Michael Daruty ist der Sr. Vice President - Technical Operations bei NBC Universal und war bereits für die Restauration von Steven Spielbergs
"Der weisse Hai" verantwortlich. Anlässlich der ab dem 11. April 2013 erhältlichen Blu-ray-Fassung von
"Schindlers Liste", die passend zum 20. Filmjubiläum in den Handel kommt, konnten wir Michael Daruty über seine Arbeit befragen und herausfinden, welche Schwierigkeiten es bei der Restauration gab.
Was waren denn die größten Probleme, die bei der Restauration von "Schindlers Liste" auftraten?
Ich denke, unser größtes Problem bestand darin, den Film in einer hohen Auflösung vom Original zu scannen, um eine höchstmögliche Auflösung des Bildes zu erhalten. Wir haben den Film in 6k abgetastet, ihn dann in 4k herunterkonvertiert und in dieser hohen Auflösung gearbeitet. Wenn man sich vor Augen hält, dass es sich bei diesem Film größtenteils um einen Schwarz-Weiß-Film handelt, mussten unsere Prozesse darauf abgestimmt werden, dass insbesondere das Kontrastverhältnis, der Schwarzwert und auch die Szene mit dem Mädchen im roten Kleid so bleiben, wie es damals beim Drehen des Films eingestellt wurde. Dazu haben wir während des gesamten Vorgangs eng mit Steven Spielberg zusammen gearbeitet.
Besonders mit dem roten Kleid gab es ein paar Probleme, die vor allem durch die Optik hervorgerufen wurden. Während des Restaurationsprozesses haben wir daher zunächst das Rot des Kleides entfernt und es später wieder hinzugefügt, so konnten wir die Probleme lösen.
Insgesamt denken wir, dass wir die Qualität des Films gesteigert haben. Zudem haben wir die hochaufgelösten Bilder des Films archiviert und einen neuen 35mm-Film erstellt.
Wo Sie gerade von der Archivierung sprechen, wie groß war die Datenmenge insgesamt und wo haben Sie die Datenmengen archiviert?
Es ist wirklich so, dass es eine sehr große Datenmenge war. Uns ist allerdings wichtig, dass die Filme für nachfolgende Generationen erhalten bleiben. Für die Archivierung haben wir zwei Objekte. Zum einen gibt es da ein Archiv auf dem Universal-Gelände, zum anderen haben wir ein Archiv außerhalb von Kalifornien, um geografische Sicherheit zu haben.
Sie haben angesprochen, dass es aufgrund der Schwarz-Weiß-Technik von "Schindlers Liste" einige spezifische Probleme hab. Gab es beim Ablauf Unterschiede zwischen der Restauration von "Schindlers Liste" und "Der weiße Hai"?
Im Prinzip waren die Prozesse, die wir bei beiden Filmen durchlaufen haben, sehr ähnlich, angefangen bei der hochauflösenden Abtastung bis zur Farb- oder Schwarz-Weiß-Restauration. Die Absicht der Restauration, nämlich es so hinzubekommen, wie es damals vom jeweiligen Filmemacher beabsichtigt wurde, ist gleich.
Bei "Der weiße Hai" gab es einige Fehler auf dem Negativ, die wir erst korrigieren mussten. Dazu kam, dass wir die Farben korrigieren mussten und das Filmkorn richtig einstellen. Bei "Schindlers Liste" handelt es sich um einen ganz anderen Film. Wir mussten sicherstellen, dass wir die Details der Kleidung und der Haare richtig herausarbeiten, dabei hat uns der hochauflösende Scanvorgang extrem geholfen. Die Prozesse sind also ähnlich, aber die Filme unterscheiden sich doch sehr voneinander.
Bei der Restauration von "Der weiße Hai" haben Sie u.a. Referenzmaterial wie VHS Kassetten genutzt. Sind Sie bei "Schindlers Liste" ähnlich vorgegangen?
Bei "Der weiße Hai" wussten wir ziemlich genau, wie der Film am Ende aussehen muss. Die Leute erwarten, dass der Film nach einer Restauration auch dann noch dem Originalfilm ähnlich aussieht.
