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Gone Baby Gone - Kein Kinderspiel

Gestartet: 27 Mai 2011 12:44 - 2 Antworten


Veröffentlichung:
17.04.2008
Laufzeit:
114 Minuten
Schauspieler:
Regisseur:
Produktion:
Kategorie:
Altersfreigabe:
#1
Geschrieben: 27 Mai 2011 12:44

Breiti

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Und hier wieder eines mener älteren Werke zu einem Film, der leider immer noch nicht den Bekanntheitsgrad hat, den er eigentlich verdient. Die Vorlage stammt übrigens von Dennis Lehane, der u.a. Mystic River und Sautter Island geschriebenhat und auch bei THE WIRE als Autor beteiligt war.

Gone Baby Gone

Ben Affleck hat sich für sein Regiedebüt nicht irgendeine nette, herzerwärmende Independent Story ausgesucht, sondern sich selbstbewußt gleich ein Schwergewicht von Erzählung für sein erstes Filmprojekt ausgesucht: Gone Baby Gone (Kein Kinderspiel, Heyne Verlag), das dritte Buch der 5-bändigen Reihe des Bestsellerautors Dennis Lehane (u.a. Mystic River, Produzent & Autor The Wire) um das Bostoner Ermittlerpäärchen Kenzie&Gennaro. Dass der Autor Dennis Lehane nun schon das zweite Mal Glück hatte auf einen Regiesseur zu treffen, der dem Geist des Buches treu bleibt, darf als seltener Glücksfall gelten.

Doch Affleck vertraute nicht nur seiner Geschichte, sondern verpflichtete auch eine Darstellerriege, die es in sich hat, neben Casey Affleck spielen u.a. Ed Harris, Michelle Monaghan, Amy Madigan und Morgan Freeman. So gab es für die eindrucksvolle Performance der New Yorker Broadway Aktrice Amy Ryan (u.a. The Wire) zurecht die Oscar Nominierung als Beste Nebendarstellerin. Auch die von manchem im Vorfeld kritisierte Besetzung der männl. Hauptrolle durch seinen jüngeren Bruder Casey ist nicht Nepotismus, sondern Anerkennung eines fulminanten jungen Schauspielers.

Story
Dennis Lehanes Story führt uns in Herz von Boston, das Arme Leute Viertel Dorchester. Dort lebt und arbeitet das Paar Kenzie & Gennaro als Privatdetektive. Nur widerwillig übernehmen sie den Fall der verschwundenen, entführten 4-jährigen Amanda, die seit mehren Tagen vermisst wird. Da die beiden um die schwindenden Chancen das Kind lebendig zu finden wissen, arbeiten sie eng mit der Polizei zusammen. Deren Ermittlungen stecken fest, weil in dieser Gegend niemand freiwillig mit der Polizei zusammenarbeitet, während das Ermittlerduo inmitten dieses Viertels aufgewachsen ist und fast jeden persönlich kennt. So geraten die beiden auf die Spur der vermeintlichen Entführer und arrangieren eine Geldübergabe, doch diese läuft furchtbar schief...

Der Star des Films ist die Stadt Boston. Affleck zeigt seine Heimatstadt ohne Schminke und Tünche, aber mit soviel Lokalkolorit, dass man den Thriller auch getrost als Heimatfilm bezeichnen kann. Die Verfilmung des Buches ist äußerst gelungen, da weder nur nacherzählt, noch versucht wird zu viele Details des Buches in den Film einzuarbeiten. Die Regie und Kameraarbeit schafft es aber, uns ein stimmiges, zuweilen semidokumentarisches Bild der Stadt und ihren Bewohnern zu zeigen und dem Zuschauer dabei jederzeit die Sympathie spüren zu lassen, welche der Regisseur für seine früheren Nachbarn hegt. Man folgt den beiden Ermittlern bei ihren verzweifelten Suche nach Amanda, lernt deren Mutter und Familie kennen, entwickelt Sympathie für die Polizisten die mit aller Ernsthaftigkeit und Kompromisslosigkeit nach dem Kind suchen – und wird immer stärker in den Fall hineingezogen.

