Geschrieben: 17 Apr 2015 12:05
Marvel's Agents Of S.H.I.E.L.D.: Die komplette erste
Staffel
Story 6
Bild 9
Ton 9
Ausstattung 5
Gesamt 8
Mit über einem halben Jahr Verspätung im Vergleich mit
ausländischen Blu-ray-Sets erscheint die erste TV-Serie mit
direkter Verknüpfung zum Marvel Cinematic Universe, Agents of
S.H.I.E.L.D. (AoS), mit der kompletten ersten Staffel endlich in
Deutschland. In vollen 22 Episoden dürfen wir Agent Coulson und
sein Team junger Agenten begleiten, wie sie dort aufräumen, wo
Superhelden nicht anzutreffen sind. Im Review stellen wir die
Qualitäten des 5-Disk-Sets auf die Probe.
Story
Nachdem die Avengers die Erde vor Loki und Team Chitauri gerettet
haben, muss sich die Organisation S.H.I.E.L.D. mit der
hinterlassenen Zerstörung befassen. Zumal nun die ganze Welt weiß:
Superhelden, Aliens, Halbgötter aus fernen Dimensionen – all das
ist real. Der wundersam von den Toten auferstandene Agent Coulson
(C. Gregg) erhält den Auftrag, mit einem Team, bestehend aus der
Veteran-Agentin Melinda May (M. Wen), der Hackerin Skye (C.
Bennett), dem Agenten Ward (B. Dalton) sowie den beiden Technikern
Fitz (I. De Caestecker) und Simmons (E. Henstridge), dort
einzugreifen, wo die Superhelden verzagen. Doch zunächst stellen
sich viele Fragen: Wieso erinnert sich Agent Coulson nicht an
seinen Tod, sondern nur an eine Erholungsreise nach Tahiti? Was hat
es mit Skyes mysteriöser Vergangenheit auf sich? Und wie passt die
mächtige Geheimorganisation Hydra ins Bild?
Agents of S.H.I.E.L.D. ist eine Serie des verschenkten Potentials.
Der Hype hätte kaum größer sein können: The Avengers-Regisseur Joss
Whedon als Macher der Pilotfolge, Gast-Auftritte von Mitwirkenden
der Kinofilme und Verbindungen zu deren Handlung, Agent Coulson als
einer der Hauptdarsteller... Hier hätte Großartiges das Ergebnis
sein können. Letzten Endes spielen sich die meisten der 22 Episoden
ab, wie klassische Mission-of-the-Week-Folgen aus den
1990er-Jahren. Das ist problematisch, da es nur wenig
Charakterentwicklung gibt und bis auf den charismatisch durch Clark
Gregg verkörperten Phil Coulson, Sympathieträger fehlen. Dabei
begehen die Autoren den Fehler, ausgerechnet die Pseudo-Hackerin
Skye ins Zentrum zu stellen. Nicht nur, dass ihre Fähigkeiten
selbst Laien zum Lachen bringen – per Smartphone-App zwingt sie
quasi selbst die NSA in die Knie – ihr Charakter wird künstlich
durch andere Figuren hochgelobt, ohne dass es im Kontext der
Handlung Anlässe gäbe.
Hier werden Erinnerungen an den bei Fans verhassten Wesley Crusher
aus Star Trek: The Next Generation oder Lana aus Smallville wach.
Doch insgesamt wirkt die Erzählweise von AoS veraltet. In den
ersten Episoden entfaltet das nostalgischen Charme, spätestens ab
der Staffelmitte wünscht man sich aber stringentere Drehbücher,
mehr Charakterzeichnung und durchgehende Spannung. Letzterer steht
der gezwungene Humor der Serie im Weg, der schon die
Marvel-Kinofilme daran hinderte, emotionale Wirkung zu entfalten.
Zwar legt die Serie im letzten Drittel zu, kann aber selbst in
ihren besten Momenten aufgrund der flachen Charaktere nie wirklich
fesseln. Am Ende ist AoS leichte Unterhaltung, die niemandem weh
tut. Es fällt schwer, die Serie zu hassen, aber wirklich lieben
werden sie wohl auch nur die beinhartesten
Marvel-Hardcore-Fanatiker.
Bildqualität
Auch wenn AoS inhaltlich im Mittelmaß vor sich hin dümpelt, kann
man dies nicht von der Bildqualität behaupten: Man nutzt eine
leicht unterkühlte Farbpalette, was gut zur Spionage-Stimmung der
Serie passt. Der Detailgrad ist exzellent und offenbart in
Nahaufnahmen jede Hautpore in Clark Greggs Gesicht oder die
überschminkten Unreinheiten auf den Wangen von Chloe Bennett.