Bei "Der weiße Hai" nutzten wir als Hilfe vorhergehende Konvertierungen und 35mm-Quellmaterial des Films und dazu hatten wir noch Rückmeldung der Filmemacher. "Schindlers Liste" verhält sich da ähnlich, auch hier nutzten wir bestehende Konvertierungen, schauten uns verschiedene Kopien des Films an und hatten auch hier Feedback von Steven Spielberg und damit die Meinung des Originalkünstlers. Um es aber noch einmal zu betonen, das Ziel bestand nicht darin, die originale künstlerische Leistung zu verfälschen, sondern lediglich einige Dinge zu korrigieren.
Bei der Restauration eines Films handelt es sich mit Sicherheit um eine sehr aufwändige Angelegenheit. Wie lange hat die Restauration insgesamt gedauert und was kostet so ein Prozess eigentlich?
Bei uns hat es etwa 4-5 Monate gedauert, um "Schindlers Liste" zu restaurieren und etwa 20-30 Leute haben daran gearbeitet. Das beginnt bei der Restauration des Quellmaterials, geht über den Scanvorgang und die Farbkorrektur, das Einstellen der Filmkörnung, Bildstabilisierung oder Schmutzentfernung. Eine genaue Zahl, was so ein Prozess kostet, kann ich nicht nennen. Aber unser Unternehmen legt viel Wert auf eine gute Umsetzung, daher ist es das Geld auf jeden Fall wert.
Dauert es eigentlich länger, einen Film in 4k oder gar 6k neu zu mastern? Gibt es Unterschiede im Ablauf?
Aufgrund der längeren Zeit, die für das Rendern des Films benötigt wird, dauert das etwas länger. Dabei bewegen wir uns aber im Rahmen von ein paar Tagen, außerdem ist die Datenmenge natürlich höher. Bei uns läuft es meistens so, dass wir erst in 6k scannen und dann in 4k konvertieren und damit weiter arbeiten.
Der Film behandelt ein schwieriges Thema und hat sieben Oscars gewonnen. War bei der Restauration des Films ein großer Druck zu spüren?
Es ist so, dass wir diesen Druck bei all unseren Filmen empfinden, weil wir stets alles richtig machen wollen. Natürlich ist der Film etwas Besonderes für Universal, Steven Spielberg und für die gesamte Branche, daher haben wir uns gezielt Zeit genommen, um es hundertprozentig hinzubekommen. Wir mussten ganz einfach sicherstellen, dass der Film aus Qualitätsgründen keine Aufmerksamkeit erregt. Die gesamte Restauration hatte das Ziel, eine Verbesserung darzustellen, jedoch sollte man nicht erkennen, dass der Film bearbeitet wurde.
Die Bluray-Disc von "Der weiße Hai" erhielt einen 7.1-Mix. "Schindlers Liste" bekommt eine 5.1-Spur, wie kommt dieser Unterschied zustande?
Es handelt sich um zwei verschiedene Filme. Ohne für Herrn Spielberg sprechen zu wollen denke ich, dass er nicht wollte, dass "Schindlers Liste" eine 7.1-Spur bekommt. Die 5.1-Spur der DVD war für ihn anscheinend in Ordnung und brauchte keine Korrektur.
Haben Sie eigentlich einen Lieblingsfilm, den Sie gerne restaurieren möchten oder den Sie vielleicht schon restauriert haben?
Das ist ein bisschen wie Eltern zu fragen, welches denn ihr Lieblingskind ist. Bei all unseren Projekten versuchen wir, die Restauration so gut wie möglich zu machen. Ich habe inzwischen seit fast 27 Jahren mit der Restauration von Filmen und ihrem Erhalt zu tun. Um ehrlich zu sein, gibt es aber zu viele Filme, die ich gerne bearbeiten möchte und es gibt keinen, der da hervorsticht. Wir hier lieben es einfach, unsere Filme zu restaurieren und sie für kommende Generationen zu erhalten. (or, mw)