Ben Affleck gelingt es, mehrere Plots und Nebenhandlungen zu verknüpfen, dabei die Story und die emotionale Beteiligung der Charaktere in den Mittelpunkt zu stellen und das ganze absolut spannend zu erzählen. Die moralisch unmögliche Entscheidung – und deren Folgen - zu der die Protagonisten am Ende gezwungen werden, beschäftigt und verfolgt den Zuschauer noch lange nach Filmende und zwingt ihn, sich die gleiche Frage zu stellen wie die beiden Detektive – ob die Antwort die gleiche ist, muß jeder vor seinem Gewissen selbst vertreten.

Bildqualität
Die Auflösung beträgt standardgemäß 1920 x 1080p, die Aspekt Ratio ist 1,85:1. Der VC-1 Codec sorgt auch in diesem Film für realistisch-natürliche Hauttöne und Gesichtsfarben. Das Bild ist hervorragend, die wenigen Panoramaaufnahmen besitzen große Tiefenschärfe und hohe Details. In den Nahaufnahmen wird dagegen erneut deutlich wie sehr die neue HD Technik gutes Schauspiel belohnt, man ist von dem Darstellerensemble fasziniert. Da der Filmstil nicht einheitlich ist, sondern neben Hochglanzaufnahmen auch „Wackelkamera“ verwendet und in semi-dokumentarischen Stil gefilmte Szenen enthält, ist die Bildqualität wechselnd, aber immer von hoher Qualität.

Kompressionsfehler sind genauso wenig zu finden, wie Artefakte. Die Kontraste wirken perfekt, die „Überschärfe“ manch anderer Produktionen wird vermieden. Wer will, korrigiert die Farbtemperatur am TV ein wenig, da die Farben einen kleinen Stich ins Rötliche haben, andererseits passt dies aber gut zur herbstlich – melancholischen Stimmung des Films.
Die Schwarzwerte sind ein wenig zu undifferenziert, ansonsten passt alles: Bildqualität der Oberklasse.

Tonqualität
Einer der Filme, in denen sich der Ton merklich zurückhält. Während sich der deutsche Käufer wie üblich über fehlende True HD Tonspur ärgert (Wann wachen die Studios endlich auf, wann reagieren Fans und Hardwareproduzenten?), bietet die englische Tonspur selbstverständlich Lossless PCM Sound.

Das ist aber nicht der Grund weshalb englischsprachige Blu-ray Fans den englischen Audiotrack wählen sollten: Dieser Film lebt vom Lokalkolorit und der genauen Darstellung des Milieus – also der Darstellung von Ort und Sprache der handelnden Personen. Dies geht naturgemäß in der deutschen Übersetzung und Synchronisation, obwohl diese sorgfältig vorgenommen und gut besetzt ist, komplett verloren – der Film ist im englischen Original nochmals einige Klassen besser und glaubhafter.

Musik wird nur sehr spärlich eingesetzt um den Ton und die Stimmung des Films zu begleiten, Gone Baby Gone vertraut stattdessen auf die Kraft der Geschichte und der Exzellenz der Darsteller. Die Umgebungsgeräusche und wenigen Schießereien wirken kraftvoll sowie genau und tragen durch Natürlichkeit sehr zur realistischen Stimmung des Films bei, da sie sich niemals in den Vordergrund drängen. Nur selten kommt ein Eindruck von Künstlichkeit auf (Dialog / Streitgespräch im Auto wirkt gekünstelt), ansonsten liegt eine gelungene Abmischung vor.

Ausstattung
Die Extras sind teilweise in HD (1080p, 1080i), größtenteils aber in SD. Insgesamt wird nicht viel geboten, neben den üblichen Trailern (1080p) gibt es nur zwei kürzere Hintergrundberichte zum Casting (7 min, 480p) und den Dreharbeiten zu sehen (9 min, 1080i) – diese kommen nicht über Belangloses hinaus und hätten getrost weggelassen werden können.

Schon auf der Verpackung wird mit den Deleted Scenes (480p) und dem enthaltenen Alternativen Ende geworben, das ist aber ein wenig irreführend, da es mehr um die Stimmung, als um einen anderen Abschluss der Handlung geht – also kein Vergleich z. B. zu I am Legend. Da ein solches auch nicht zum Film gepasst hätte, kann man dieses also als reinen Marketinggimmick abtun. Mehrwert bietet dafür zur Abwechslung der Audiokommentar, der wirklich Interessantes zum Film beisteuert und dem Zuschauer den Filmemacher Affleck näher bringt. Insgesamt also zu wenig, gerade Gone Baby Gone lädt zur eingehenderen Beschäftigung ein.

