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Blu-ray Freak
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Michael Speier youtube.com/MichaelSpeier
Film:
5/10
Bildqualität:
10/10
Tonqualität:
9/10
Ausstattung:
9/10
Einleitung:
Es war einmal
vor langer Zeit in einer weit, weit entfernten Galaxis… damit
begann vor rund 40 Jahren eine Erfolgsgeschichte, die bis heute
anhält. Inzwischen hat sich viel geändert: Die Technik ist in nie
geahnte Bereiche vorgestoßen, die Filmwirtschaft präsentiert immer
größere, lautere, buntere und teurere Blockbuster… und Leia Organa
ist inzwischen eine Disney-Prinzessin. Statt George Lucas zieht nun
der Konzern mit der Maus die Strippen, was zu inhaltlichen und
inszenatorischen Änderungen der wohl bekanntesten Weltraum-Oper
aller Zeiten geführt hat. Nicht alle waren mit dem, was Regisseur
J.J. Abrams vor drei Jahren mit „Star Wars: Episode 7 – Das
Erwachen der Macht“ vorlegte zufrieden, während ein Jahr später
Gareth Edwards „Rogue One: A Star Wars Story“ zumindest einen Teil
der früheren Fanbase milde stimmen konnte. Nun führt Regisseur und
Drehbuchautor Rian Johnson die Geschichte um die Skywalkers in
„Star Wars: Die letzten Jedi“ fort, welcher jetzt auch als Blu-ray
Disc für den Heimkinomarkt vorliegt. Was uns da erwartet, klärt die
nun folgende Rezension.
Film:
Nachdem Rey (D.
Ridley) endlich Jedimeister Luke Skywalker (M. Hamill) gefunden
hat, möchte sie ihn dazu bewegen, dem Kampf gegen die Erste Ordnung
aufzunehmen. Doch der Jedimeister ist nicht mehr der Mann der er
einmal war und so arbeitet er nur widerstrebend mit der jungen
Machtbegabten.
Währenddessen versucht General Leia Organa (C. Fisher) den
Widerstand zu ordnen und gegen die erste Ordnung vorzugehen.
Unterstützung erhält sie dabei von Poe Dameron (O. Isaac), dem
angesehensten Piloten des Widerstandes und von Finn (J. Boyega),
der für sie auf eine geheime Mission geht und einen mysteriösen
Meister-Codeknacker akquirieren soll. Gegenwind erfahren sie jedoch
schon in den eigenen Reihen, denn Vize-Admiral Amily Holdo (L.
Dern) hält nichts von Leias Konfrontationskurs und somit ist der
Widerstand praktisch entzweit. Dem obersten Anführer Snoke (A.
Serkis) kommt das gerade recht, denn er hat mehrere Ziele, die er
so viel leichter verfolgen kann. Zuerst einmal will er seinen
Schüler Kylo Ren (A. Driver) noch stärker in der Macht der Dunklen
Seite schulen um ihn gegen den Widerstand zu nutzen. Außerdem will
er Luke Skywalker, noch mehr jedoch Rey, in seine Gewalt bringen,
denn in ihr sieht er das Potenzial, die Balance der Macht endgültig
auf die Dunkle Seite zu ziehen und die Jedi ein für alle Mal
auszulöschen…
Wie hoch waren
doch die Erwartungen an diesen achten Teil der Reihe (wenn wir den
nicht zur „Episodenzählung“ gehörigen „Rogue One“ nicht in die
Rechnung miteinbeziehen) gestellt wurden. Viele Fragen galt es zu
klären. Wer ist Rey? Wer ihre Eltern? Wer verbirgt sich hinter dem
obersten Anführer Snoke? Was wurde aus Luke? Ist Han Solo wirklich
tot?
Aber anstatt Antworten zu geben, geht Regisseur und Drehbuchautor
Rian Johnson den sicheren Weg und liefert eine zweieinhalbstündige
Materialschlacht ab, die so schnell, so laut, so witzig und so bunt
ist, dass man am Ende die meisten Fragen schon wieder vergessen
hat. Der längste Film der Reihe ist inhaltlich zugleich auch der
irrelevanteste.
