Wie viel Italowestern steckt in Django Unchained?

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18. Februar 2013

Der folgende Text enthält leichte, allgemein gehaltene Spoiler

Quentin Tarantino propagierte sich selbst stets als Verehrer des Italo-Kinos und insbesondere als Fan von Italowestern. Bereits sein letzter Film, "Inglorious Basterds" war das Remake zu einem Film von Enzo G. Castellari ("Keoma", "Zwiebel-Jack"). Auch die Soundtracks seiner Filme beinhalteten oftmals Lieder diverser Italowestern. Er scheint also der ideale Kandidat zu sein, um ein mögliches Revival des  Genres einzuleiten.

 

"Django Unchained" heißt nun das Machwerk, welches einen alten bekannten Namen wieder in Erinnerung ruft. Doch Western allein reichte Tarantino noch nicht, so degradierte er es zur Nebenhandlung in einem Film über die Geschichte der Afroamerikaner, bzw. den weg vom "Neger" zum Schwarzen. Das Wort Neger/Nigger fällt im Film übrigens gefühlte 200 Male.

 

Doch ich möchte mich nicht weiter mit diesen Dingen beschäftigen, von denen ich ehrlich gesagt gar keine Ahnung habe, sondern sagen, ob der Film das Richtige für Italowestern-Freunde ist.

 

Nachdem der Film vom Titellied des Originales eingeleitet wurde und Christoph Waltz in der Geschichte auftauchte, wurde es durch seine unglaublich geniale Performance ca. eine Stunde lang zu einem wahren Genuss, Ballereien, der staubtrockene Humor des Österreichers und die (noch) sehr gute Mischung aus alten und neuen Liedern und Melodien waren eine absolute Freude.

 

Ich glaube, Tarantino verlor sich so langsam in diesen Szenen, die die Geschichte nicht weiterbrachten, sondern einfach nur zeigen, wieso Western durchaus noch nicht ganz ausgestorben sind. Die Geschichte um Djangos Frau wird fast beiläufig mit eingepflegt und wirkt noch wie ein Fremdkörper. Dazu kam eine viel zu lange Comedy-Einlage in der eine Bande von verärgerten Leuten Django und Dr. King Schultz (Waltz) umbringen wollten. Sie passte nicht zum restlichen Humor des Streifens.

 

Irgendwann kam dann das Zusammentreffen mit dem Sklavenhalter Candie (DiCaprio), in welches noch der für meinen Geschmack zu plumpe Gastauftritt von Franco Nero (für diese Synchronkleinstrolle ist sogar Rainer Brandt aus der Sprecherrente zurückgekehrt) eingepflegt wurde. Nun ging der Film deutlich bergab, denn nun folgte die Handlung, die man über die erste Stunde weggelassen hat, weil man sich in den flotten Ballereien usw. verloren hatte. Nun nahm das "schwarze" Thema Überhand und die Action rückte in den Hintergrund. Auch Waltz hatte nicht mehr solch grandiose Szenen, wie noch zu Anfang. Ebenfalls die Musik wechselte zu Rap, ab hier fühlte ich mich etwas Fremd. Erst gegen Ende hin kam die wieder vollkommen übertriebene Gewalt zurück (die FSK mag Tarantino anscheinend) und es war wieder mehr nach meinem Geschmack.

 

Zuletzt kehrt auch die Italowestern-Musik zurück, mit dem Titel "Trinity" aus "Die Rechte und die Linke Hand des Teufels" (wirkte nach alledem unpassend) wurde der Streifen beendet.

 

Fazit: Tarantino wollte zu viel: Western, Comedy verschiedenster Art, Blaxploitation, die unterschiedlichen Lieder... Das Alles ergab keine Einheit, es spricht mehrere Zielgruppen an, aber keine wird vollends glücklich mit dem Konstrukt. Wäre der Film nicht 165min lang, hätte er im zweiten Akt nicht diese Längen im zweiten Akt. Eine Kleinigkeit wäre noch zu Jamie Fox zu sagen, er bleibt etwas blass in seiner halbgaren Figur des Django, vor allem neben Waltz, ohne den er wohl deutlich besser zur Geltung gekommen wäre.

"Django Unchained" ist alles andere als schlecht, jedoch nicht frei von Fehlern. Allein wegen unseres Landsmannes (ist der nun Deutscher oder Österreicher oder beides?) lohnt es sich, diese 2:45 Stunden zu Gemüte zu führen.


