Der Film funktioniert mehr als Horrorfilm mit
gesellschaftskritischem Humor als ein gesellschaftskritischer
Horrorfilm. Die Spannung entsteht hier primär aus Interesse für den
weiteren Verlauf und nicht aus Gefahr. Auch wenn man sich relativ
schnell sicher wird in welche Richtung das Ganze geht, so schafft
er es dennoch einen konstant bei Laune zu halten. Ist die
Darstellung von weißen Klischee-Familien anfangs noch ein
Humor-Vehikel (z.B. wenn Weiße versuchen nicht rassistisch zu
wirken und dadurch aber genau das sind), wechselt der Ton
schleichend von satirisch auf paranoid. Die Dialoge ergeben
plötzlich eine bedrohliche Doppeldeutigkeit und auch wenn sie sich
die Gefahr anfangs nur andeutet, ist man gespannt wie sie sich
schlussendlich zeigen wird. Dabei wird auch ein wenig mit
Genre-Klischees gespielt: So gerät hier nicht eine Horde Teenager
in die Fänge von zurückgebliebenen & degenerierten
Hinterwäldlern, stattdessen wird der Ausflug eines Schwarzen mit
seiner Freundin zur ihrer zivilisierten und kultivierten Familien
zum Alptraum. Genauso ist die Eröffnungssequenz ein Negativ-Abbild
des typischen weißen Mädchen, welches in einem ihr unbekannten
Gebiet verloren geht.
Die Satire ist vor allem in der ersten Hälfte sehr präsent
vorhanden, aber bei fortschreitender Laufzeit wandelt sich
Get
Out zu einem reinen Psycho-Thriller (Peele selbst nennt es
einen Social Thriller). Da ist es etwas schade, dass die
anfänglichen Anspielungen an den
White Liberal Racism
nicht konstant dem Film begleiten und im letzten Drittel gegen
bekannte Thriller-Inhalte getauscht werden. Auch Chris' Backstory
hat keine große Bedeutung für den späteren Verlauf und wirkt
demnach etwas dran gepappt.
Inwiefern einen
Get Out gefällt hängt davon ab, wie sehr
man sich von der doch eher vorhersehbaren Story gestört zeigt. Für
mich konnte die dargestellte Paranoia und Satire einiges wieder
ausgleichen, auch wenn ich mir noch ein paar mehr Überraschungen
gewünscht hätte. Da hat Peele ein paar Brotkrümel leider zu
offensichtlich ausgelegt.
(7/10)