Gleichzeitig
zitiert der Film fröhlich aus den Vorgängerfilmen, bringt ein paar
legendäre und beliebte Charaktere wieder auf die Leinwand zurück,
hämmert den bekannten (und mit neuen Stücken versehenen) Soundtrack
aus allen Rohren, lässt Laserschwerter blitzen und AT-AT-Walker
laufen, damit auch der letzte versteht, dass er hier vor einem Star
Wars Film sitzt – als wären die legendäre Laufschrift am Anfang
nicht schon genug. Obendrein würzt er das Ganze mit teilweise
slapstickartigem Humor, bringt ein paar niedliche neue Wesen mit
ein, und macht den Film damit auch für ein jüngeres Publikum
interessant. Oder war es gar die Intention, dass hier
ausschließlich ein jüngeres Publikum angesprochen werden soll? Ich
weiß es nicht. Was ich weiß: Nach zweieinhalb Stunden sind all die
Fragen, welche die Fans zwei Jahre lang beschäftigt haben, entweder
unzureichend, gar nicht, oder unbefriedigend beantwortet, was im
Nachhinein einen sehr faden Nachgeschmack verursacht. Im Grunde
genommen hätte man all das, was hier zweieinhalb Stunden lang in
phantastischen Bildern auf der Leinwand oder dem Bildschirm
passiert, auch in Form einer kurzen Laufschrift am Anfang von Teil
9 abhandeln können, ohne dass es zu nennenswerten inhaltlichen
Ausfällen gekommen wäre.
Nehmen wir als
Beispiel die „Abenteuer“ von Poe und Rose auf dem Casinoplaneten
Canto Bight – in welchem sie sich auf die Suche nach einem
mysteriösen Meister-Codeknacker machen. Hierbei handelt es sich im
Grunde genommen um ein zwar optisch sehr ansprechendes aber
inhaltlich völlig leeres, sinnloses Zwischenspiel, das sich wie
eine Nebenquest in einem RPG-Computerspiel anfühlt.
Die beiden Haupt-Handlungsstrang um die Flotte der Rebellen, die
sich auf der Flucht vor dem Imperium… Verzeihung… der „Ersten
Ordnung“ befindet (und dabei stark an Battlestar Galactica
erinnert) sowie Reys Jedi-Ausbildung haben wir so, oder zumindest
sehr ähnlich, bereits in „Das Imperium schlägt zurück gesehen, und
Leias Entwicklung ist einer der albernsten Höhepunkte dieses Films.
Doch das größte Manko ist das, was Johnson aus unserem
Kindheitshelden Luke und der mysteriösen, alles umfassenden „Macht“
gemacht hat. Die Neuinterpretation der Macht im Allgemeinen und der
Stellung der Jedi im Besonderen fühlt sich (zumindest für mich) wie
eine schallende Ohrfeige an!
Wo ist die
Tragik, das Drama, das Gefühl, dass uns bei den „alten“ Filmen
(Episode 4 bis 6) überkam? Selbst die inhaltlich schon sehr
überladenen Episoden 1 bis 3 hatten hier mehr zu bieten als dieses
neue Kapitel des Sternenkriegs. Und vor allem: Warum musste der
herzliche, feine, teilweise sarkastische Humor gegen albernen
Slapstick getauscht werden? Fast hat es den Eindruck, als wolle
Disney auf Krampf jeden Film zu einer Sitcom machen – das beste
Beispiel ist dabei die aktuelle Marvel-Heimkino-Veröffentlichung
„Thor: Tag der Entscheidung“.
Immerhin: Unterhaltsam ist dieses neue Abenteuer definitiv, wenn
auch auf einem sehr, sehr niedrigen Niveau. Wer sich also einem
Bilderreigen hingeben möchte, treu dem Motto: „Film an, Hirn aus“,
der ist hier bestens aufgehoben.
Bleibt zu hoffen, dass zumindest die kommenden eigenständigen Filme
aus diesem Universum, insbesondere der kurz bevorstehende
„Solo“-Film (Doppeldeutigkeit beabsichtigt!) wieder etwas
ernsthafter und inhaltlich ausgefeilter ausfällt. Für die kommende
Episode 9 sehe ich hingegen schwarz.
