Kontroverse Diskussionen zwischen Darstellern, Regisseur und Produzenten am Set, die mit einem Bruch enden, sind in der Filmbranche nicht ungewöhnlich. Wesentlich seltener wird jedoch der fertige Film des Regisseurs verworfen und ein fast neuer Film mit neuem Regisseur gedreht. Doch genau das ist Brian Helgeland mit „Payback“ passiert. Nachdem er mit „L.A. Confidential“ als Drehbuchautor große Erfolge feiern konnte, scheiterten hier sein Vorstellungen der Verfilmung des Romans „The Hunter“ an Hauptdarsteller und Produzent Mel Gibson und dem vertreibenden Filmstudio Warner Bros. Helgelands Schnittfassung stieß auf breite Ablehnung. Der Film sei zu hart und die Figur des Porter zu unsympathisch. Als sich Helgeland weigerte, Drehbuch und Film zu ändern, wurde er durch einen nicht erwähnten Regisseur ersetzt, der den dritten Akt des Films völlig neu drehte. Heraus kam die Kinofassung von „Payback“, die nun zusammen mit dem ursprünglichen Director‘s Cut auf Blu-ray veröffentlicht wird.
Story
Der vornamenlose Kriminelle Porter (Mel Gibson) will sein Geld zurück. Um sich in das Verbrechersyndikat Outfit einkaufen zu können, wurde Porter von seinem sadistischen Kumpel Val Resnick (Gregg Henry) bei einem gemeinsamen Raubüberfall gelinkt. Porter wird dabei ein Foto zum Verhängnis, das ihn mit der blonden Schönheit Rosie (Maria Bello) zeigt. Resnick lässt das Foto Porters Frau (Deborah Kara Unger) zukommen und die will Rache. Um 70000 Dollar ärmer und mit mehreren Kugeln im Rücken findet sich Porter am Boden wieder. Doch er überlebt und tötet sich von nun an bis zur höchsten Instanz des Syndikats durch, um sein Geld zurückzubekommen.
Üblicherweise werden Director’s Cuts durch drei bis zehn Minuten Filmmaterial für die BD-Veröffentlichung editiert, um einen zusätzlichen Anreiz für den Kauf zu schaffen. Doch aufgrund der zuvor beschriebenen Auseinandersetzungen zwischen Regie und Produktion, ist der Director’s Cut von „Payback“ die eigentliche Urfassung. Diese ist nun zusammen mit der Kinofassung auf einer Disk enthalten. Die Kinofassung ist dabei um elf Minuten länger, als die ursprüngliche Schnittfassung des Regisseurs. Die erste Stunde des Films ist in beiden Fassungen nahezu identisch, doch danach ändert sich die Handlung gravierend. Der Syndikatchef Bronson ist im Director’s Cut eine Frauenstimme am Telefon, während er in der Kinofassung eine wichtige Rolle, von Kris Kristofferson dargestellt, spielt. Statt der Entführungsgeschichte mit cleverem Ende, gibt es im Director’s Cut einen blutigen Showdown. Die einführende Szene mit den Details im Off-Voice, während der Arzt die Kugeln aus Porters Rücken entfernt, wurde ebenfalls gestrichen.
Obwohl vom Regisseur so beabsichtigt, wird der Zuschauer im Director’s Cut von Beginn an bis zum Ende über interessante Details zur Figur des Porter im Unklaren gelassen. Dies und ein paar weitere Szenen lassen ihn tatsächlich unsympathisch wirken. Der Director’s Cut für sich betrachtet ist ein relativ unspektakulärer und unmoralischer Film, bei dem es schwer fällt, irgendwie Sympathie für den Hauptcharakter zu entwickeln. Für den Erfolg eines Films ist es aber ein klar strukturierter, für den Zuschauer nachvollziehbar handelnder Held oder Antiheld unumgänglich. Im Director’s Cut hinterlässt dieser einen faden Beigeschmack, sodass der Film nur 6 Punkte bekäme. Die Kinofassung korrigiert diese Fehler und schafft die stimmige Atmosphäre eines Film Noir mit cleverem Ende. Sie liefert somit ganz klar den besseren Film. Einen kleinen, aber feinen Gangsterfilm der alten Schule mit einem smarteren Antihelden. Bewertet wird hier die Kinofassung.
