PLUS-Review: Die unglaubliche Reise in einem verrückten Flugzeug
„Captain, wie schnell können Sie landen?“ - „Nun, das kann ich nicht sagen.“
„Mir können Sie es sagen, ich bin Arzt“ – „Nein, ich meinte, ich weiß es nicht.“
„Sie können aber doch raten.“ – „…tja, nicht innerhalb der nächsten 2 Stunden.“
„…Sie können es innerhalb der nächsten 2 Stunden nicht raten?“
Dieser prägende Austausch zwischen Arzt und Flugkapitän ist nur einer der wunderbaren Momente aus „Die unglaubliche Reise in einem verrückten Flugzeug“, die diese trockene, respektlose und voller Humor zwischen Anspruch und blankem Slapstick steckenden Komödie aus dem Jahre 1980 so bemerkenswert macht. Auf den ersten Blick parodiert der Film die unzähligen Katastrophenfilme der 70er Jahre wie „Airport“, „Das Concorde Inferno“ oder „Todesflug“ (letzterer sogar auch mit Peter Graves in einer Hauptrolle) – und alleine das meistert er ohne Mühe.
Wie wir es von anderen Filmen der Gebrüder Zucker Abrahams Zucker (kurz: ZAZ) kennen, werden aber auch diverse Parodien anderer Filme gekonnt eingeflochten, Szenen, die etwa an „Saturday Night Fever“ oder „Die blaue Lagune“ erinnern, sind beabsichtigt und treffen ins Volle. In der langen Zeit nach der Kino-Filmpremiere bis zur Auswertung auf VHS-Kassetten blieb bei vielen mittlerweile älteren Zuschauern und herangewachsenen Fans der Eindruck, dass genau das die Intention von ZAZ war und sie es einfach schafften, mit einem genialen Drehbuch die teils obskuren Charaktere so grandios zu zeichnen. Jedoch: der Ursprung liegt viele Jahrzehnte zurück – und lässt den Unkundigen zunächst völlig überrascht zurück.
„Das meinen Sie doch nicht ernst?“
„Doch, natürlich meine ich das. Und bitte nennen Sie mich nicht Ernst!“
Durch Zufall stieß ich im weltweiten Internet vor Jahren auf ein englischsprachiges Video, das sich anschickte, „Die unglaubliche Reise in einem verrückten Flugzeug“ mit einem älteren Schwarz-Weiss-Film zu vergleichen. Und wie groß war mein Erstaunen, als darin etliche Szenen nach und nach im Wechsel oder sogar synchron per Splitscreen gezeigt wurden… und die Dialoge dieses älteren Schinkens oftmals 1:1 mit der unserer heißgeliebten Komödie übereinstimmten! Ich war platt – und wollte mehr dazu wissen.
In der Tat ist es so – und das verrät ZAZ in diversen Interviews sehr offen - , dass sie sich für „Airplane!“ (so der Originaltitel zum im Vergleich völlig übertrieben langen deutschen Titel) die Rechte am Skript des 1957 gedrehten Films „714 antwortet nicht“ gesichert hatten – und diesen seinerzeit ernst angelegten Katastrophenstreifen als Komödie komplett (um-)drehen wollten – unter weitestgehender Beibehaltung der Dialoge! Funktioniert nicht? Und ob! Alle wesentlichen Charaktere waren bereits seinerzeit an Bord:
- Lt. Ted Stryker (Dana Andrews >> Robert Hays),
- seine Frau Ellen (Linda Darnell >> Julie Hagerty),
- Captain Bill Wilson (Elroy Hirsch) wird zu Captain Clarence Oveur (Peter Graves) – und
- Dr. Baird (Geoffrey Toone) wird zu Dr. Rumack (Leslie Nielsen).
Es lohnt sich die Suche nach diversen Vergleichsvideos, die diese Parallele wunderbar aufzeigen. Übrigens: der Originaltitel „Zero Hour!“ inklusive des übernommenen Ausrufezeichens zeigt noch mehr die Verwandtschaft zu „Airplane!“ und die gleichzeitige Verbeugung der Macher vor dem Original.
„Halten Sie Sich bereit Striker, Wir gehen jetzt zum Tower.“ – „Wie gehen‘ zum Turm!“
„Zum Turm, zum Turm! Rapunzel… Rapunzel!“
Doch was hat jetzt nochmal „Scotty“ – also James Doohan, bekannt aus den Star Trek – Filmen mit den beiden Filmen zu tun, obwohl er darin überhaupt nicht vorkommt? Ganz einfach: die Filmbranche nutzt ganz gerne Erfolgsrezepte für etliche Remakes oder Abwandlungen des Originals. Und so, wie ZAZ den Film „714 antwortet nicht“ als Vorlage für ihr geniales Konzept nutzten, hat auch der Schwarz-Weiss-Streifen ein Vorbild, nämlich die Folge „Flight into Danger“ aus der Reihe „General Motors Theatre“, die von 1952 bis 1961 etliche 1 Stunden-Episoden mit teils namhaften Schauspielern hervorbrachte.
