Brazil (CineProject) Blu-ray Review
Nur wenige Regisseure erlangen im Verlauf ihrer
Karriere Kultstatus. Einer der Wenigen, die diesen höchst
inoffiziellen Ehrentitel für sich in Anspruch nehmen können, ist
sicherlich der eingebürgerte Brite Terry Gilliam. Zu Beginn seiner
Laufbahn inszenierte Gilliam als Teil der Komikertruppe
Monty Python die drei grandiosen
Kinofilme
Die Ritter der Kokosnuss,
Das Leben des Brian und
Der
Sinn des Lebens. Dass sein überragendes Talent für
skurrile und ungewöhnliche Geschichten nicht zwangsläufig mit
kommerziellem Erfolg einhergeht, musste der heute 71jährige in den
Jahren seiner Tätigkeit mehrfach erfahren. Auch bei diversen
Produzenten genießt er keine Lobby. So galt er unter anderem als
Wunschkandidat von J. K. Rowling, als es darum ging, den Regiestuhl
des ersten
Harry Potter Films zu besetzen, was
jedoch am Veto der Geldgeber scheiterte. Kaum auszudenken, in
welche Sphären der Individualist den Zauberlehrling gehoben hätte.
Von Gilliam in seiner reinsten Form gibt es dafür in der im Jahr
1985 inszenierten Satire
Brazil mehr als genug zu
sehen.
Story:
Irgendwo und irgendwann in einer nicht allzu weit entfernten
Zukunft geht der einfache Büroangestellte Sam Lowry seinem
monotonen Tagwerk im Ministerium für Information nach. Das
Ministerium ist ein beispielloser bürokratischer Apparat, der alles
und jeden in dieser gleichgeschalteten Gesellschaft verwaltet. Um
seinem grauen Alltag wenigstens zeitweise zu entkommen, flüchtet
sich Sam in eine Traumwelt, in der er als strahlender Held eine
feengleiche Schönheit vor dem Bösen beschützt. Doch die Realität
holt ihn schneller wieder ein, als ihm lieb ist. Durch einen ebenso
banalen wie folgenschweren Fehler im System, kommt es bei einer
Verhaftung zu einer tragischen Verwechslung. Statt des
Guerilla-Heizungsmonteurs Tuttle, wird der unbescholtene Bürger
Buttle einkassiert. Um seinem Chef unangenehmen Papierkram zu
ersparen, erklärt sich Sam bereit, die Angelegenheit mit
bürokratischen Winkelzügen aus der Welt zu schaffen. Dadurch gerät
Sam jedoch in ein unglaubliches Abenteuer.
Wenn es darum geht, eine Top 10 der verkanntesten Meisterwerke der
Filmgeschichte zu erstellen, würde Terry Gilliams
Brazil ohne Zweifel einen Platz ganz weit vorne
ergattern. Zu allererst bietet der Film eine intelligente und
hintergründige Story. Die dystopische Welt, die hier entworfen
wird, ist so reichhaltig gestaltet und wohl durchdacht, dass es
nicht schwerfällt, sie als Allegorie an unsere eigene Gesellschaft
zu begreifen. Der Mensch als Individuum wird vom herrschenden
bürokratischen Apparat völlig vereinnahmt und als kleines Zahnrad
in die große Maschinerie eingegliedert. Persönliche Freiheiten und
das Recht auf Selbstverwirklichung sind faktisch nicht vorhanden.
Alles ist genormt und nur existent, wenn es durch ein Formular
belegt wird. Diese trostlose Welt wird visuell enorm eindrucksvoll
umgesetzt. Gilliams Faible für verspielte Apparaturen im
retro-futuristischen Design kommt hier voll zur Geltung. Der
Tagesablauf der Menschen ist bis ins Kleinste durchtechnisiert,
doch nichts funktioniert wie es soll. Allgemeiner Verfall macht
sich breit. Parallelen zu George Orwells Zukunftsvision 1984 sind
unverkennbar. Natürlich standen zur Verwirklichung der aufwändigen
visuellen Effekte und Bauten noch keine Computer zur Verfügung, so
dass hier alles noch „analog“ umgesetzt wird. Mit Modellen und
Kameratricks gehen die Effektspezialisten hier an die Grenzen des
technisch machbaren.