Bildqualität
Der Bildtransfer des 10 Jahre alten Films mit VC-1 Codec (1080p/24p; 2,35:1) ist sauber gelungen. Trotzdem gibt es mehrere Kleinigkeiten zu beanstanden. So sind zu Beginn vereinzelt kleine weiße Bildflecken des Masters zu erkennen. Außerdem variiert der Schwarzwert und driftet in einigen dunklen Szenen ins Graue ab. Das Graining ist etwas zu stark ausgeprägt und fällt doch häufig auf. Obwohl die Bildschärfe an sich angemessen gut ist, fehlt es etwas an Tiefenschärfe. Details gehen hier gelegentlich verloren. Grundsätzlich bewegt sich der Detailgrad aber auf hohem Niveau. Besonders die Nahaufnahmen von Porters Gesicht sind sehr plastisch. „Payback“ gehört zu den Filmen, die sich dem Stilmittel der Bildverfremdung bedienen, um die Atmosphäre dichter zu gestalten.
Der Film enthält fast ausschließlich dunkle Szenen und Nachtaufnahmen, wobei das Bild durch einen Blaustich metallisch und kalt wirkt. Die trostlose und harte Welt des Porter wird somit im Bild gut wiedergespiegelt. Der Kontrast ist trotzdem angenehm. Der HD-Bildtransfer der Blu-ray lässt „Payback“ in neuen Glanz erstrahlen.
Tonqualität
Die deutsche Tonspur wurde in Dolby Digital 5.1 abgemischt, die Englische in Dolby TrueHD 5.1. Hörbare Unterschiede sind aber nicht wirklich auszumachen. Beide Tonspuren lassen etwas Dynamik in den wenigen Action-Szenen vermissen und liefern eine eher unspektakuläre Raumakustik. Eine räumliche Soundkulisse kommt nur beim Autocrash zu Beginn und bei den Explosionen auf.
Dezente Umgebungsgeräusche, wie Straßenlärm, oder Stimmen von Passanten fehlen leider. Es ist aber davon auszugehen, dass diese Effekte nie für den Film abgemischt wurden und deshalb auch nicht auf der Blu-ray enthalten sein können. Eine glaubwürdige akustische Atmosphäre bleibt dem Zuschauer somit leider verwehrt. Allerdings wird der stimmige Soundtrack gelegentlich auch auf die Effektkanäle gelegt. Trotzdem sind die Dialoge, von denen der Film vor allem lebt, klar verständlich und werden realistisch wiedergegeben. Diesmal können deutsche Zuschauer die fehlende HD-Tonspur leicht verschmerzen, da Unterschiede nur sehr schwer auszumachen sind.
Ausstattung
Das wohl interessanteste Bonusmaterial ist das 27-minütige Featurette „Same Story-Different Movie“ über die beiden Schnittfassungen, in dem sich auch Regisseur Brian Helgeland und Mel Gibson ausführlich äußern. Mit interessanten Kommentaren der Produzenten und Schauspieler, vor allem zur Regiearbeit von Helgeland, wird dem Zuschauer in dem zweiteiligen „Paybacks are a bitch“ ein ausgiebiger Blick für ca. 45 Minuten hinter die Kulissen am Set gewährt. Zusätzlich gibt es noch Interview Clips mit den Schauspielern und ein ausführliches Interview mit dem Autor der Romanvorlage „The Hunter“. Wahlweise steht noch ein Audiokommentar des Regisseurs zur Verfügung.
Das Bonusmaterial liegt ausschließlich in SD-Qualität vor, ist aber durchweg sehr aufschlussreich und interessant.
Fazit
Die Kinofassung von „Payback“ ist ein gelungener Low-Budget-Gangsterfilm mit einem smarten Mel Gibson als Antiheld Porter. Der Director’s Cut wurde zu Recht geändert, da er zu wenig Verbindung zum Zuschauer aufbaut. Auf Blu-ray präsentiert sich der Film in einem guten Bild, aber mit leider etwas unspektakulärem Ton. Dafür sind die Extras hochinteressant. Besonders die Entstehung der Kinofassung mit Kommentaren des Regisseurs verdeutlicht, wie sehr die Meinungen der Filmemacher manchmal auseinander gehen können.
Mel Gibson Fans und alle, die Filmen im altmodischen Stil etwas abgewinnen können, machen beim Kauf von „Payback“ nichts falsch. (chk)
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Kaufempfehlung
Testgeräte
Fernseher: Panasonic TH-42PZ85E
BD-Player: Panasonic DMP-BD35
AV: Onkyo TX-SR806
LS: Teufel Theater 1