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Liebe Leser, Liebe Freunde,
nett, dass Ihr Euch mal wieder in einen der meinen Blogs verirrt habt – und dieser Blog ist dabei, in gewisser Weise, in vielfacher Hinsicht auch ein Spiel mit Erwartungen – muss er auch sein, um dem Film, um den es gehen soll, gerecht zu werden.
Zunächst einmal ist er natürlich ein Spiel mit den Erwartungen derjenigen, die (vollkommen zu Recht :-)) nach vollmundigen Ankündigungen des Blogerstellers in einem „Opening“-Blog darauf warten, dass nach gefühlten Äonen, die seit dieser Ankündigung vergangen sind, nunmehr echte Taten folgen.
Diese Erwartung mag dabei durch das dem Blog vorangestellte Zitat geschürt werden, denn, wie dem geneigten Leser und Filmkundigen (davon gibt’s hier bekanntlich Unmengen :-)) längst aufgefallen ist, stammt das Zitat (ein Schelm, wer böses dabei denkt :-)) aus einem Film von Clive Barker – konkret aus dem exzellenten „Lord of Illusions“!
Und trotz dieser Tatsache (soviel schon mal plakativ zum Spiel mit Erwartungen) soll es hier nicht um eben Barker gehen – und ja, Platz für „Schelte“ wegen der also immer noch nicht erfolgenden Blogfortsetzung findet sich in den Kommentaren.
Warum dann aber ein Zitat aus einem Barker-Film?
Weil Attribute des barkerschen Filmschaffens und dessen visuelle Ästhetik sich in dem hier zu behandelnden Film wieder finden - und weil gerade dieses Zitat bezogen auf den hieraus im barkerschen Film gezogenen Schluss betreffend die Notwendigkeit der Abtrennung des Fleisches auf den nachbehandelten Film passt – zumindest nach meiner Meinung – und da dies eben mein Blog ist …
Wohl an, es soll hier um
Richard Bates, Jr.´s “Excision“
gehen.
Dabei bin ich mir wohl bewusst, dass CPU Lord jüngst einen exzellenten Close-Up-Blog zu dem wunderbaren, zu diesem filmischen Kunstwerk erhältlichen, hier wenig überraschend vorhandenen Mediabook erstellt hat, den es hier gibt:
Auf selbigen verweise ich nur zu gern, denn vor dessen Hintergrund muss hier keine Inhaltszusammenfassung und nähere Vorstellung mehr erfolgen. Insoweit verweise ich vielmehr vollauf auf CPU Lords Blog!
Letzterer war letztlich tatsächlich inspirierend dafür, die erst vor kurzem erfolgte Sichtung des Films gestern Abend gleich nochmals zu wiederholen – und vor dem Eindruck der erneuten Sichtung konnte ich einfach „nicht mehr an mich halten“ und sah mich genötigt, diesen Blog einfach mal „raus zu hauen“.
Dabei will ich niemanden langweilen oder ermüden – und wer keine Lust hat, hier weiter zu lesen, der mag dies lassen – ihm sei jedoch gleichwohl direkt dringend die Sichtung des Filmes empfohlen, denn die „Werbung“ für diesen Film ist das eigentliche Ziel dieses Blogs.
Warum?
Um uns insoweit in „passende Stimmung“ zu begeben – mag der geneigte Blogleser bei youtube nach dem Tears for Fears-Song „Mad World“ – im Idealfall in der Interpretation von Gary Jules and Michael Andrews als Teil des Soundtracks zu „Donnie Darko“ suchen und diesen im Hintergrund, quasi blogbegleitend, laufen lassen.
Eingedenk des Blogs von Feivel, den es hier gibt:
will ich nämlich lieber davon absehen selbst das entsprechende Video zu verlinken :-).
Dabei ist gerade der vorbenannte Song eingedenk dessen filmischer Verwendung überaus passend, wie ich meine.
Schließlich gibt es auch und gerade zwischen “Excision“ und “Donnie Darko“ Verbindungen.
In beiden Fällen dient als filmische Ausgangslage eine „coming-of-age“-Grundgeschichte, die in beiden Fällen allerdings so gar nicht den üblichen Mechanismen dieses Genres gehorchen will.
Dabei haben beide Filme nun außer der Grundausgangslage wie des schweren Standes des jeweiligen Protagonisten innerhalb der eigenen Familie eigentlich keine inhaltlichen Gemeinsamkeiten – und gleichwohl scheint mir eine gedankliche Berücksichtigung irgendwie passen, was aber mehr „gefühlsmäßig“ festzumachen ist und deshalb hier nicht wirklich erklärt werden kann.
“Excision“ dass soll hier zunächst einmal vorweg gestellt werden, dürfte nicht ohne Grund mit Inpendent-Regie-Urgestein John Waters besetzt worden sein – im Gegenteil!
Auf einer Seite voller Filmverrückter muss ich auf das filmische Schaffen von John Waters nicht wirklich eingehen und darf dies als bekannt voraussetzen.
