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Nicht nur Lee Van Cleef kam, sah und siegte in Italien durch die Premierenrolle in "Für ein paar Dollar mehr", auch ein deutscher Export machte in diesem Film eine äußerst gute Figur und wurde so zum Nebendarsteller für die ausgefallenen Rollen in vielen Western. Die Rede ist von Klaus Kinski.

 

Der wohl einzigartigste deutsche Charakterdarsteller aller Zeiten findet im Italowestern ein Standbein, so tritt er in unterschiedlichsten Rollen in Erscheinung. Neben oben genanntem Klassiker war sein berühmtester Film wohl "Leichen pflastern seinen Weg" von Sergio Corbucci. In Deutschland ist vielen sicher auch noch der kurze Auftritt am Anfang von "Nobody ist der Größte" in Erinnerung. Aber er spielte in zahlreichen ebenfalls sehr interessanten Werken mit.

 

Meist war er wohl als zwielichtiger Typ in Nebenrolle oder direkt als Bösewicht zu sehen, eine Seltenheit gibt es jedoch, einen Film in dem der freundliche Psychopath  von nebenan auch einmal den guten, den Helden spielen darf:

 

"Satan der Rache" nannte sich diese Seltenheit, die über die Jahre unter Kennern zum Klassiker avancierte. Anthony M. Dawson, bürgerlich auch Antonio Margheriti (der spätere Meister der Wildgänse-Plagiate mit Miniatur-Action...), war der Regisseur dieses Werks, welches seinem Titel alle Ehre machte. Dies ist nämlich der Inbegriff des Rachewestern! Gary Hamilton (Kinski) kommt nach 10 Jahren frei, in denen er im Knast Steine kloppen durfte und sinnt auf Rache gegenüber Acombar (Peter Carsten), der nun über die alte Heimatstadt herrscht. Dabei kommt ihm ein Tornado gerade recht, der über die Stadt fast so verheerend hinweg zieht, wie Kinskis blutige Spur, denn dieser macht sie alle fertig!

 

Ein 90minütiger Rachefeldzug des deutschen Exports, gespickt mit Einzelheiten über die Vergangenheit und den Grund für seine Gefängnisstrafe. Dieser ist einfach grandios inszeniert, denn er ist einfach und geradlinig gestrickt, ohne riesige Überraschungen, dadurch aber unheimlich intensiv und nicht aufgesetzt wirkend. Der Film handelt tatsächlich nur - bis auf's Vorgeplänkel - von der Nacht der großen Rache, in welcher Hamilton sogar mithilfe einer Kirchenglocke die bösen Jungs platt machte. Auch seine Frau, die nun mit Acombar "verkehrt" (im wahrsten Sinne des Wortes), kommt überraschend schlecht weg bei Magheritis Nacht der langen Messer.

 

Dieser Streifen aus dem Jahre 1970 ist ganz klar der einzig richtige Anfangspunkt für meinen Blog zur Legende Klaus Kinski.

 

Ein interessantes Detail seiner Karriere ist auch, dass er sich - bis auf die frühen Edgar Wallace Rollen und bei den Werner Herzog Kooperationen  (sowie 2, 3 Ausnahmen) - nie selbst synchronisierte. So stellte man die deutschen Synchronregisseure vor die schwierigste Aufgabe überhaupt: einen deutschen Schauspieler, dessen echte Stimme allgemein bekannt ist, zu vertonen. Viele versuchten sich daran, z.B. Eastwood Stammsprecher Klaus Kindler oder Christian Brückner. Meist wurde er jedoch von Werner Uschkurat, Fred Maire oder Gerd Martienzen gesprochen, wobei mir letzterer am besten gefiel, weil er stimmlich sehr nah am Original war und schlicht und ergreifend der talentierteste war. Martienzen sprach ihn übrigens auch im "Satan der Rache".

