriere kaum finden. Am 1. Oktober 2013 verstarb er nun vollkommen überraschend bei einem Autounfall, schließlich hatte er letztes Jahr erst in einem Woody Allen Film mitgewirkt und war ziemlich fit.

 

Aus diesem Anlass erscheint der Blog zu seiner Person nun deutlich eher als ursprünglich von mir angedacht, als eine Art Nachruf auf den Mann, der das Genre über die ganze Strecke, bis weit in die 80er begleitete.

 

Der wohl beliebteste Film mit Gemma war wohl "der Tod ritt dienstags", in welchem er als Bastard Scott Mary zunächst der letzte Dreck in seinem Heimatstädtchen ist, doch als der Revolverheld Frank Talby (Lee Van Cleef) ihn unter seine Fittiche nahm und ihn quasi ausbildete und beide durch mafiöse Machenschaften die Stadt unter ihre Kontrolle brachten, hatte jeder gehörigen Respekt vor den beiden. Schlussendlich kam es zum Zerwürfnis beider und Scott musste sich seinem schier unbesiegbaren Meister stellen.

 

Regisseur Tonino Valerii (Mein Name ist Nobody) schuf mit diesem Film einen der besten Italowestern überhaupt, der von den zwei starken Hauptdarstellern und der Wandlung des Bastards zum gefürchteten Outlaw und dem Altern als Ganove lebte. Das Finale war einer der besten Italowestern-Showdowns überhaupt.

 

Doch Gemma war nicht nur in harten, bleihaltigen Schinken zu sehen, sondern war auch einer der ersten, der Klamaukwestern in Italien etablierte. "Friß oder stirb" aus dem Jahre 1969 ist möglicherweise der erste echte Spaßwestern, der auf die allseits beliebten harmlosen Prügeleien als Art der Auseinandersetzung setzte.

 

In diesem Film spielt Gemma den etwas arroganten Taugenichts Monty, der aus eher östlichen Gefilden in den Westen muss, weil sein Onkel ihm und seinem ein gewaltiges Erbe vermacht hat. der Haken: beide müssen ein halbes Jahr zusammenleben. So zieht er zu seinem Bruder, der ein sehr bescheidenes Leben in einer kleinen Hütte führt. Gemma brilliert durch eine gewaltig freche Schnauze (jene von Rainer Brandt, wer auch sonst), so manövrieren sich beide durch jede Menge dämliche Abenteuer, wie ein vermasselter Bankraub, einer Klopperei in einem Badezimmer, eine Geisel die keiner wiederhaben will und so weiter.

 

Den Part seines Bruders übernahm Nino Benvenuti und den dicklichen Bösewicht mimte Cris Huerta. Ein absolut spaßiger Streifen, frei von Anspruch, die berliner Synchronarbeit spult wieder einmal alle Sprüche ab, die Herrn Brandt und Brunnemann so durch den Kopf schwirrten und vor allem das Ende um einen Zug mit Gold war aufwändig, aber auch spaßig inszeniert. Zwar treffen einige Witze nicht mehr wie damals, trotzdem funktioniert das ganze noch immer ganz gut.

 

Regisseur dieses Werks war Duccio Tessari, mit dem Gemma eine regelrechte Partnerschaft einging, zwischen 1965 und 1985 schufen sie die verschiedensten Filme. Ihr erster Film und damit einer der ersten Spaghettiwestern nach "Für eine handvoll Dollar" war "Eine Pistole für Ringo" im Jahre '65.

 

"Engelsgesicht" Ringo kommt hinter Gitter, weil er zwei Leute erschossen hat, während dessen kommen mexikanische Banditen unter der Führung von Sancho in die Stadt und rauben die Bank aus. Sie flüchten auf ein Anwesen, wo der Sheriff sie festsetzt. Dieser befreit Ringo, damit dieser sich bei den Banditen einschleicht.

 

Der frühe italienische Western war recht günstig produziert, auch das dreckige Flair des Genres wurde noch nicht so recht eingefangen, die Kostüme waren noch sehr nah am amerikanischen Vorbild, jedoch wurden jede Menge Leichen produziert. Man merkt dem Film an, dass das Genre und seine Konventionen zu dieser Zeit noch nicht etabliert waren und vieles noch in den Kinderschuhen steckte.

 

Doch Tessari und Gemma arbeiteten auch abseits des dreckigen Westerns zusammen. So entstand 1968 der Gangsterfilm "Der Bastard" über den Ganoven Jason (Gemma), der 200.000$ in Diamanten erbeutete, zum Geburtstag seiner alkoholabhängigen Mutter (Rita Hayworth) kommt er zum Besuch. Er erzählt seinem Bruder Adam (Klaus Kinski) vom Geld, nicht ahnend, dass dieser ihm die Beute abnehmen will, dies gelingt ihm, indem er droht, Jasons Freundin Karen (M. Lee) zu vergewaltigen...