Bildqualität:
Das feinkörnige
Bild wurde im Ansichtsverhältnis von 2,40:1 auf die Disc gepresst
und liefert – wie nicht anders zu erwarten war – erstklassige
Bilder auf Referenzniveau. Die Schärfe bewegt sich durchgängig auf
einem Top-Niveau und bildet selbst kleinste Details zu beinahe
jeder Zeit messerscharf ab. Besser könnte man es sich gar nicht
wünschen. Die zahlreichen, detailverliebten Kostüme und Schauplätze
wirken dadurch noch feiner und detaillierter als man es sich
vorstellen mag, und bei jeder neuen Sichtung bekommt man etwas
Neues zu sehen, was man vorher nicht bemerkt hat. Wenn überhaupt,
dann kommt es vereinzelt zu Fokussierungunschärfen bei schnellen
Bewegungen, aber diese halten sich in so engen Grenzen, dass sie
nicht weiter auffallen und das allgemeine Empfinden keineswegs
trüben. Die Farbbrillanz ist phänomenal und, obwohl es hier
zuweilen kunterbunt zugeht, jederzeit noch sehr natürlich,
zumindest soweit man das in diesem Zusammenhang sagen kann. Auch
hier punkten die zahlreichen Schauplätze, insbesondere aber der
Casino-Planet und der Thronsaal des Obersten Anführers Snoak. Der
Kontrast ist nahezu perfekt eingestellt und lässt das Bild bereits
in der herkömmlichen Betrachtung sehr plastisch und dreidimensional
wirken. Auch der Schwarzwert kann vollends überzeugen und zeigt
sich in fehlerfreiem Gewand. Kurzum: Referenzklasse auf höchstem
Niveau. Aber alles andere wäre sowohl für Disney, als auch für das
„Star Wars“-Franchise ein unverzeihliches No-Go
gewesen.
Tonqualität:
Wie inzwischen
allgemein bekannt sein dürfte befindet sich der deutsche Ton in
Dolby Digital Plus 7.1 auf der Disc, während der englische
Originalton in einer DTS-HD High Resolution 7.1 Abmischung
vorliegt.
Im Vorfeld gab
es überall heiße Diskussionen, wie Disney es wagen kann, den
deutschen Ton dieses akustisch bombastischen Films „nur“ in einer
Dolby Digital Plus Abmischung auf die Disc zu quetschen.
Boykottaufrufe, Beschimpfungen und hitzige Diskussionen, und das
alles nur, weil eine „Vorsintflutliche“ DVD-Tonspur verwendet
wurde. Bemerkenswert ist vor allem, dass die ganzen Diskussionen
geführt wurden, ohne dass irgendwer einen Ton davon gehört hatte.
Nun ist es aber so dass man Ton nicht sieht sondern hört. Also
sollten wir die Ohren aufsperren, nicht nachlesen um welchen Codec
es sich handelt, sondern anhören wie dieser klingt.
Tatsächlich ist die hier vorliegende Performance nämlich alles
andere als vorsintflutlich oder gar schlecht – sondern genau das
Gegenteil ist der Fall.
Selten durften wir eine so gelungene Akustik bestaunen.
Der Surroundeffekt ist genauso phänomenal wie die grandiosen
Bilder. Zahlreiche Effekte, die sich jederzeit perfekt zuordnen
lassen, prasseln hier auf den Zuschauer ein, und lassen ihn am
Geschehen teilhaben. Der gezielte und satte Einsatz des Subwoofers
dröhnt zu gegebener Zeit was das Zeug hält und darf endlich mal
wieder zeigen was in ihm steckt. Dazu kommt, dass die Dynamik und
die Balance ebenfalls nahezu perfekt abgestimmt sind. Die leisen
Töne kommen hier genauso gut zur Geltung wie die Lauten, wobei es
von letzteren natürlich deutlich mehr gibt, und der gewohnt
heroische Soundtrack von John Williams haut einen förmlich um. Ich
wage einfach mal zu behaupten, dass der Großteil derer, die hier
und anderswo im Vorfeld gezetert haben, dass sie eine Blu-ray mit
dieser veralteten Tonspur niemals kaufen werden, nie im Leben
heraushören würden, dass es sich hier „nur“ um eine Dolby Digital
Plus Tonspur handelt!
Das ändert freilich nichts daran, dass es grundsätzlich
wünschenswert wäre, die bestmögliche und hochwertigste Tonspur auf
einem modernen Medium präsentiert zu bekommen, insbesondere bei
Topaktuellen Blockbustern. Aber seien wir ganz ehrlich: Wer die
Scheibe im Regal lässt, nur aus Prinzip, weil sich eine Dolby
Digital Tonspur darauf befindet, gerade wenn diese so hochwertig
daherkommt wie in diesem Fall, der ist es selbst schuld, wenn ihm
eine der besten Audiopräsentationen entgeht, die derzeit auf dem
Markt ist.