Und genau in dieser einen Episode sehen wir eben diesen James Doohan in einer Hauptrolle. Verblüffend, dass genau diese nicht nur bis zu ZAZ vordrang, sondern auch diverse weitere Verfilmungen nach sich zog, zum Beispiel in der deutschen (wieder ernsten) Variante „Flug in Gefahr“ aus dem Jahr 1964, wieder mit dem fast identischen Inhalt über einen Passagier, der für die aufgrund einer Lebensmittelvergiftung nicht mehr flugtauglichen Captains die Landung übernehmen muss. Für sich gesehen ein faszinierender Wurzelbaum, bei dem wir vor allem „714 antwortet nicht“ für seine Existenz ewig dankbar sein sollten. Denn nur dadurch haben wir den Komödienklassiker erhalten, wie wir ihn heute in bester Blu-ray-Qualität wieder und wieder erleben dürfen!
„Ted Striker???“ – „Ja, Sir. Kennen Sie ihn?“
„Nie von ihm gehört! …das ist nicht die ganze Wahrheit. Wir waren mal wie Brüder.“
Mit Fortsetzungen ist es so eine Sache: sie müssen sich immer mit dem ersten Teil messen. Und vor allem in früheren Jahren, als einzelne Klassiker nicht von Beginn an als Filmreihe angelegt waren, gab es immer wieder tolle Fortsetzungen, die sich vom Original positiv absetzen konnten und ihre eigene unverkennbare Schriftart hinterließen. Beispiele sind „Star Trek II – Der Zorn des Khan“, der den recht langatmigen Erstling in den Schatten stellte, aber auch „Aliens“, das mit seiner actionbetonten Anleihe an den Vietnamkrieg neben dem extrem spannenden und klaustrophobischen Original für sich stehen konnte. „Matrix Reloaded“ oder „Blues Brothers 2000“ hätte so nicht wirklich jemand gebraucht.
Jetzt steht „Die unglaubliche Reise in einem verrückten Flugzeug“ letztlich für sich – und nimmt für sich in Anspruch, das Originalskript zu „714 antwortet nicht“ wiederverwendet zu haben. Da erscheint eine Fortsetzung in ähnlichem Stil zwar möglich, aber doch eher an den Haaren herbeigezogen. Warum also nicht das bewährte Programm mitsamt aller Darsteller nehmen, wiederverwenden – und statt auf der Erde in die Zukunft katapultieren? Aus dem Flugzeug wird ein Raumschiff, ansonsten bleibt so ziemlich alles gleich. Kann das funktionieren – oder ist’s ein Rohrkreppierer?
Im Fall von „Die unglaubliche Reise in einem verrückten Raumschiff“ – so der Titel der Fortsetzung aus dem Jahr 1982, standen die Zeichen zunächst gegen einen Erfolg, schließlich hatten ZAZ mit dem Streifen nichts mehr zu tun und vertraten die Meinung, mit ihrem Film alles erzählt zu haben. Das ist richtig – und auch die Wahl auf den Regisseur und Drehbuchautor Ken Finkleman schien zunächst nicht wirklich geeignet, schließlich zeichnete er unter anderem auch für die mäßige Fortsetzung „Grease II“ verantwortlich.
Man muss sagen: und dennoch(!) hat sich „Airplane II – The Sequel“ einen Platz in der Fangemeinde verdient, denn er kopiert auf so einzigartige Weise den ZAZ-Humor, dass es nicht auffällt, dass die Macher diesmal andere waren. Sämtliche liebgewonnenen Charaktere tauchen wieder auf und werden zelebriert, neue wunderbare Auftritte wie die von William Shatner als Commander Buck Murdock (hier sei die Szene der mit „Sshh“-Geräuschen automatisch öffnenden Türen erwähnt), sowie etliche Parodien auf Filme wie „2001 - Odyssee im Weltraum“ oder „E.T. – Der Außerirdische“.
Allen Freunden des Erstlings sei die Fortsetzung ans Herz gelegt, die zum Zeitpunkt dieses Blog-Eintrags leider noch keine Auswertung auf Blu-ray im deutschsprachigen Raum erhalten hat. Bleibt hoffnungsvoll – ein Double Feature lohnt sich!
Aus der gleichen Kategorie : The Killing Of A Sacred Deer - Kinoreview
Top Angebote
Mein Avatar
Kommentare