 

Ein wendungsreicher Gangsterstreifen, der von der dauertrunkenen Mutter und - wie könnte es anders sein, dem Schauspiel Kinskis lebt. Leider endet der Film durch ein ziemlich sinnfreies eher zufälliges Finale, dem angeblich noch eine Szene folgte, welche der Blu-Ray fehlt. Übrigens: die Blu-Ray hat irgendeinen Fehler, wonach sobald Bewegung ins Bild kommt viele schwarze Flecken auf dem ganzen Bild verteilt auftauchten. Des weiteren  war der Film einer der wenigen europäischen, der tatsächlich zum Teil in den Vereinigten Staaten gedreht wurde, nicht in Almerìa, oder sonst wo.

 

Einen echten deutschen Standardsynchronsprecher hatte das Engelsgesicht nie gehabt, die Arbeit teilten sich Christian Brückner, Erik Schumann, Klaus Kindler, Thomas Danneberg oder Rainer Brandt - wobei die letzten beiden eigentlich nur bei den Schnoddersynchros zum Einsatz kamen.

 

Sein letzter richtiger Italowestern für's Kino wurde 1978 veröffentlicht. "Silbersattel" war der Titel dieses Streifens (es war tatsächlich ein unverfälschter deutscher Titel, Wahnsinn), den Lucio Fulci, der sonst kaum Western schuf, realisierte. Roy Blood erschoss als Kind den Mörder seines Vaters und nimmt dessen Pferd samt einem Sattel an sich welcher "blinkt und glitzert wie eine Bordelltür" - jedoch war er kein Teil der wilden Horde aus "Nobody". Jener Mörder gehört zum Barrett-Clam, welchem Roy selbstverständlich Rache schwörte. Interessant wird die Geschichte erst, als ein kleiner Junge der Barrett Sippe zum dann erwachsenen Roy Blood (Gemma) stößt.

 

Noch einmal eine klassische Westerngeschichte, ein Rachewestern alter Schule, mit tollem Soundtrack der Herren Frizzi, Bixio und Tempara, welcher von der Musik in "Keoma" inspiriert war. Jedoch ist die zum Teil immergleiche Geschichte in verschiedenen Variationen irgendwann einfach nur noch langweilig, was wohl der größte Kritikpunkt an diesem Film sein kann.

 

Bei Massenhaft Filmen mit Gemma in der Hauptrolle hatte er es doch geschafft, die Gratwanderung zu meistern. Anders als bspw. Klaus Kinski prostituierte sich das Engelsgesicht nicht für jede noch so blöde Rolle um Geld zu kassieren, im Gegenteil, er war Garant für einen soliden Italowestern, Totalausfälle gab es für ihn nicht.

 

Jedoch fehlte es Gemma an einem: dem Film mit den ganz Großen, die Filme mit Leone oder Corbucci blieben aus, bzw. kamen viel zu spät ("Stetson - Drei Halunken erster Klasse"), als das Genre schon seinen Zenith überschritten hatte. Auch für Bud Spencer war er nur der Notnagel, weil Hill '73 mit Fonda unterwegs war.

 

Zunächst ließ sich Gemma auf einige blutige Streifen ein, z.B. "Arizona Colt",  später wollte er dann, wie Hill und Spencer, eher auf seichte Kost setzen, so entstand "Amigos – Die (B)Engel lassen grüßen" in welchem er mit Mario Adorf ein Duo bildete. Leider wurde der Streifen nach einer tollen Anfangssequenz zum Rohrkrepierer ohne richtigen Spannungsbogen.



Zuletzt  kamen Tessari und Gemma dann noch einmal 1985 für "Tex und das Geheimnis der Todesgrotten" zusammen. Diese Fernsehproduktion war für meinen Geschmack ein vollkommener Schuss vor den Bug. Dadurch, dass das TV die Finger im Spiel hatte fehlten die richtigen Brutalitäten. Vielmehr war es eine Mischung aus US-Western und Winnetou-artiger Abenteuer Stimmung und damit Terence Hills "Lucky Luke"-Verschnitt ziemlich ähnlich.

 

Nachwort: Ich bin kein Freund von Nachrufen auf jeden, der irgendetwie, irgendwo, irgendwann mal berühmt war und plötzlich werden dieser Person nur noch positive Eigenschaften nachgesagt. Giuliano Gemma war allerdings kein Schauspieler, der in irgendeiner Form negativ auffiel. Auf mich wirkte seine Art zwar immer etwas arrogant und frech, allerdings war er damit (so empfinde ich es zumindest) quasi ein Vorreiter der Figur, die Terence Hill als Trinity darstellte. Im Gegensatz zu Hill kam seine Karriere allerdings in den 70ern in Stolpern, allerdings gehörte er damit zur Mehrheit der italienischen Schauspieler, die sich im Italowestern festgefahren haben.

 

Ruhe in Frieden, Engelsgesicht.



Die Quellen der Bilder sind die jeweiligen DVD/Blu-Ray/VHS-Veröffentlichungen oder TV-Mitschnitte

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