Kommentare

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Ich stimme mit Bollwerk in fast allen Punkten überein. Auch ich bin ein Freund des gepflegten Westerns, wobei es nicht nur Italowestern sind die in meiner Gunst liegen (bspw. schätze ich den "Schatz der Sierra Madre" mit Bogey sehr). Django habe ich mir mit sehr hohen Erwartungen angeschaut, und war danach ziemlich ernüchtert. Ich erwarte in einem derartigen Film natürlich nichts überaus Tiefgründiges o.ä. Aber die zur Schau gestellte Oberflächlichkeit und Eindimensionalität unterbietet auch simpelste, wenn auch geniale , Konzepte wie die Werke Bud Spencer und Terrence Hill. Selbst in deren Filmen is der ganze wunderbare Klamauk stets um eine zumindest banala Handlung gesponnen, und all der WItz und Charme entfaltet sich um diese herum. Bei Django hatte ich das Gefühl, ca. 80 Minuten einer Ansammlung von nicht zusammenhängenden Slapstickeinlagen von Christoph Walz beizuwohnen. Jede Szene verlief nach dem Schema... Tam Tam Tam---- Pointe Walz; Tam Tam Tam---- Pointe Walz usw.. So gut der Mann das auch spielt, und so genial ich es in Inglorius Basterds fand (ohne komplett vom Gesamtwerk überzeugt zu sein). Es wirkte hier bereits etwas abgenutzt und erzwungen auf mich. Mit dem Auftreten Di Caprios endet dann der Quatsch Comedy Club und die Handlung beginnt. Ums kurz zu machen... Auch dieser Part war nicht nach meinem Gusto. Es fehlte mir an Originalität und einem besonderen Flair in den Szenen. Ich hätte es zudem sehr begrüßt, wenn Tarantino das Wagnis eingegangen wäre den Film mit unbekannteren Schauspielern zu drehen... Gerade diese extremen, teilweise rohen und unverbrauchten Charaktere zeichnen für mich den Italowestern aus. Die Chance auf tolle schauspielerische Neuentdeckungen ist in Django unchained nicht wirklich gegeben.
Fazit: Mein gesamtes, nicht westernaffines Umfeld, war von dem Film begeistert. Ich fand in ihm leider nicht das was ich mir erhofft hatte.
easy-j
26.08.2013 um 11:43
von easy-j
#11
Hi, ich habe deinen Kommentar unter meinen Django-Blog gelesen und war sehr gespannt deine Meinung zu sehen.
Ich habe auch als Antwort in meinem Blog geschrieben, dass ich dir leider nicht vollends (was vollkommen so sein soll ;) ) zustimmen.
Wo ich dir aber zustimmen kann und will, ist, dass Django Unchained doch weniger Western als zB Inglorious Basterds ist, meiner Meinung nach. Dennoch wie auch mehrere Stimmen vor mir angemerkt haben, ist Tarantino ein Genie darin Genres so darzustellen, dass sie genau das sind was man will und gleichzeitig genau das Gegenteil. So kommt, am Beispiele des Soundtracks, diese Mischung aus HipHop, Morricone und auch das Originalthema genau richtig daher, um den Geist seines Schaffens zutreffen. Und das mag einen Western-Fan, wie dich, bitter aufstoßen, einen Liebhaber für unkonventionelles Mainstreamkino so aufregend.
Sully
27.05.2013 um 23:31
von Sully
#10
Danke für die positiven Kommentare, wäre das eine amazon Rezension hinge ich wahrscheinlich schon am höchsten Ast wegen meiner Meinung...

Es kommt natürlich auf die Sicht der Dinge an, die Szenen auf Candieland waren nett, aber man hat zu Anfang des Filmes eigentlich schon das Magazin leer geballert, sodass eine Steigerung quasi nicht mehr möglich war. Und nochmal zu dem berechenbaren zu kommen: bestes beispiel "Der Bärenjude" im letzten Film, hätte dort und hier in der Kapuzenszene etwas mehr Feingefühl erwartet. Tarantino ist nun gefangener seines eigenen Rufes, er muss anders sein, was ihn schon wieder einschränkt. - auch fast schon wieder ein Paradoxon
Bollwerk94
19.02.2013 um 11:53
#9
Danke für den Blog + "Deine Sicht der Dinge" - sehr aufschlussreich, dies aus "berufenem Westernkennermunde" zu vernehmen - wenngleich ich als Nicht-Western-Purist und Tarantino-Fan diese Einschätzung im Ergebnis nicht teile. Insoweit kann ich aber zur Vermeidung von Wiederholungen auf den sehr schönen Kommentar von Kodijak Bezug nehmen!
Cineast aka Filmnerd
19.02.2013 um 09:36
#8
Da sieht man mal wieder wie unterschiedlich ein Film auf Jemanden wirken kann! Ich empfand den Film sehr, sehr genial - und ich gehöre nicht zu den Tarantino Freaks die seinen Genre-Mix vorbehaltslos gut finden! Django ist eine Hómmage im bestem Sinne an Tarantino\'s (und das macht er in allen Filmen) Verhältnis/Erinnerungen an Western, nicht an die Westernfilme an sich... Entsprechend dem werden all seine Filme immer sehr abstrahiert - manchmal is das toll, manchmal - wie bei KillBill - hats mir gar nicht gefallen! Cest la vie!
Schnitzi76
19.02.2013 um 01:45
#7
Tarantino ist lebendes atmendes Zitatenkino und er hält sich in all seinen Filmen nie sklavisch an ein Genre, da war immer ein teilweise wahnwitziger Mix aus Musik, Action, Bildsprache und Dialogen dabei. Das zeichnet ihn aus, so tickt er und das macht ihn so Besonders.