Die deutsche
Synchronfassung entstand bei der FFS Film- & Fernseh-Synchron
GmbH in Berlin unter der Dialogregie und nach einem Dialogbuch von
Björn Schalla, und setzt auf bekannte und fähige Synchronsprecher
wie Hans-Georg Panczak, Kaya Marie Möller, Stefan Günther, Julien
Haggege, Alexander Doering, Susanna Bonasewicz, Andrea Loewig und
Torsten Michaelis. Einzig Sebastian Schulz, der hier über Domhnall
Gleeson in der Rolle des General Hux zu hören ist, wirkt ein wenig
deplatziert, obwohl – oder weil! – er seinen Job gewohnt gut
verrichtet. Allerdings erinnert Gleeson durch diese Synchronstimme
häufig an Howard aus „The Big Bang Theory“ (in der Sebastian Schulz
in der entsprechenden Rolle zu hören ist), wodurch der Charakter
auch das letzte bisschen seiner Ernsthaftigkeit einbüßt. Aber
vielleicht soll das auch so sein.
Ausstattung:
Auf der Disc
mit dem Hauptfilm befindet sich lediglich ein Audiokommentar mit
Regisseur und Drehbuchautor Rian Johnson, aber dieser bietet derart
viele Informationen und Hintergründe, die Johnson lässig und
unterhaltsam zum Besten gibt, das es eine wahre Freude ist, ihm
zuzuhören.
Auf Disc 2
bekommen wir das volle Bonuspaket geliefert. Den Anfang macht das
Making Of „Der Regisseur und der Jedi“, welches nahezu jeden Aspekt
der Produktion beleuchtet, und so ausführlich und unterhaltsam ist,
dass sich alleine hierfür eine Anschaffung des Titels lohnt. In
„Das Gleichgewicht der Macht“ bekommen wir ein paar Ansichten zu
dem, was uns (beziehungsweise mich) am Meisten an diesem Film
gestört hat. Auch wenn sich dadurch meine Meinung nicht ändert, ist
diese Ansicht doch recht interessant anzusehen. Weiterhin bekommen
wir noch die Umsetzung einiger Szenen genauer erläutert, dürfen
Motion-Capture-Meister Andi Serkis bei der Arbeit zuschauen und
obendrauf gibt es noch 14 zusätzliche und erweiterte Szenen, welche
ebenfalls mit einem optional zuschaltbaren Audiokommentar, sowie
einem kurzen Intro von Regisseur Rian Johnson versehen wurden. Kurz
gesagt: Eine runde Sache, bei der es an Nichts mangelt. Einzig die
Tatsache, dass hier wieder einmal an einem Wendecover gespart
wurde, trübt die Freude ein wenig.
Fazit:
Aus technischer
Sicht ist das neueste Abenteuer aus dem Skywalker-Familienalbum ein
echtes Highlight. Das Bild ist über nahezu jeden Zweifel erhaben
und bietet Referenzwerte – was aber auch nicht anders zu erwarten
war. Das auch der Ton vollends überzeugt war hingegen nicht zu
erwarten, zumindest dann nicht, wenn man bedenkt, dass es sich hier
„nur“ um eine Dolby Digital Tonspur handelt. Den Hardcore-Hatern
wird die hohe Wertung natürlich egal sein, aber wer nur aufgrund
des Tonformats – ohne es gehört zu haben – von einem Kauf absieht,
der tut niemandem einen Gefallen damit. Am wenigsten sich selbst.
Auch das Bonusmaterial ist umfangreich und sehenswert, so dass es
aus (Ausstattungs-)technischer Sicht keinen Grund gibt, die Scheibe
nicht in die Sammlung zu holen.
Anders schaut
es bei dem Film aus, welcher zwar über Zweieinhalb Stunden
erstklassige Unterhaltung mit zahlreichen Schauwerten liefert, aber
filmisch und inhaltlich im Leerlauf dahindümpelt – obwohl
haufenweise passiert. Die übertriebene Komik mag auch nicht so
recht in das Star-Wars-Franchise passen, aber das ist, wie alles an
diesem (und jedem anderen) Film letztendlich Geschmackssache. Mir
persönlich war der Film zu übertrieben und zu unergiebig. Hier
hätte man deutlich mehr erwartet, aber daran lässt sich wohl nichts
ändern. Die neue Marschrichtung bestimmt Disney, und nun heißt es:
Komm damit klar, oder wende dich ab. Abschließend lässt sich
allerdings sagen, dass mir der Film beim zweiten ansehen bereits
deutlich besser gefallen hat als bei seiner Premiere.
https://youtu.be/A0_65MfRTi8