Story: 7/10
Bildqualität: 6/10
Tonqualität: 9/10
Ausstattung: 3/10
Seit dem Blair Witch Project im Jahre 1999 wurde das Prinzip des
Found Footage für allerhand Filme verwendet, wobei es kaum ein
Thema gibt, das noch nicht im Pseudo-Dokumentarfilm-Stil verwurstet
wurde. Das größte Manko der zumeist billigst produzierten Titel,
wobei es auch hochbudgetierte Ausnahmen wie Cloverfield oder
Chronicle gibt, sind die wackligen Bilder und der Verzicht, aus
Kostengründen immer dann die Kamera wegzudrehen, wenn es im Prinzip
etwas zu sehen gäbe. Nun ist das Found-Footage-Genre allerdings
inzwischen ein alter Hut, und wenn Filmemacher mit diesem Stil
überhaupt noch etwas reißen wollen, dann lässt sich das nur über
eine ausgefallene Story erreichen.
Story:
Winter 1944/45 an der Ostfront: Eine Gruppe russischer Soldaten
geht einem Hilferuf verschollener Kameraden nach, als sie eine
skelettierte Leiche mit absonderlichen Veränderungen vorfinden.
Schnell wird klar, dass hier etwas ganz und gar nicht in Ordnung
ist. Bald stößt der Trupp auf eine verängstigte Familie, die sich
in einer Ruine vor „dem Doktor“ und seinen monströse Kreaturen
versteckt hält, die dort auf die Jagd nach Menschen gehen. Als die
Soldaten eine abgelegene Fabrikanlage stürmen, die der Ursprung des
Hilferufst zu sein scheint, stoßen sie auf monströse Wesen, die
halb Mensch, halb Maschine sind – und der Doktor brauch frisches
Fleisch für seine Experimente.
Richard Raaphorst siedelt seine Found-Footage-Geschichte im zweiten
Weltkrieg an, und erklärt die Herkunft des Filmmaterials dadurch,
dass ein Soldat für Stalin persönlich Filmaufzeichnungen eines
geheimen Einsatzes aufzeichnen soll – was im Grunde schon einmal
keine schlechte Grundidee ist. So gibt es anfangs das übliche
Kriegsgeplänkel, Feuergefechte und haufenweise verwackelter Bilder,
doch bereits nach einer knappen Viertelstunde bekommt der Zuschauer
schon die ersten Anzeichen für das zu sehen, was im weiteren
Verlauf der Handlung maßgeblich sein wird. Und hier zeigt sich auch
schon der größte Pluspunkt des Films, denn während andere Filme
dieser Machart sich unendlich viel Zeit lassen die Figuren
einzuführen und Stimmung aufzubauen, wird der Zuschauer hier sofort
ins Geschehen geschmissen und es geht recht flott zur Sache. Und
wie es hier zur Sache geht!
Ein weiterer Pluspunkt ist nämlich, dass hier nicht weggeblendet
wird, wenn es interessant wird, sondern der Kameramann sein
Objektiv voll auf das Geschehen hält – zumindest, wenn er nicht
gerade die Flucht ergreift. Die Fluchtszenen sind dann auch schon
die wenigen Momente, in denen die Kamera überhaupt wackelt.
Frankensteins Army ist für einen Found-Footage-Film ausgesprochen
zeigefreudig inszeniert, und die Kamera ist in den meisten Szenen
so stabil, dass man schnell vergisst, hier einen Found-Footage-Film
zu sehen.
Und er hat auch allerhand zu zeigen: Neben den zahlreichen
Gore-Momenten ist es vor allem das Design der makabren
Nazi-Kreaturen, was diesen Film zu einem Fest für Horrorfans macht.
Das, was Raaphorst hier an Kreaturen auffährt, ist einfach nur
genial und erinnert stellenweise an die Hellraiser-Figuren von
Clive Barker.
Wesentlich uninteressanter sind die Protagonisten. Da sie nicht
groß vorgestellt wurden wirken sie allesamt etwas farblos, sind
entbehrlich und eine Identifikationsfigur lässt sich nur schwerlich
ausmachen. Somit kann jeder einzelne als willkommenes Kanonenfutter
herhalten. Daher ist ihr unweigerliches dahinscheiden auch wenig
tragisch und kann in vollen Zügen „genossen“ werden, zumal der
„böse“ Doktor Frankenstein im Schlussteil des Films ironischer
weise sehr viel sympathischer rüberkommt, als alle Helden des
Streifens zusammen. Das könnte allerdings auch daran liegen, dass
mit Karel Roden in der Rolle des wahnsinnigen Doktors das einzig
bekannte Gesicht auftaucht.
