Geschrieben: 06 Mai 2014 21:51
Gast
Review zu "Feuchtgebiete" by Feivel
Einleitung:
Selten ist ein deutsches Machwerk so umstritten wie die Verfilmung
zu Charlotte Roches schlüpfrigem Roman "Feuchtgebiete". Was auch
ungelogen unglaublich neugierig macht
Mit Popcorn und Cola und skeptischer Freundin neben mir und starte
den Film.
Story:
Helen Memel ist ein durchaus hübsches, aber naives junges Mädel,
dass es aber mit der Hygiene nicht ganz so genau nimmt. So sind
dreckige öffentliche Klos ein wahres Vergnügen und auch die Jungs
werden mit körpereigens produzierten Duftstoffen angelockt. Dabei
ist sie wirklich kein Kind von Traurigkeit. Leider zieht sie sich
durch eine Intimrasur eine Analfissur zu, und darum muss die gute
leider ins Krankenhaus. Dort fühlt sie sich im Grunde aber auch
recht wohl.
Was Helen nämlich eigentlich möchte ist, dass ihre Eltern wieder
zusammen kommen. Und was passt hierfür denn besser als eine Tochter
im Krankenhaus. Und sei es nur wegen einer Analfissur.
Dabei lernt sie auch Krankenpfleger Robin kennen, der sie irgendwie
mag, und ein bisschen auch irgendwie kaum erträgt.
Wow, was hat der Film hier nur ausgelöst. So sehr hat Feuchtgebiete
meine Freundin geärgert.
Und noch nie habe ich so oft: "So sind Frauen nicht" oder "Das
macht keiner" gehört.
Tabulos zeigt der Film alles, was es bei der Story zu zeigen gibt
und die etwas dümlich wirkende Helen verkauft dem Zuschauer
wirklich, dass ihr das alles richtig gut gefällt.
Ob ich den Film mochte? Das weiss ich einen Monat später nun immer
noch nicht.
Tatsache ist, soviel gelacht habe ich lange nicht bei einem Film.
Aber teilweise eben nur, wegen der grummelnden Freundin neben
mir.
Daher gebe ich hier die glatte Empfehlung, schaut ihn euch an. Aber
eben nicht alleine.
Schaut ihn mit eurer Partnerin an, oder jemandem von dem ihr
glaubt, dass er den Film sicher hassen wird. Und hofft darauf, dass
sie genauso wenig Spass habt, denn dann wirds für euch umso
lustiger.
Carla Juri spielt die Hauptrolle der Helen Memel, und macht ihre
Arbeit sogar ausgesprochen gut. Nur der etwas nuschelige Dialekt
wirkt etwas unfreiwillig dümmlich. Ansonsten wirkt sie frech,
frivol und unverschämt. Und ich glaube, nichts anderes hatte man
von ihr dabei erwartet.
Bildqualität:
Das Bild der Blu-Ray ist im Grunde wirklich gelungen.
Feine Details wurden gut herausgearbeitet. Und die Farben wirken
frisch, aber stets natürlich und nicht knallig. Manche Szenen hätte
man sich durchaus weniger gut detailliert dargestellt gewünscht,
ganz ehrlich. Rückblenden werden überbelichtet dargestellt und mit
einem wesentlich geringeren Schärfegrad. Was dem ganzen einen
leichten Homevideolook aus VHS-Zeiten gibt, diesen aber nicht
vollständig nachahmen kann. Noch passender wäre hier gewesen, das
ganze wirklich mit einer solchen alten Handkamera zu drehen.
In dunklen Szenen ist auch der Schwarzwert eigentlich gelungen,
verschluckt aber gelegentlich dann doch einige wenige
Details.
Filmkornhasser müssen zwar mit leichtem Korn leben, aber ich freue
mich darüber. Hier wird noch mit guter analoger Filmtechnik gedreht
und man steht auch dazu. Es muss doch nicht immer alles Hochglanz
sein. Würde auch eher zu einer Hochglanzverfilmung von Playboy der
Film passen, aber nicht zu Feuchtgebiete.