Fazit
Ob als Thriller, Sozialdrama oder einfach als packend erzählte Geschichte: Dieser Film gehört in jede bessere Sammlung. Die Story entwickelt sich in mehrere Richtungen, bietet mehrere Plots, die am Ende kongenial zusammengeführt werden und verfügt über Schauspieler (-leistungen), die erfahrene Regisseure neidisch machen und das Publikum erfreuen. In diesem guten Ensemble muß sogar Morgan Freeman sein Bestes geben, um gegen den Newcomer Casey Affleck zu bestehen - hier kann man den Aufstieg eines Schauspielers zum Star miterleben, eine Voraussage die Ben Afflecks jüngerer Bruder mit seiner Rolle in "The Assassination of Jesse James..." schon hat wahr werden lassen.

Gone Baby Gone enttäuscht weder Büchernarren, die fieberhaft auf die nächste Lehane Verfilmung nach Mystic River gewartet haben, noch Anhänger von spannenden Krimis mit Anspruch. Das Ende kommt hier nicht überraschend, sondern zeigt uns, dass Menschen sich nicht wirklich verändern und dass man für seine Entscheidungen gerade steht. Die mutige, künstlerisch absolut vertretbare Entscheidung des Regisseurs, uns zu zeigen wie grausam ein Happy End sein kann, treibt nicht nur gefühlsseligen Mitmenschen die Tränen in die Augen, sondern beschäftigt noch lange nach Filmende. Ein Klasse Film, eine tolle Blu-ray, die Unterhaltung auf höchstem Niveau bietet. (fb)

Gesamtbewertung: 7P

Story - 9P
Bildqualität - 8P
Audio - 8P
Extras -6P
"America is the only country that went from barberism to capitalism without civilization in between." - Oscar Wilde

#2
Geschrieben: 27 Mai 2011 12:48

Sawasdee1983

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Super geschriebenes Review, trifft genau den Inhalt und die Atmosphäre des Films. Hammer Streifen, einzig beim Bild bin ich da etwas unterschiedlicher Meinung. Empfand das ganze eher Mittelmäßig. Wenn ich mich richtig zurück erinnere, gab es Stellenweise ein Grieseln und fehlte mir auch etwas an Schärfe. Aber naja ansonsten Top Review :thumb:
MfG Pierre

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#3
Geschrieben: 27 Mai 2011 13:09

Schlumpfmaster

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Die Blu hab ich schon ne Weile nicht mehr gesehen, da ich den Film damals aus der Videthek geliehen hatte, aber hinsichtlich der Qualität war ich damals absolut zufrieden und der Film hat mich wirklich begeistert!

Ben Afflek hat seit seinem Regiedebut zum ersten mal seit Good Will Hunting wieder eindrucksvoll bewiesen, dass er ein Künstler ist, wobei ich seine Stärken noch mehr hinter anstatt vor der Kamera sehe. Bei einem entsprechendem Reifeprozess, und The Town macht für mich deutlich, dass dieser bereits eingesetzt hat, könnte er in meinen Augen irgednwann der nächste Eastwood werden. Gerade hinsichtlich der Filmauswahl und seinem Regiestil finde ich, dass man hier bereits einige Parallelen entdecken kann, auch wenn Afflek noch deutlich jünger als der Altmeister ist.

Zum von Dir im Tonbereich angesprochenen HD-Sound Problem in Deutschland (und dem rest der nicht englischsprachigen Länder) hatte ich übrigens im letzten Jahr auch einen passenden Blog verfasst.

Aber auch in diesem Zusammenhang und einer damals ebenfalls aktuellen Diskussion und Umfrage zu einer Petition generell zur Qualitätssicherung beim HD-Format ist mir aufgefallen, dass die Bereitschaft entsprechende Qualität auch angemessen zu bezahlen kaum mehr vorhanden ist.

Generell bist DU natürlich auch ein gern gesehener Gast in meinem Blog, den Du ja viel zu lange nicht mehr besucht hast;)


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