 

Ein weiterer Film mit Kinski, diesmal jedoch in Nebenrolle als Bandenchef ,war "Der Mörder des Clans". Dieser Western aus dem Jahre '71 wurde erstaunlicherweise erst 1996 synchronisiert. In der kleinen Produktion spielte Paolo Casella einen sehr an George Hilton (Halleluja / Tressette) erinnernden Revolverhelden, der in eine kleine Poststation Schrägstrich Kneipe Schrägstrich Hotel einkehrt, in der dann auch Kinski alias Dan Hogan mitsamt seiner Bande einkehrt. Dort warten sie nun auf die güldene Beute eines Raubzugs welches Hogans Frau bringen sollte. Eine lange Odyssee (der Film spielt zur Hälfte in dieser Poststation) beginnt, ewiges, fast schon ans aristotelische Drama erinnerndes Hick-Hack um das Gold beginnt, es kommt zum Familiendrama bei Kinskis und vielen kleinen unbedeutenden Geschichtchen... durch teils ziemlich miese Nebendarsteller und einen eher abwesend wirkenden Kinski entwickelt sich der Film zur Farce, denn er entwickelt zu keiner Zeit den nötigen Schwung. In der zweiten Hälfte haben sie dann das Gold und wollen nun durch die Wüste zur mexikanischen Grenze.

 

Langeweile erfüllt diesen teilweise schmierentheaterhaften Streifen, der sicher nicht zu seinen besten gehörte.  Ein großer Name, viele schwache Akteure und damit ein unbedeutendes und unbrauchbares Werk, dem man stets und ständig die Geldknappheit beim Dreh anmerkte. Besonders der Schluss, als man die Kamera eine Weile lang auch Kinski hielt und dieser eine wunderbar cholerische Finalaktion hinlegte, kann bloß durch Kinskis überwältigende Aura als sehr gelungen und in seinen Bann ziehend angesehen werden. Synchronisiert wurde der Schinken übrigens erst in den 90ern, allerdings recht gelungen.

 

Berühmt war Klaus Kinski auch für seine unberechenbaren Interviewauftritte, vor denen manche Moderatoren regelrecht in Angst erzitterten, doch nicht nur die Ausraster wegen Nebensächlichkeiten machten und machen diese Szenen bis heute sehenswert, so sagte der exzentrische Wüterich schon einmal die Wahrheit: Ja, er habe alles nur wegen des Geldes gemacht, nicht weil der Regisseur oder das Drehbuch so toll sei. Ich glaube ihm das auch, denn in diesem Genre war es offensichtlicher  als in allen anderen:

 

Nehmen wir nur seine winzige, kaum 10minütige Rolle in "Der Mann mit der Kugelpeitsche", dieser furchtbare Mix aus Martial Arts und Italowestern mit Chen Lee, der mit seiner Karate-Kraft alle weißen fertig macht (zieht einem bösen Buben z.B. mit den Fingern die Augen aus dem Kopf), zeigt deutlich wie kein anderer, dass Kinski nur des Geldes wegen für so einen Blödsinn unterschrieb. Nach über einer Stunde des Mordens tauchte er dann als Kopfgeldjäger auf, dessen Ziel es war, dem gelben Rächer das Handwerk zu legen.

 

Kinski, der hier zwar scheinbar als Vorlage für Danny Trejo in Machete diente, weil er ein dutzend Messer mit sich herumschleppte, schoss Kung Fu Jack trotz seinem Klingenfetisch einfach vom Weiten in beide Knie um ihn dann genüsslich zu skalpieren. Doch der gelbe vereinte Ying und Yang und erledigte Kinski, wie auch alle anderen in diesem Film (bloß dumm, dass man vergas den eigentlichen Schurken, der 20 Mexikaner erschießen ließ auch ins Gras beißen zu lassen, das zeugt vom wahnsinnig dichten Drehbuch dieses Meisterwerks). Kinskis Kostümierung für diese Trash-Orgie war übrigens ein oller Anzug und ein viel zu großer Hut, dem seine Ohren in der Vertikale im Weg waren. Die Titelmelodie hat man übrigens von "Sartana - noch warm und schon Sand drauf" wiederverwertet. Das einzige, was Herrn Kinski wohl an diesem Geniestreich des Regisseurs von "Satan der Rache" gereizt hat, war der Gehaltscheck für den halben Drehtag.

