Bryan Singer verließ das X-Men-Franchise 2003 mit dem unter Fans beliebtesten Teil der Reihe “X-Men 2”. Nachdem Brett Rattner die Serie 2006 mit dem dritten Teil “X-Men: Der letzte Widerstand” kreativ gegen die Wand fuhr, half erst Matthew Vaughn (“Kick-Ass”) fünf Jahre später dem Mutanten-Team mit dem Prequel “X-Men: Erste Entscheidung” seinen guten Ruf wieder zu erlangen. “X-Men: Zukunft ist Vergangenheit” vereint alte Haudegen wie Hugh Jackman mit neuen Gesichtern wie Michael Fassbender. Kann Singer die ursprünglich durch ihn geschaffene Saga filigran zusammenführen oder ist ein konfuser Murks das Ergebnis?
Story
In einer apokalyptischen Zukunft sind sowohl Menschen als auch Mutanten nahezu ausgerottet. Ein gnadenloser Krieg hat die Erde verwüstet. Die Kontrolle über die Einöde obliegt den übelsten Überbleibseln der Menschheit sowie den künstlichen Sentinels. Letztere bringen alle Lebewesen mit Mutanten-DNS zur Strecke. Um die Zerstörung zu verhindern, bevor sie geschieht, ergreifen Professor X (P. Stewart) und Magneto (I. McKellen) den letzten Strohhalm: Wolverine reist in der Zeit zurück, damit die beiden ungleichen Männer ihre Kräfte in den 1970ern einsetzen, um zu verhindern, dass das Sentinel-Programm jemals verwirklicht wird.
X-Men: Zukunft ist Vergangenheit ist eine Antithese zu Marvels The Avengers. Wo Letzterer Charakterzeichnung und Story zugunsten von Onelinern über Bord warf, um zu einer Art Superhelden-Parodie zu mutieren, führt Bryan Singer im Team-Up der alten und neuen Fanlieblinge aus der-X-Men-Reihe die Glaubwürdigkeit in ein Genre zurück, das er selbst 2000 mit X-Men prägte. Im Gegensatz zu Marvels Verfilmungen, die in erster Linie auf Slapstick und CGI-Gepolter setzen, konzentriert sich X-Men: Zukunft ist Vergangenheit auf seine Charaktere und deren Kampf gegen das Schicksal – und die eigene Natur. Damit bleibt Singer nicht nur seinem eigenen Ansatz treu, sondern führt auch Vaughns Vorgänger perfekt weiter. Das Drehbuch aus der Feder Simon Kinbergs umgeht die Logiklücken anderer Zeitreisefilme und verliert trotz der Vielzahl an Cameos und Verneigungen vor den anderen X-Men-Filmen nie den Plot aus den Augen.
Denkwürdige Momente hagelt es bereits ab den ersten Minuten, in denen man entgeistert miterlebt, wie einige Mutanten in der Zukunft das Zeitliche segnen. Stets stimmt die Mischung aus Drama, Action und Humor. Letzterer steckt nicht nur in den nie aufgesetzten Onelinern, die Hugh Jackman in seiner Paraderolle als Wolverine zum Besten geben darf, sondern auch in einem längeren Auftritt von Quicksilver. Evan Peters legt in der Rolle des Speedsters eine Vorstellung hin, die Aaron Johnson, welcher in den Marvel-Filmen eine alternative Variante des Charakters spielt, ins Schwitzen bringen dürfte. Im Ergebnis ist X-Men: Zukunft ist Vergangenheit sowohl der bisher beste X-Men-Film als auch eine der empfehlenswertesten Comicverfilmungen der letzten Dekade. Wer hätte gedacht, dass das Studio Fox sowie Regisseur Bryan Singer und sein Team Marvel selbst ein Lehrstück darbieten würden, wie man gezeichnete Helden ernst nimmt und trotzdem den Spaß im Auge behält.
Bildqualität
- extrem hoher Detailgrad in Nahaufnahmen (Jackmans Bartstoppeln)
- Greenscreen-Szenen in der Zukunft etwas weicher
- leichtes, digitales Rauschen in manchen Aufnahmen
- bereits in 2D enorme Plastizität
Bild 3D
- exzellente Tiefenwirkung und Ebenendifferenzierung
- dezente Pop-Out-Effekte (Quicksilver im Pentagon)
- keinerlei Qualitätseinbußen im Vergleich zur 2D-Version
Tonqualität
- John Ottmans Soundtrack verbindet neue und alte Themen
- präzise Wiedergabe feiner, räumlicher Details (Sentinel-Angriff)
- glasklare Dialogwiedergabe (Stimmen im Deutschen dominant)
- druckvolle Bässe in Action-Sequenzen
Ausstattung
Beim Extrapaket (komplett in HD) fallen vor allem die rund fünf Minuten geschnittenen Szenen auf. Sie deuten weitere Handlungsfäden an, wie etwa eine Beziehung zwischen Wolverine und Storm. Spannenderweise sind ausgerechnet die geschnittenen Aufnahmen mit Anna Paquin alias Rogue nicht vorhanden – jene spart Fox sich offenbar für den angekündigten Extended Cut auf. Weiterhin finden sich noch einige verpatzte Aufnahmen, zwei Kurz-Dokus über alte und neue Mutanten (insgesamt 22 Min.) sowie ein Beitrag über die Beziehung von Xavier und Erik auf der Blu-ray. In etwa neun Minuten geht man noch auf die Entstehung der Sentinels ein. Trailer zum Film sowie eine Bildergalerie ergänzen das leider knapp bemessene Bonusmaterial.
Fazit
X-Men: Zukunft ist Vergangenheit überzeugt sowohl in 2D als auch in 3D mit einem technisch hervorragenden Bild. Detailgrad und Schärfe bewegen sich größtenteils auf Referenzniveau. Deutsche und englische Tonspuren sind ebenfalls auf der Höhe der Zeit und wissen, wann dramatisch-dezente Stimmung oder krachende Bässe gefordert sind. Nur das Bonusmaterial könnte umfangreicher sein. Vermutlich spart sich Fox hier das Beste für den 2015 auf den Markt kommenden Extended Cut auf. Wer nach Kalauern wie Iron Man 3 oder dem an Videospiele erinnernden The Amazing Spider-Man 2 Abwechslung benötigt, findet sie in X-Men: Zukunft ist Vergangenheit. Nicht nur, dass der Film dreidimensionale Charaktere mit nachvollziehbaren Entscheidungen und Persönlichkeiten darstellt, der metaphorische Unterbau erinnert an reale, gesellschaftliche Probleme. Trotzdem bleibt Zeit für den einen oder anderen Spruch Cameos oder Anspielungen auf vergangene Filme. Summa summarum liefert Bryan Singer eine Comic-Verfilmung ab, die den bisher besten Teil der Reihe X-Men 2 übertrifft. Wer bei dieser Blu-ray nicht zugreift, wartet entweder noch auf den Extended Cut oder will erst die vorherigen X-Men-Filme nachholen. Alle anderen genießen eine der besten Superhelden-Verfilmungen der letzten Jahre. (anw)
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