Waters Stil, Geschichten zu erzählen, wird hier in “Excision“ aufgegriffen – insbesondere die in Waters genialem “Serial Mom“ verwandten Stilmittel finden sich auch in “Excision“ wieder. So werden auch in “Excision“ innere Monologe der Hauptprotagonistin Pauline nach außen getragen – hier allerdings sehr clever in Form “Gebeten“ inszeniert, bei denen Pauline eben Gott anruf und mit ihm quatscht.
Und irgendwie ist auch die in “Excision“ immer wieder durchscheinende Schwarzhumorigkeit ein wenig an “Serial Mom“ orientiert – wenngleich, und das sei hier in aller Deutlichkeit gesagt, “Excision“ definitiv weit weniger humororientiert ist, als es “Serial Mom“ war – “Excision“ ist harte Kost mit schwarzhumorigen Einlagen, die eben eingedenk des Vorstehenden Bezüge zu Waters Film herstellen, aber eben nur Bezüge.
Diese Bezüge werden dabei neben der Tatsache, dass Waters selbst sich hier als Darsteller die Ehre gibt, auch dadurch verstärkt, dass hier die in zwei Werken von Waters (u.a. eben in “Serial Mom“!) agierende Traci Lords mitspielt, was diesen Bezug meiner Meinung nach überdeutlich macht.
Dabei soll nun aber noch kurz zu Waters und dessen Rolle angemerkt werden, dass auch diese sicher nicht ohne Hintersinn belegt wurde – Waters gibt hier den örtliche Pfarrer!!! Bedenkt man das filmische Schaffen Waters und dessen Status als Schockregisseur, so wird hierüber dem geneigten Filmfreund doch ein Lächeln entlockt!
Waters füllt die Rolle dabei auch gut aus – was jedoch im Vergleich zur Präsenz Tracy Lords als Mutter von Pauline „gar nichts ist“!
Tracy Lords Performance ist schlichtweg atemberaubend – ihre Darstellung der die gesamten Familie vereinnahmenden, keine Gegenmeinung duldenden und spießig/pedantischen Mutter ist einfach großartig und will erlebt werden.
Mancher, der Traci Lords noch aus einer „anderen Schaffensperiode“ kennt, wird überrascht sein, welch schier unglaubliches schauspielerisches Potential sich hier offenbart.
Dazu kommen die kleine, aber SEHR feine Nebenrollenbesetzung!
So erleben wir den großartigen Ray Wise, der trotz aller Brillanz für mich einfach immer mit Twin Peaks verbunden ist, als Schuldirektor, welcher nur in zwei (im ersten Fall auch noch einer sehr kurzen) Szenen zu sehen ist und werden wie immer von Wises Performance gefangen genommen.
Wir treffen auf Mr. Malcolm McDowell, der ebenfalls nur äußerst wenig Screentime vereinnahmt, aber als Mathe-Lehrer und schulischer Gegenpart zu Pauline wieder einmal vollauf überzeugt.
Selbst Oscarpreisträgerin Marlee Matlin findet Platz in zwei kurzen Szenen – mit nur einem, sehr pointierten Satz als Text.
Wirklich bemerkenswert, dass sich diese Schauspielergrößen hier in derart kleinen Rollen die Ehre geben – letztlich wohl wissend, dass die eigentliche Bühne des Films hier Annalynne McCord gehört, die man sich mal in “90210“ betrachten und dies dann mit ihrer optischen Erscheinung in “Excision“ vergleichen mag. Sicher, die Maske macht hier viel – aber nicht alles. McCord gibt hier alles durch Veränderung der Körperhaltung, des Ganges etc. um den weiblichen optisch unästhetischen Außenseiter zu geben – und gewinnt auf ganzer Linie! Ihr Spiel ist grandios und eine derartige Performance wurde man einer Soapdarstellerin kaum zugetrauen – ein Besetzungsglücksfall!
Dieses wunderbare Ensemble unterstreicht indes „nur“ die Brillianz des Films als solchem.
Selbiger ist einfach in keine echte Schublade einzuordnen. Er ist sowohl harter Genrestreifen, als coming-of-age-Film, als Sozialdrama, als Charakterstudie, als Schwarzhumorig – und als solcher Genrehybrid ist er eben (mit der Ausgangslage eines coming-of-age-Filmes) für mich irgendwie mit “Donnie Darko“ verbunden – ein weibliches, viel dunkleres Gegenstück quasi!
Dabei lebt der Film extremst von drei Elementen, die immer wieder nebeneinander treten.
So gibt es zum einen die „coming-of-age-Außenseiter“-Storyline, die geradlinig erzählt wird – und hier durchaus auf leise hintersinnige Töne setzt.
