Der Inhalt ist schon hinreichend beschrieben: Es geht ums Ballett – vordergründig. Tatsächlich entfaltet Aronofsky einen Abstieg in den Wahn einer vom Perfektionismus getriebenen Persönlichkeit. Während Nina die zwei Pole ihrer Rolle zu verkörpern sucht, muss sie sich emanzipieren, Abstand von ihrer Mutter gewinnen aber auch Distanz zu sich selbst suchen. Die (Spannungs-) Schraube wird immer weiter gedreht und letztendlich kann sich Nina doch selbst überwinden – oder sich von ihr selbst lösen – um doch wieder zu ihrer wahren Persönlichkeit zurückzufinden. Dabei hat sie ganz nebenbei den Schwanensee gelebt. Demnach ist das Ende des Filmes konsequent, und, da die Handlung des Schwanensees auch noch zwischenzeitlich erklärt wird, natürlich vorhersehbar, aber, wie gesagt, die letzte Konsequenz, die Ninas Entwicklung erzwingt.
Das mag manch einer als psychologischen Film betrachten, als „coming of age“ Film, als Drama, Tragödie oder als (fiktive) Künstlerbiografie, die Lesart von Black Swan bleibt da recht offen.
Woran der Film aber keinen Zweifel lässt, ist die mehr als überragende Leistung von Natalie Portman, die als Protagonistin den gesamten Film trägt und ihn dadurch großartig macht. Mit einer anderen Schauspielerin hätte es ein desaströser Langweiler werden können, aber Natalie Portman ist Nina, ist der weiße Schwan und wird zum schwarzen Schwan, und das ganze so eindringlich, so nuanciert, so zerrissen gespielt, dass allein diese Leistung den Film mehr als sehenswert macht. Nebenbei ist Aronofsky bislang eine Art Gütesigel für gelungene Filme.
Bild
Einerseits hat Aronofsky Recht, wenn er die Vorzüge der Handkamera voll ausschöpft und sich nicht um etwaige Nachteile schert, das eben macht Black Swan visuell bestechend. Eine glattgebügelte Hochglanzproduktion ist dieser Film ohnehin nicht. Andererseits schimmert unter dem (HD sei Dank recht fein aufgelösten) Filmkorn ein recht passabler HD Film durch, was das Filmkorn als Stilmittel wieder ein wenig in Frage stellt. Selbst mit der Handkamera hätte man ein passables HD Bild präsentieren können. Und ein Stilmittel wirkt – meiner Meinung nach – am besten, wenn man es punktuell oder graduell einsetzt, nicht wenn man es über das Gesamtwerk kippt.
So bleibt beim Bild ein gespaltener Eindruck: Akzeptiert man die Körnung als Stilmittel, ist das Bild hervorragend, Schärfe (sofern möglich), vor allem aber Kontrast und Farben stimmen und sind dann auf hohem Niveau. Ist man allerdings der Meinung, dass ein künstlich verschlechtertes Bild ein schlechtes Bild ist, dann kommt Black Swan nicht über ein Mittelmaß heraus.
Ton
Der englische 6-Kanal HD Master Audio Ton ist nuanciert, klar, präzise und punktuell wie ein Hammer eingesetzt. An den Stellen, an denen die 6 Kanäle Sinn machen, werden sie ausgereizt, an den Stellen, an denen es auf Dialoge ankommt, kommen diese Präzise an und werden nicht vom Hintergrund verschluckt. Hervorragend. Zum deutschen Ton (nur DTS 5.1) kann ich nichts sagen.
Extras
Reichlich vorhanden sind verschiedene Schnipselchen, die den üblichen Pflichtbeigaben in nichts nachstehen, die man aber auch nicht vermissen würde. Informativ ist in erster Linie das ca. 50 minütige Making of, welches für mich das einzig herausragende Extra ist.
Nebenbei erhält man als echten Mehrwert noch den Film als vollständige DVD, was wesentlich sinnvoller ist als diese unsäglichen „Digital Copys“, denen ich bislang noch nichts abgewinnen konnte.
Fazit
Popcornkino liefert Aronofsky wieder einmal nicht ab, und das ist gut so. Ein hermetisches Filmkunstwerk, das nur noch Filmstudenten und ausschließlichen Besuchern von „Lichtspielhäusern“ „gefällt“, hat er auch nicht geschaffen, und das ist auch gut so. Der Film ist spannend und kann auch ein breites Publikum – darunter auch Ballettmuffel – ansprechen, denn das Ballett ist nur die Leinwand, auf der ein interessantes, vielschichtiges Gemälde geschaffen wurde, welches eindeutig Aronofskys Farben und Motive und Portmans Pinselführung hat.
bewertet am 02.08.11 um 09:43