Roden spielt seine Rolle phänomenal überdreht und doch irgendwie
glaubwürdig, sofern das angesichts einer Rolle wie dieser in einem
solchen Film überhaupt möglich ist. Das soll nun im Umkehrschluss
nicht bedeuten, dass die anderen, eher unbekannten, Schauspieler
ihre Arbeit nicht gut verrichten würden – ganz im Gegenteil.
Authentisch und glaubwürdig spielen sie ihre Rollen, denen man die
Schrecken des Krieges in den Gesichtern ablesen kann und im
Originalton schreien sie auch ganz ordentlich, teilweise sogar
markerschütternd, was in der deutschen Synchronisation leider ein
wenig verloren geht.
Und so ist Frankensteins Army ein echtes Highlight, sowohl für das
Found-Footage-Kino, als auch für trashigen Nazi-Horror. Abgefahrene
Monster, ein wahnsinniger Wissenschaftler und haufenweise Blut,
Eingeweide und eine morbide Handlung, die zwar nicht neu ist, aber
mit allerhand kultiger Ideen aufwartet.
Bildqualität:
- Zahlreiche, genrebedingte Filmfehler und Störungen
- Blasse, gräuliche Farbgebung
- Hervorragender Schwarzwert und gut abgestimmter Kontrast
- Schärfe und Detailgrad über den Erwartungen eines Found-Footage
Streifens
Ein Found-Footage-Film, dessen Handlung obendrein auch noch im
zweiten Weltkrieg spielt - es wäre vermessen, hier Bilder in
perfekter High Definition zu erwarten. Dennoch ist das Bild, gerade
was die Schärfe angeht, über alle Erwartungen gut, was darauf
hinweist, dass für den Film moderne Digitalkameras verwendet
wurden, und das Bild nachträglich schlecht gemacht wurde. Das mag
zwar inkonsequent sein, wertet das Bild aber dennoch auf, und nur
absolute Authentizitäts-Liebhaber hätten hieran etwas auszusetzen –
allerdings dürften diese Zuschauer auch das falsche Publikum für
einen derartigen Film sein.
Tonqualität:
- Satter Sound mit zahlreichen Highlights
- Haufenweise Umgebungsgeräusche und perfekter Raumklang
- Klar verständliche Dialoge, selbst im größten Filmchaos
Der Ton ist absolut überzeugend und wartet mit einer Soundkulisse
auf, die zwar nicht authentisch für das Found-Footage-Prinzip ist,
dafür aber so bombastisch daherkommt, dass der Zuschauer sich
mitten im Geschehen wähnt.
Ausstattung:
- Making of (30:54 Minuten)
- Original Trailer (Deutsch/Englisch)
- Trailershow
Neben den obligatorischen Trailern gibt es noch ein halbstündiges
Making Of, das einen kleinen Blick hinter die Kulissen wirft und in
diversen Interviews die Geschichte beleuchtet. Nichts Besonderes,
aber bei einem solchen Film dennoch ein echter Zugewinn.
Fazit:
Technisch betrachtet ist der Found-Footage-Film bar jeder Referenz,
da um der Authentizität willen allerhand Fehler eingebaut wurden,
die einem regulären Film das Genick brechen würden. Dennoch bleibt
die Kamera überwiegend relativ wackelfrei, das Bild ist zwar
dreckig und farblos, aber dennoch verblüffend scharf. Der Ton ist
hingegen ganz hervorragend und zieht den Zuschauer mitten ins
Geschehen, was mit dem halbstündigen Making-Of sogar noch
intensiviert werden kann.
Der Film selbst ist ein makabres, teils witziges, teils ekliges
Stück Genrekino, das viel besser ausgefallen ist, als zu erwarten
war. Gerade wegen der skurrilen Monster für Fans dieser Art von
Film absolut sehenswert, und – wenn wir einmal ganz hoch stapeln
möchten – ein Kandidat, irgendwann einmal ein Kultfilm zu werden.
(ms)
Testgeräte:
TV: Panasonic TX-L42ETW60
BDP: Samsung BD-P 1580
Boxen: Samsung HT-E4500, 5.1 3D-Dolby Surround System