Der Film erhält dadurch eine enorme visuelle Wucht, die
ihresgleichen sucht. Zeitweise lenkt dieser optische Overkill ein
wenig von der Handlung ab, da man das Gesehene erst einmal
verarbeiten muss. Gleichzeitig bezieht der Film dadurch natürlich
einen großen Teil seiner fast schon hypnotischen Wirkung. Sowohl
thematisch, als auch visuell ist das alles keine leichte Kost, die
rein gar nichts mit konventionellem Hollywoodkino gemein hat. Ein
gewisses Maß an Bereitschaft zum Mitdenken sollte der Zuschauer
schon mitbringen. Dafür wird man allerdings mit einer
tiefgründigen, absurd komischen und vor allem unglaublich
unterhaltsamen Geschichte belohnt, die noch lange nachwirkt.
Bildqualität:
-
Videocodec MPEG-4 AVC, Ansichtsverhältnis 1,85:1, Auflösung
1080p
-
allgemeine Schärfe und Detailzeichnung nur selten
HD-würdig
-
blasse Farben
-
schwache Kontrastwerte
-
teilweise deutliches Rauschen
-
Verschmutzungen auf dem Bildmaster erkennbar
-
keine Plastizität
-
Schwarzwert wird kaum gefordert
-
Einsatz von Rauschfiltern durchgängig erkennbar
Leider hat sich Fox nicht die Mühe gemacht, ein restauriertes
Bildmaster zu erstellen. Nur selten übersteigt die Bildqualität
DVD-Niveau.
Tonqualität:
-
Deutsch Dolby Digital 2.0 Surround
-
Dialoge gut verständlich
-
gutes Stereopanorama
-
in lauten Passagen schrill und plärrig
-
oft sind Zischlaute hörbar
-
wenig dynamisch
-
lediglich diffuse Surroundeffekte
-
keine differenzierte Räumlichkeit
-
Subwoofer wird zu keiner Zeit gefordert
Auch bei der Tonspur ist Magerkost angesagt. Das Alter des Films
wird hier leider besonders deutlich. Der Film klingt altbacken und
stellt das heimische Surroundsystem zu keiner Zeit auf eine harte
Probe.
Ausstattung:
Das kurze Making-Of „Was ist Brazil?“ ist bereits von der alten DVD
bekannt. Hierbei handelt es sich um eine Vintage Produktion aus der
Entstehungszeit des Films. Interessant ist, dass viele Mitwerkende
auf die Titel gebende Frage selbst keine befriedigende Antwort
wissen. Darüber hinaus gewährt das Feature Einblicke in die
Entstehung der Spezialeffekte, sowie die schwere Geburt des
Drehbuchs.
Fazit:
Aus technischer Sicht fehlte bei 20th Century Fox hier eindeutig
der Wille, ein zeitgemäßes Produkt abzuliefern. Bild und Ton
erfüllen keine aktuellen Standards. Nur selten ist ein Mehrwert
gegenüber der DVD erkennbar. Auch die Zusatzausstattung enttäuscht.
Neu produzierte Extras sucht man vergeblich. Mit
Brazil erschuf Regisseur Terry Gilliam eine der
eindrucksvollsten Dystopien der Filmgeschichte. Wer Schwierigkeiten
hat, sich eine Mischung aus Franz Kafka, George Orwell und Monty
Python vorzustellen, ist bei diesem Unikum der Kinohistorie genau
richtig. Der Film beeindruckt sowohl durch seine tiefgründige und
facettenreiche Handlung, als auch durch eine fantastische visuelle
Umsetzung. Für ein breites Publikum taugte der Film zwar im Jahr
1985 schon nicht, was allerdings nichts über seine Qualitäten
aussagt. Wer mal wieder Lust auf etwas Besonderes hat, sollte sich
Brazil nicht entgehen lassen.
Kurzbewertungen:
Sory: 10/10
Bild: 5/10
Ton: 4/10
Extras: 3/10
Gesamt*: 4/10
* In der Gesamt-Bewertung wird die
Story nicht berücksichtigt.Kaufempfehlung: 7/10
Die Kaufempfehlung der Brazil Blu-ray
wird anhand der technischen Bewertung und unter Berücksichtigung
der Story berechnet.Testgeräte:
TV: Pioneer PDP-LX5090 (50“) (kalibriert)
BDP: Pioneer BDP-LX71
AVR: Pioneer SC-LX81
Lautsprecher: B&W 803S (Main), Teufel M-500 (Surround)