 

Zur Entspannung von diesem fürchterlichen Auftritt entferne ich mich mal kurz aus dem Italowestern und kehre ins Horrorgenre - Kinskis anderer Heimat - ein. 1986, lange nach all den Western und drei Jahre vor seinem Tod realisierte der US-amerikanische Regisseur David Schmoeller den voll und ganz auf Kinski zugeschnittenen "Killerhaus". Hier spielt Kinski einen Vermieter, der seine Wohnungen nur an junge Frauen vermietet, durch die Lüfteranlage, den "Crawlspace" diese dann beobachtet und schlussendlich umbringt. Nebenbei unterhält er einen "Hobbyraum" auf dem Dachboden, wo eine ebenfalls junge Frau in einem Käfig sitzt, ach ja, und er spielt gern russisch Roulette, wenn er nicht verliert ist es Gottes Wille, weiterzumachen. Als wenn dies nicht genug wäre, ist seine Rolle Dr. Karl Gunther auch noch Sohn eines ehemaligen KZ Arztes.

 

Reichlich Stoff für einen Film, aber keinesfalls zu viel, denn wer Kinski mag, kommt an diesem Film nicht vorbei. Es wird eine wahre Kinski-Show abgeliefert, ein Fest für Freunde des verrückten Schreihalses, das sich von einer absurden Szene zur nächsten hangelt. Ich hatte beim gucken des Filmes die ganze Zeit ein Grinsen im Gesicht (die Blu-Ray ist übrigens ausgezeichnet).


Fazit: Auf jeden Fall mal einen Blick riskieren, es lohnt sich und macht einfach Spaß dieses trashige Spätwerk zu genießen.

 

Schmoeller veröffentlichte übrigens 1999 mit "Please Kill Mr Kinski" eine 9-minütige Abrechnung mit seinem zu dieser Zeit längst verstorbenen Hauptdarsteller. Ähnliches tat auch Kinskis wichtigster Regiepartner im selben Jahr, Werner Herzog mit "Mein liebster Feind". Dessen Blick auf Kinski war wesentlich differenzierter, wenn auch nicht wirklich objektiv, man merkte einfach, wie Herzog Kinski fast schon missbrauchte, um mit Schlagzeilen rund um die Dreharbeiten seiner Filme dem Publikum spannende Geschichten zu erzählen, bzw. die Boulevard-Maschinerie auf Touren zu bringen.

 

Auf der Suche nach weiteren Italowestern-Klassikern mit Klaus Kinki kam ich nun tatsächlich an meine Grenzen. Irgendwie hatte ich noch einige Filme im Hinterkopf in denen er eine ganz annehmbare Performance ablieferte. Da wären einige Filme mit Gianni Garko (dem ich damit aber nicht einen möglichen eigenen Blog rauben möchte) und "Das Gold von Sam Cooper", allerdings ist Kinskis Rolle hier viel zu klein, um thematisch in diesen Blog hier zu passen. Auch in "Adios Companeros" wirkte er mit (es gab gleich 2 Filme mit diesen Titel vom selben Regisseur, zeitgleich gedreht - das sollte schon alles zur Qualität sagen).

 

Vielleicht könnte man als Letzten den Film "Black Killer" von Carlo Croccolo erwähnen. Kinski schlüpfte dieses Mal in die Rolle eines Anwalts, der immer gern mit seinen Büchern hantierte. Schnell wird klar wieso, nicht etwa wegen des spannenden Lesestoffs, sondern weil die als Versteck für seine Waffen dienen. Leider war er diesmal wieder nur Nebendarsteller, der Fred Robsahm, der den Protagonisten mimte, zuarbeitete. Zur Story: Mexikaner beherrschen und tyrannisieren eine Stadt... gähn, den Rest brauch ich schon gar nicht mehr zu erläutern.

 

Ein paar abschließende Worte: bei meiner Aufarbeitung ist mir aufgefallen, wie wenige wirklich herausragende Italowestern mit Kinski in der Hauptrolle entstanden waren, zwar ist der extrovertierte Darsteller für fast jeden dieser Filme eine Aufwertung, allerdings kann Kinski alleine aus Mittelmaß auch keinen Leone mehr machen. 

 Die Quellen der Bilder sind die jeweiligen DVD/Blu-Ray/VHS-Veröffentlichungen oder TV-Mitschnitte


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