Als Beispiel sei hier die brilliante Szene angeführt, in der Paulines Familie, bestehend aus Vater, Mutter und ihrer Schwester, die immer elternseitig (wohl nicht zuletzt ob ihrer Mukoviszidose-Erkrankung) bevorzugt wird, was eben eklatant mitverantwortlich ist für die familiären Entfremdung Paulines, sich auf dem Sofa ausgebreitet hat und vor dem Fernseher eingeschlafen ist, während Pauline auf der blanken Erde liegen muss…
Das zweite Element ist das stilisierte einseitige „Gespräch“ mit Gott, welches Pauline immer wieder führt, wobei alles schwarz ist und man nur Paulines Kopf nebst zum Gebet gefalteter Hände sieht, während sie redet. Überaus clever und gelungen, wie hierüber inneres Empfinden dem Betrachter des Streifens nahegebracht wird.
Das dritte und wesentlichste Stilelement stellt Paulines Traumwelt dar.
Diese Traumweltsequenzen sind absolut sexuell obsessiv, stoßen ab und ziehen an zugleich (allerdings weniger im sexuellen Sinne – damit dies anders ist, bedarf es wohl einer echten sexuellen Störung).
Die Traumsequenzen zeigen Pauline, die Chirurgin werden möchte, und von Blut und Fleisch besessen ist, wie diese sich über einem Leichnam, dessen Kopf zur Hälfte fehlt, räkelt, wodurch durch gleichwohl sexuelle Regungen bei dem Leichnam hervorgerufen werden, was gleichwohl diffizil vermittelt wird. Sie zeigen, wie Pauline über vor ihr ausgebreitete Leichname schreitet, um dann voller Erregung in einer mit Blut gefüllten Badewanne zu baden etc. …
Dabei sind diese Szene extremst durchgestylt und wirken auf den Betrachter unglaublich intensiv – wenngleich auch unglaublich abstoßend!
Aber, man kann sich dem Gesehenen nicht entziehen – die Bilder bleiben einfach im Kopf!
Hier gibt es, so meine ich, eben den Zusammenhang zum Schaffen Clive Barkers die Verbindung sexueller Komponenten mit Tod, Häutung und „der Ästhetik des Todes“ bei gleichzeitiger visueller Stilisierung, die zudem brillant umgesetzt wurde – ich mag mich irren, aber hier scheint Bates jr. Wirklich etwas „Inspiration“ gewonnen zu haben.
“Excision“ bleibt bis zum Schluss, nicht zuletzt ob des steten Wechsels der drei filmischen Elemente, ein überaus verstörender Film, dessen Abschluss ein wirklich schockierendes, wenngleich in sich konsequentes Ende bildet, dessen optische Erscheinung mich abermals an Barkers visuelle Welten erinnert.
Gleichwohl und trotz der Tatsache, dass hier wirklich harte Szene vor allem in der Kombination aus sexuellen Handlungen und Leichnamen und dann auch noch aus ungewohnt weiblicher Perspektive dargestellt werden, sollte man sich unbedingt an diesen Film „heranwagen“.
Er ist in jedem Falle etwas Besonderes – etwas so noch nicht Gesehenes, dass wirklich das Attribut Kunst verdient.
Dabei ist der Film gleichwohl psychologisch tiefschichtig und nimmt den Betrachter emotional mit. Man ist weit davon entfernt, einfach nur kühl optisch beeindruckt zu werden.
Die inhaltliche conclusio des Films drängt sich auf, ist jedoch keineswegs selbstverständlich – meine Frau und ich hätten jedenfalls nach Sichtung des Films das dringende Bedürfnis, unseren schlafenden Sohn zu knuddeln…
Insgesamt also ein Film, der mich extremst und nachhaltig auf verschiedene Art und Weise und ob verschiedener Aspekte beeindruckt hat, wie schon lange kein Film.
Darüber, dass man dies natürlich gänzlich anders sehen kann, bin ich mir wohl im Klaren – Kommentare jeder Art sind jedenfalls herzlich willkommen.
In jedem Fall hat es dieser Film verdient, nicht als Nischenfilm abgetan und nur von wenigen gesehen zu werden – gesehen haben sollte man ihn unbedingt!
Ach ja – dass der vorstehende Text vielleicht mitunter etwas wirr ist und wenig über den konkreten Inhalt des Films offenbart, bitte ich nachzusehen – mir war es hier einfach ein Bedürfnis, meine Gedanken einmal niederzuschreiben – im Rahmen einer BD-Review wäre derartiges wohl kaum möglich gewesen, deshalb also dieser Blog.
Kurz noch zum technischen Aspekt der BD aus dem Mediabook, welche inhaltsgleich mit den weiteren BD-VÖs hierzu ist:
Das Bild ist exzellent – scharf und brilliant, was gerade die Traumszenen angeht und dort nochmals zur nachhaltig Wirkung beiträgt.
Der Ton ist ebenfalls auf sehr hohem Niveau – technisch also eine durchaus lohnende BD, die schon nah an die Referenzklasse heranreicht, was bei derartigen VÖs sicher eher weniger die Regel ist.
Der Kauf der BD, gleich in welcher Form, kann nach alldem nur einem jeden nahe gelegt werden.
Zumindest eine Sichtung sollte man versuchen!
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