Bildfehler konnte ich zumindest keine feststellen.
Kompressionsspuren konnten ebenfalls keine ausgemacht werden. Hier
arbeitet der gewählte MPEG-4 Codec wirklich sauber.
Tonqualität:
Akustisch fand ich das ganze etwas zwiespältig. Einerseits war die
Tonspur eigentlich ziemlich gut, aber an die bisweilen etwas
nuschelnde Hauptdarstellerin musste man sich hier erstmal
gewöhnen.
Ansonsten waren die Dialoge aber sehr klar. Und wo es der Film
hergab, da konnte die HD-Spur auch auftrumpfen. Dann sogar mit
detailliertem Raumklang, was man bei Dramen dieser Art nicht
erwarten würde.
Der Soundtrack ist unglaublich passend, und sicherlich von
Charlotte Roche selbst ausgesucht, die schon zu ihren Zeiten bei
Viva diesen extravaganten Alternative Sound gerne
präsentierte.
Bonusmaterial:
Selten gibt es soviel Bonusmaterial dazu bei einer Blu-Ray Disc.
Tatsächlich finde ich es ausserordentlich erstaunlich, dass
ausgerechnet bei dieser Scheibe soviel Schlüpfrigkeiten
mitgeliefert werden. Wenn schon Helen kein echtes Vorbild ist,
diese Scheibe ist es.
Weder auf ein Making-Of noch auf Diskussionsrunden oder eine
Pressekonferenz muss man verzichten. Auch Deleted Scenes stehen auf
dem Speiseplan.
Interviews? Aber na klar. Unter anderem auch mit Charlotte Roche,
der Autorin des Buches.
Als weiteres Schmankerl gibts dann noch ein Musikvideo und einen
Kurzfilm, sowie Bildergalerien, wer jetzt immer noch nicht genug
hat: Ferkel. Irgendwann muss mal Schluss sein.
Was denn? Ich soll hier wirklich eine Meinung haben zu dem Film?
Nagut, ich hatte ja jetzt auch einige Zeit, darüber nachzudenken.
Aus technischer Sicht gibt es nicht viel zu beanstanden. Hier wurde
wirklich sauber abgeliefert. Ganz im Gegenteil zum Film selbst:
hygienisch sauber ist hier gar nichts. Hier gehts schmutzig zu.
Feuchtgebiete ist kein Film für zimperliche. Aber er ist auch kein
Folterinstrument, was ich deutlich verneinen muss, mein lieber
Pierre.
Es ist ein Film, der zu Diskussionen anregt. Denn darum gehts, der
Film ist kein Popcornfilm. Nein, das Popcorn wird euch nicht mal
mehr schmecken, bei vielen Szenen.
Der Film möchte auch etwas schockieren, ein bisschen
provozieren.
Ob er das schafft, hängt ganz allein von euch ab.
Und daher lautet meine Empfehlung: Schaut euch den Film an, aber
ohne Knabberzeugs.
Vielleicht gehört ihr nicht zur Zielgruppe. Diese ist mit
Sicherheit wirklich klein.
Unglaublich, dass die dreckigste Toilette Schottlands anscheinend
ja recht sauber ist im Vergleich mit öffentlichen deutschen
Toiletten.
Story: 7
Bild: 8
Ton: 7
Extras: 10
Der Film wurde betrachtet auf folgender Hardware:
Bluray Player: Pioneer BDP-140
Beamer: Epson EH-TW 6100 im Kinomodus auf einer Rahmenleinwand
118"
AV-Receiver : Onkyo TX-SR 308
Lautsprecher: Front Heco Victa 701, 101, Rear: Canton CX 160
und nicht zu vergessen: eine wunderbar bequeme Couch vom
freundlichen Schweden.