Für Puristen eines bestimmten Genres ist das natürlich gewöhnungsbedürftig, manchmal zuviel des Guten und "Over the Top" und es wird nicht alles vorbehaltlos "geschluckt" was dieser Mann zu bieten hat. Da kann ich dich "Bollwerk94" sehr gut verstehen. Aber davon konntest du aber, wenn du ehrlich bist, eh nicht davon ausgehen, das ein Tarantino sich so vollends auf ein bestimmtes Thema einlässt und sich ihm unterordnet. Keine seiner bisherigen Arbeiten weist auf so eine "normale" Arbeitsweise und Umsetzung hin. Das konnte man sicher schon vorher wissen.

Anders ist es für prinzipielle Liebhaber des Kinos an sich, ohne beinharte Genreaffinität (also jemanden wie mich) Von daher weiß ich jetzt schon, der Film wird mir wieder uneingeschränkt zusagen, wie all seine Filme bisher. (Habe ihn tatsächlich noch immer nicht gesehen)

Tarantino schafft es schließlich ja auch (wie sonst NIEMAND Anders es kann) eine "spröde" Blondine, in "Bruce Lees" gelben Kampfanzug zu stecken und in Schwarzweiß, in Splattermanier, asiatische Killerkommandos und Mörderbabes, zu den Klängen einer Nancy Sinatra aufzumischen, den wie auch in Star Trek, kommt auch sie zum Schluss...Rache ist ein Gericht das am Besten kalt serviert wird!

Und all diese eigentlich so gar nicht zusammenpassenden Einzelteile fügt er so toll und harmonisch zusammen, als ob es das Normalste der Welt wäre. DAS ist "Tarantino" und dafür verehre ich ihn.

Übrigens hat mir sehr gut gefallen wie du geschrieben hast, das sozusagen das "Außergewöhnliche" an ihm, das eigentlich "Berechenbare ist", also "Langeweile" durch "Abwechslung",
Das nenne ich ein lupenreines "Paradoxon" und ist von Tarantino somit gar nicht lösbar. Das Ergebnis wäre nämlich, egal was er auch macht, immer "berechenbar".

Aber Danke für deine Eindrücke des Films, da du (zu Recht) der uneingeschränkte Western Experte hier bist (wovon ich schon seeeeehr profitiert habe) war mir hierzu gerade deine Meinung sehr wichtig und interessant zu erfahren.

Danke

Gruß Daniel!
Kodijak
18.02.2013 um 23:39
#6
@Michael.Speier: Die Action war einfach falsch gesetzt. Im klassischen Fall ist es doch so wie bei jedem 007 Film: eine tolle Anfangssequenz, dann kommt die Story um die Hauptfiguren ins Rollen und Action wird immer wieder eingebunden. Ich empfand es als Ungleichgewicht. Insgesamt stört mich an Tarantino dieses was manche als Unberechenbarkeit empfinden, dass immer etwas außergewöhnliches geschehen muss, gerade Das macht ihn berechenbar.
Außerdem wird es wohl so sein, dass er in dieser ersten Stunde des films als Fan so viele Ideen einbauen wollte, dass er gar nicht merkte, wie der Film ein wenig zerfiel. Bin auch kein Fan von unidentifizierbarem Genre-Mix, daher liebe ich solche Filme, wie die von Leone, wo der Humor nur unterschwellig oder sehr sarkastisch vorhanden war, aber alles eine wundervolle Einheit ergibt.

Übrigens: ich schöpfe riesige Hoffnung durch AMC\'s neue Serie Hell on Wheels, sehr nett die bisherigen 3 Folgen.
Bollwerk94
18.02.2013 um 22:05
#5
Ahhhhh, freut mich was vom Western-Experten der Plattform zu dem Streifen lesen :) Ich selber schätze das teils wie du ein, besonders die KKK-Szene. Der Humor ging mMn in Richtung "0815"-Hollywood-Humor (angekündigt schon durch Jonah Hill...), wirkte wie du sagst deplaziert.
Danke für den Blog! :)
gelöscht
18.02.2013 um 21:36
#4
Kann da leider Nichts dazu beitragen, bin kein Western Fan. Aber ein Danke von mir ALLEMAL.
docharry2005
18.02.2013 um 20:57
#3
Sehe ich anders: Gerade die zweite Hälfte fand ich ungemein spannend. Alles, was auf Candie-Land spielt, ist pures Adrenalin-Kino. Action im Hintergrund, okay. Aber Action alleine macht keinen guten Film (Siehe Transformers 2).
Das Triniti-Thema am Ende hat dem Film (meiner Meinung nach) noch das Sahnehäubchen obendrauf gesetzt.
Ich fand den Film von der ersten bis zur letzen Minute in JEDEM Punkt gelungen, zu keinem Zeitpunkt langweilig und absolut sehenswert. Da hat sich wirklich jeder Cent gelohnt. Und ich bin kein Fan des Kinos!
Michael Speier
18.02.2013 um 20:47
#2
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