Schwarz ist hier wirklich tiefe Dunkelheit, ohne allerdings ins
Extrem zu gehen und Details zu verschlucken. Aus dem Rahmen fallen
alle Szenen, die CGI-Effekte enthalten. In jenen Aufnahmen wird das
Bild merklich weicher, was allerdings dem TV-Budget geschuldet ist.
Sieht man von diesem kleinen Manko ab, hat man es hier mit
exzellenter HD-Bildqualität zu tun, die AoS optisch zu einem
Leckerbissen macht.
Tonqualität
Disney geht bei den Tonspuren einen zwiespältigen Weg: Während der
Originalton im Ausland mit einer Surround-Abmischung in DTS-HD
Master Audio 5.1 protzt, degradiert man ihn für die deutsche
Ausgabe, um Speicherplatz zu sparen, auf schnödes Dolby Digital
2.0. Wer AoS in englischer Sprache genießen wollte, sollte dringend
auf einen Import ausweichen. Doch Deutschland ist ein Land, in dem
die Zuschauer Synchronisationen gewohnt sind und jene Fassung liegt
in hervorragender Qualität vor: Wie auch bei seinen Filmen bietet
Disney einen Mix im Format DTS-HD High Resolution Audio 5.1. Das
Ergebnis überzeugt mit sehr präsenten Synchronsprechern, viel
Dynamik und ansprechendem Basseinsatz. Wenn Coulson und Co. mit
ihrem Jet durch die Lüfte rauschen, zischt das Ganze auch am
Zuschauer vorbei. In Action-Szenen, speziell im Staffelfinale,
kracht es gewaltig und man fühlt sich fast an Kinofilme erinnert.
Kurzum: Während die Umsetzung des O-Tons absolut enttäuscht, kommen
Synchro-Fans bei dieser Abmischung voll auf ihre Kosten.
Ausstattung
Zunächst wäre hier der Beitrag „Marvel Studios: Assembling a
Universe“ (HD, ca. 43 Min.), der sich allerdings eher auf das MCU
als Gesamtes bezieht und zudem die neuesten Filme noch nicht
einschließt. „Bei der San Diego Comic Con“ zeigt den Cast bei der
bekannten Messe und fängt die Begeisterung der Besucher gut ein,
ohne jedoch in die Tiefe zu gehen. Die sogenannten
„Einsatzberichte“ (HD, ca. 18 Min.) beschäftigen sich mit einzelnen
Szenen bzw. Schlüsselmomenten der ersten Staffel und decken mehrere
Folgen ab. In leider recht knapp bemessenen drei Minuten geht man
zusätzlich auf die Spezialeffekte von AoS ein. Audiokommentare zu
zwei Episoden, ein Gag-Reel (HD, ca. 7 Min.) sowie geschnittene
Szenen (HD, ca. 7 Min.) vervollständigen das Gesamtpaket.
Fazit
Technisch ist die komplette erste Staffel der Serie Agents of
S.H.I.E.L.D. sehr gelungen. So überzeugt die Bildqualität durchweg
und baut lediglich budgetbedingt in Aufnahmen mit Computereffekten
ab. Bei den Audiospuren stößt Disney zwar Fans des Original-Tons
vor den Kopf, Synchro-Fans dürften mit der enthaltenen Abmischung
in DTS-HD High Resolution Audio 5.1 aber rundum glücklich werden.
Die Bonusmaterialien könnten mehr in die Tiefe gehen, sind für eine
aktuelle TV-Serie aus dem Marvel-Kosmos aber in Ordnung. Auf jeden
Moment, der mit einer Anspielung Marvel-Fanherzen höher schlagen
lässt, folgt in Agents of S.H.I.E.L.D. – Die Komplette Erste
Staffel ein Tiefschlag: Sei es eine öde Mission-of-the-Week-Episode
im Stil der 1990er-Jahre oder die ewig nervende Skye. In der
zweiten Hälfte nimmt die Serie zwar Fahrt auf, verbleibt aber
dennoch im soliden Mittelmaß. Daran können auch einige wenige
Gastauftritte von Marvel-Größen aus den Kinofilmen nicht rütteln.
Trotzdem ist AoS solide TV-Unterhaltung, die allerdings mit ihrer
hölzernen Erzählweise ca. 20 Jahre zu spät kommt. Im aktuellen
“Golden Age of Television” buhlen weit bessere Formate um die Gunst
des Zuschauers – auch im Comic-Bereich (The Flash). Wer jedoch
absoluter Fan der Marvel-Kinofilme ist und nach mehr Futter giert,
der sollte auch bei AoS einen Blick riskieren. Als Berieselung nach
einem harten Arbeitstag ist die Serie durchaus unterhaltsam.(anw)