"Der Film zur Finanzkrise", so beschrieb schon die Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung das Spielfilmdebut von J. C. Chandor und trifft den Nagel auf den Kopf. Wie bei Lehman Brothers und Co sind auch hier die toxischen Hypothekenpapiere die Wurzel allen Übels. Ergänzt wird das ganze durch die Frage nach Wirtschaftsethik und -Moral und der Gier des Menschen...
Bevor der eben entlassene Risikomanager Eric Dale sein Büro verlassen muss, gibt er seinem jüngeren Kollegen, Peter Sullivan, einen USB-Stick mit den Daten, die er zuletzt bearbeitete. Er bittet seinen Kollegen, die Daten zu überprüfen und mahnt ihn zur Vorsicht. Nach Feierabend, als alle anderen das Büro bereits verlassen haben, macht Peter sich an die Arbeit und fördert erschreckendes zu Tage. Die Bank, für die Eric und Peter arbeiten, handelt mit völlig falsch bewerteten Papieren und beim derzeitigen Trend droht die Firma binnen kurzer Zeit vollends pleite zu gehen, sollte sich der Markt anders als erwartet entwickeln. Sofort verständigt Peter seinen Vorgesetzten und dieser wiederum holt seinen Boss ins Boot und so geht es weiter bis zum Vorstandsvorsitzenden. So wird schließlich die Nacht zum Tag und der kleine Personenkreis arbeitet auf Hochtouren an einer Lösung. Für das Überleben der Firma und den persönlichen Vorteil ist dem Management jedes Mittel recht.
Ist man im Groben mit der Finanz- und Wirtschaftskrise von 2008 vertraut und weiß über deren Ursprünge und ihren Verlauf Bescheid, so sind so manche Gemeinsamkeiten zu diesem Wirtschafts-Thriller/Drama zu erkennen. Der Großteil der Handlung findet innerhalb eines Tages statt und läuft in sehr gemächlichem Tempo und ohne wirklichen dramaturgischen Höhepunkt ab. Der Film schafft es dennoch die ganze Zeit eine fesselnde Spannung aufzubauen, obwohl es quasi keine Actionszenen gibt. Diese ruhige Atmosphäre wird mit stimmigen Kamerafahrten durch nächtliche leere Büros und immer wieder durch den Blick auf New York von oben herab verstärkt. Zudem sind es diese Szenen, die von klassischer Musik untermalt werden, während die vielen Dialoge zumeist ohne Hintergrundmusik auskommen. Die Dialoge leben so ausschließlich vom Können der wirklich tollen Darsteller, welche die Differenzen der Charaktere in Bezug auf ihre wirtschaftlichen Moralvorstellungen, ihre Ängste und ihre Gier gut rüberbringen. Allen voran glänzen Jeremy Irons und Kevin Spacey als kleine Gegenparts, da der eine wirtschaftlich skrupellos ist und der andere mit seinem moralischen Gewissen zu kämpfen hat. Aber wie so oft siegen am Ende wieder einmal die Gier und die Notwendigkeit des Geldes im kapitalistischen System der USA. Spacey und Irons bilden allerdings nur die Spitze des Eisbergs des tollen Ensembles, das sich mit Demi Moore, Stanley Tucci und Simon Baker und auch den unbekannteren Gesichtern auf jeden Fall sehen lassen kann.
Der immer wiederkehrende Blick von oben auf New York herab hat im Zusammenhang mit der Handlung schon beinahe etwas symbolisches. Denn auch hier schaut die Firmenspitze geringschätzig auf den Markt, hier verkörpert durch New York, herab und ist bereit, den Markt zu opfern und analog zur finalen Szene des Films wie einen Hund zu begraben.
Wer sich zur Abwechslung mal einen ruhigen Wirtschaftsthriller mit dramatischer Note zu Gemüte führen möchte, der könnte kaum einen besseren Film finden. Zudem eignet sich dieses Machwerk auch noch hervorragend, um die jüngste Wirtschaftskrise noch einmal in etwas unterhaltsamerer Form Revue passieren zu lassen.
8/10
bewertet am 20.08.12 um 16:28