
Für Nora (Saskia Rosendahl) und Aron (Julius Feldmeier) ist es Liebe auf den ersten Blick, als sie sich an einem verregneten Tag in der U-Bahn begegnen. Ihr Aufeinandertreffen war reiner Zufall, sagt Nora. Alles ist vorbestimmt, sagt Aron. Doch dann wird Aron plötzlich aus dem Leben gerissen. Für Nora bleibt die Zeit stehen. Sie betäubt ihren Schmerz, verbringt bald darauf die Nacht mit Natan (Edin Hasanovic), der wie durch Zufall immer wieder in ihrem Leben auftaucht. Er gibt Nora Halt. Sie hat das seltsame Gefühl, ihn bereits zu kennen, ahnt aber nicht, was sie wirklich verbindet…
Mit „Systemsprenger“ meine ich die deutschen Filme oder auch Serienformate, die durch das übliche Raster der Filmförderung fallen. Filme, die sich was trauen, die anders sind. Thematisch als auch erzählerisch. Beim deutschen Filmpreis war dieser Umstand wiedermal spürbar, ein Film wie „Mein Ende. Dein Anfang.“, war in einer Nebenkategorie nominiert. Zugegeben, ich halte nicht besonders viel von solchen Verleihungen, trotzdem helfen sie doch den Werken zu neuer Aufmerksamkeit und gerade Nora Fingscheidts „Systemsprenger“ ist ein Musterbeispiel dafür und sollte noch öfter gesehen werden. Die Fragen, die sich mir aber unweigerlich aufdrängen sind: „War es das schon?“, „Ein Film der hinaussticht?“, „Haben wir als Filmbranche nicht noch viel mehr zu bieten?“.

Doch, haben wir. Eines dieser mutigen Projekte ist „Mein Ende. Dein Anfang.“ von Mariko Minoguchi, welcher gleichzeitig auch ihr Langfilmdebüt darstellt. Obwohl die junge Regisseurin keine Filmhochschule besucht hat, ist der Film mit viel handwerklicher Finesse erzählt und auch geschrieben. Allein das Thema der Relativitätstheorie birgt viele faszinierende Gedanken, weshalb der internationale Titel des Films auch „Relativity“ ist. Zugegeben, der deutsche Titel gefällt mir persönlich aber deutlich besser und macht eher neugierig, als plakativ das Thema zu diktieren. Im Rahmen der Filmfestspiele in München feierte der Film Premiere und kam im November kurzzeitig in kleine Programmkinos. In einem davon saß ich. Am ersten Tag. Ich war allein.
Auch dieser Umstand legt wiedermal eines der Probleme des deutschen Kinos offen, zu wenig Vertrauen in Projekte abseits des Mainstreams oder von bereits etablierten Regisseuren oder Kassenmagneten wie Til Schweiger. Woher soll man von dem Film wissen? Als „Otto-Normal-Verbraucher“ wird man kaum bis gar nicht auf ihn stoßen. Als „Cineast“ befasst man sich natürlich noch mal intensiver mit Kino-Neustarts und versucht immer öfter die Nische in der Nische zu finden. Trotz seiner tollen Darsteller, bei der vor allem Saskia Rosendahl als Nora wiedermal ihr ganzes Können zeigt, lief der Film ganz heimlich an den meisten Zuschauern vorbei. Als wäre er nie dagewesen. Glücklicherweise gibt es ihn nun endlich auf Blu-Ray, man darf gespannt sein, wie der Film nun im Heimkino anläuft.

So „nischig“ ist „Mein Ende. Dein Anfang.“ aber eigentlich gar nicht. Zumindest was die eigentliche Geschichte angeht. Wenn man ehrlich ist, hat man die Erzählmotive schon des Öfteren gesehen und wir haben es hier auch inszenatorisch nicht mit experimentellen Filmemachern wie beispielsweise einem Gaspar Noe oder David Lynch zutun. Alles was zählt ist die Erzählweise und die Erzählstruktur des Filmes, der immer wieder Vergangenheit, Zukunft und Gegenwart miteinander kombiniert und parallel erzählt. Hier zeigt sich auch, was man aus einem guten Drehbuch, mit interessanter Prämisse und tollen Schauspielern auch mit wenig Budget herausholen kann, wenn man weiß, was man will. Die Newcomerin Mariko Minoguchi weiß das scheinbar ganz genau und ich bin mir sicher, dass wir in Zukunft noch mehr von ihr hören werden.
Ich möchte in meiner Besprechung gar nicht viel auf die Handlung selbst eingehen, hier solltet ihr euch am besten selbst überraschen wie Zufall, Vorherbestimmung und Schicksal miteinander verwoben sind und ob sie überhaupt existieren. So muss man dem Drehbuch hier und da eben ein paar „Zufälle“ glauben, die man dank der hervorragenden Darsteller und der Etablierung dieser Filmwelt aber durchaus glauben kann. Teilweise sind es auch die Versatzstücke, die „Mein Ende. Dein Anfang“ so stark machen. Beispielsweise als Nora und Aron auf einer Party tanzen und „Ohne dich“ von der „Münchener Freiheit“ zum Besten geben.