Geschliffene Dialoge, absolutes Monster-Schauspiel und ein Dutzend
gesellschaftliche Themen.
Fences hielt, was ich mir
versprach. Ein über 2 stündiges Theaterstück in Filmform mit
keinerlei Längen. Kritik gibt es lediglich für manche
unentschlossene Inszenierung, weshalb der Film manchmal etwas
zwischen den Stühlen steht: Er fühlt sich tatsächlich über die
meiste Zeit wie Theaterstück an, wo man einfach eine Kamera
mitlaufen lies. Doch lässt es sich Washington auch nicht nehmen,
bestimmte Szenen filmisch zu inszenieren. Dadurch werden wichtige
Dialogzeilen und Momente zwar hervorgehoben werden, verhalten sich
aber im Gegensatz zu restlichen Teil wie ein kleiner Fremdkörper.
Theater oder Film, was denn nun? Die Vermischung beider Kunstformen
wirkte nicht immer ganz rund. So ist die Kamera über die meiste
Zeit ruhig und zurückhaltend, an anderer Stelle dreht sie sich wild
um die Protagonisten, spielt mit ungewöhnlichen Positionen und wird
durch Musikuntermalung getragen. Manchmal ist der Schnitt total
zurückhaltend und unterstreicht damit den Bühnenursprung der
Vorlage, dann wird aber wieder durcheinander geschnitten und es
soll filmisch wirken. Eine einheitliche Herangehensweise hätte mir
da besser gefallen.
Ansonsten liefert die Geschichte einen Querschnitt durch die
Probleme der (schwarzen) Bevölkerung der 50er, welche teilweise
heute noch aktuell sind: Generationskonflikt, Existenzängste,
Rassismus-Debatte, Kritik am Sozialsystem, klassische
Geschlechterrollen und -verhältnis, das Bewältigen von
Versäumnissen im Leben, das Ringen mit den eigenen Geistern, das
Festhalten an der Vergangenheit, Erziehungsmethoden, Bedeutung von
Zukunftssicherheit im Leben und und und... Es überrascht nicht,
dass das Stück am Broadway sämtliche Preise abgeräumt hat und mit
Pulitzer-Preis ausgezeichnet wurde.
Dem titelgebenden Zaun kommt dabei eine besondere Bedeutung zu,
Mutter und Vater sehen darin unterschiedliche Funktionen: Der Vater
versteht darunter einen Schutzwall um sich von Gefahren von außen
zu schützen, während die Mutter sich davon erhofft ihre Familie
zusammenzuhalten. Dadurch wird das unterschiedliche Verständnis von
Familie der Beiden gut auf den Punkt gebracht, da dies immer wieder
zur Quelle von Konflikten wird.
Schauspielerisch geben sich hier zwei absolute Alphatiere die
Klinke in die Hand, pushen sich gegenseitig zu absoluten
Höchstleistungen. Es ist ein bisschen so, als wenn sich zwei
Naturgewalten duellieren, der Gewinner ist der Zuschauer. Gerade
das Schauspiel hält das Interesse des Zuschauers durchgehend am
Leben, jede kleinere Regung wird aufgezogen wie ein Schwamm.
Sympathieträger gibt es weniger, das ist aber auch nie die Absicht
gewesen. Vielmehr werden Gründe für das Zerbrechen von vielen
Familien gesucht, welches durch soziale Armut und
Rassendiskriminierung noch begünstigt werden. Auch wenn man der
männlichen Hauptfigur relativ wenig Sympathien entgegenbringt, so
wirkt er am Ende auch wie ein Opfer, weshalb man zumindest
teilweise Verständnis für seine Situationen hat. Ein Mann der nicht
viel hat und versucht sich an ein paar Lebensmaxime zu klammern,
auch wenn diese teilweise schon etwas veraltet sind. Viola Davis
ist dabei die Unglücksfigur, die mit der ihr auferlegten
gesellschaftlichen Rolle klarkommen zu versucht.
Washington hat keine 1 zu 1 Umsetzung des Originalstücks umgesetzt,
sondern hier und da noch ein paar Zeilen, Szenen und Orte
hinzugefügt. Manche Szene wirkt da etwas zu sehr aufgesetzt und
driftet gelegentlich in eine kitschige Überhöhung ab.
Nichtsdestotrotz ein beeindruckender Film, der nur etwas mehr
konzeptionelles Fein-Tuning gebraucht hätte. So liegt die Stärke in
der Vorlage und den schauspielerischen Leistungen, die Umsetzung
zwischendurch ist aber nicht immer unproblematisch.
(8/10)