"Sieben Leben" scheint ja dem Drehbuchautor, dem Regisseur und vor
allem dem Cutter sehr nah gegangen zu sein - und natürlich auch
vielen Zuschauern.
Ich möchte hier aber mal eine andere Sicht auf die Geschichte, die
der Film erzählt, zur Diskussion stellen.
Ich zweifel inzwischen ein wenig an der Moral der Hauptfigur, bzw.
kann ich mich mit ihrer Vorgehensweise nicht identifizieren. Der
Film fokussiert darauf, dass die Hauptfigur Tim großen Wert darauf
legt, dass nur "gute Menschen" von seinem Vorhaben profitieren,
sein Hab und Gut und schließlich sein Leben übereignet zu bekommen.
Er selbst macht sich dabei zum Richter über seine Mitmenschen, die
er in zwei Kategorien einteilt: Einige haben seine "Hilfe"
verdient, andere nicht; sind es also nicht wert weiter zu
leben.
Auf den ersten Blick wendet er Moralvorstellungen für die
Kategorisierung an, mit denen wir uns schnell einverstanden
erklären können - aber nur auf den ersten Blick.
Mein Eindruck ist vielmehr, dass Tim nichts weiter als einen
komplizierten Selbstmord begeht, weil er mit seiner Schuld nicht
fertig wird. Er muss die Selbstopferung sich selbst gegenüber
rechtfertigen, indem er "gute Menschen" gezielt von seinem Tod
profitieren lassen möchte.
Was im Film aber überhaupt nicht zur Sprache kommt, sind die
Menschen, die durch die Egozentrik von Tim nicht in den "Genuss"
von seinen Spenderorganen kommen. Und das nur, weil Tim entschieden
hat, diese Empfänger selbst auszusuchen.
Wer sich aber selbst zum Herren über Leben und Tod anderer erhebt,
steht im Verdacht nicht moralisch, zumindest aber nicht human zu
handeln.
Ich weiß, dass dieser Film nicht den Anspruch erhebt, den
Standpunkt von Tim zu verteidigen oder als einzig richtigen
darzustellen. Es geht mir darum aufzuzeigen, dass bei aller
Emotionalität des Films, ein Denken über die Motivation der
Hauptfigur hinaus stattfinden könnte, die sie in einem ganz neuen
Licht erscheinen lässt, das sie weder glorreich, noch heroisch oder
auch nur moralisch einwandfrei erscheinen lässt.
Gruß
Robert