„Meine Pädagogik ist hart. Das Schwache muss weggehämmert werden. In meinen Ordensburgen wird eine Jugend heranwachsen, vor der sich die Welt erschrecken wird.“
Mit diesem Zitat von Adolf Hitler beginnt das 20-seitige Mediabook zum Film „Napola – Elite für den Führer“, der unter der Regie von Dennis Gansel im Jahr 2004 entstand.
Natürlich gibt es mannigfaltige Werke, die sich auf der Kinoleinwand mit der Zeit des Nationalsozialismus auseinandergesetzt haben, jedoch ist die Erziehung der Jugend im Dritten Reich ein Thema, das noch nicht sehr oft in Filmen als zentrales Element verhandelt worden ist.
Gansels Film jedoch beleuchtet detailliert den Alltag in den sogenannten „Napolas“ (Nationalpolitishe Erziehungsanstalten, auch „NPEA“, von denen es ab 1940 fast 40 mit über 15.000 Schülern gab). In diesen Einrichtungen wurden handverlesene Jugendliche, oftmals unterwiesen von ehemaligen Militäroffizieren, besonders unter sportlichen und ideologischen Gesichtspunkten zur zukünftigen soldatischen Elite des Dritten Reiches ausgebildet.
Justbrigde Entertainment veröffentlicht nun den vormals nur auf DVD erhältlichen Spielfilm in Form eines Blu-ray-Mediabooks, um das es in dieser Rezension gehen soll.
Story
Der 17-jährige Friedrich Weimer (Max Riemelt) verlässt 1942 gegen den Willen seines Vaters seine Heimat im Berliner Stadtteil Wedding, da er aufgrund seiner Fähigkeiten als Boxer eine Einladung in die Napola Altenstein bekommen hat. Der Alltag an der Erziehungsanstalt verlangt dem unbedarften Jungen trotz seiner Begeisterung für seine neue Situation sowohl körperlich als mental einiges ab, und er wird regelmäßig Zeuge der harten und gnadenlosen Unterrichtsmethoden, die darauf ausgelegt sind, den Jugendlichen jegliches Mitgefühl auszutreiben und sie zu gehorsamen Befehlsempfängern zu machen. Schon bald erregt Friedrich dabei die Aufmerksamkeit des Ausbilders Vogler (Devid Striesow), der - selbst ein ehemaliger Boxchampion - die sportliche Karriere des Jungen vorantreiben möchte.
Friedrich freundet sich außerdem mit seinem ebenso sensiblen wie intellektuellen Mitschüler Albrecht Stein (Tom Schilling) an, der mit seiner feinsinnigen und nachdenklichen Art so gar nicht an die Napola zu passen scheint. Sein linientreuer Vater, der lokale Gauleiter (Justus von Dohnányi), hat für Albrecht nur Verachtung und Hohn übrig.
Als die Schüler eines Nachts von ihren Vorgesetzten den Auftrag erhalten, geflüchtete russische Kriegsgefangene zu jagen, muss sich Friedrich im Zuge der folgenden Ereignisse entscheiden, ob er seine sportliche und militärische Zukunft oder seine moralischen Wertvorstellungen wählen soll...
„Ich wollte einen Film über Verführung machen.“ So beschreibt der Regisseur Dennis Gansel im Interview, welches im Bonusmaterial der Blu-ray zu finden ist, seinen filmischen Ansatz bezüglich der Inszenierung von „Napola – Elite für den Führer“. Er erklärt weiter, dass er beabsichtigt habe, die Kameradschaft unter den Jugendlichen und ihr Gefühl zur absoluten Elite des Deutschen Reiches zu zählen, durch den unbedarften Blickwinkel des anfangs enthusiastischen neuen Schülers Friedrich für die Zuschauer und Zuschauerinnen erlebbar machen wollte.
Dies ist besonders vor dem Hintergrund der kritischen Rezeption dieses Filmes in seinem Herstellungsland Deutschland interessant. Während „Napola“ in Übersee recht positiv aufgenommen wurde, waren die zeitgenössischen Rezensionen in Deutschland teils recht kritisch: Man sprach von einem Film, der sich den formelhaften filmischen Konventionen des Internatsfilms bediene und die geschichtlichen Tatsachen nur als Hintergrund benutze. Auch wurde Gansel vorgeworfen, die Geschehnisse an der Napola verherrlicht zu haben und in sich seiner Inszenierung der militärischen Gepflogenheiten beim Stil Leni Riefenstahls zu bedienen und so die unmenschlichen Ausbildungsmethoden im Nationalsozialismus zu positiv darzustellen.
Verteidigt wurde Dennis Gansels Ansatz damals von dem Literaturkritiker Helmuth Karasek, der in seiner Jugend selbst Schüler an einer Napola gewesen war. Er lobte die historisch exakte Präsentation des Lebens an diesen Institutionen und die Darstellung der Begeisterung der Jugendlichen, die sich in der zweiten Filmhälfte in Friedrichs Fall immer mehr zu moralischem Entsetzen wandelt.
Aus Sicht dieses Rezensenten ist es der Film „Napola – Elite für den Führer“ auf jeden Fall wert, ihn sich einmal selbst anzusehen und dann die eigene Meinung zu bilden. Stoff für Diskussionen über ein bisher filmisch unterrepräsentiertes Thema bietet Gansels Werk allemal, zusätzlich wird es von sehr guten Schauspielleistungen der jugendlichen Darsteller, insbesondere von Riemelt und Schilling getragen.
Bildqualität
Hinsichtlich der Farbgestaltung des im Format 1,85:1 vorliegenden Bildes dieser Edition fällt zunächst die doch eher gedeckte Farbpalette auf, wobei die Grün – Oliv – und Brauntöne das Geschehen klar dominieren, was sicher auch dem Thema geschuldet ist. Die zurückgenommene Farbintensität führt allerdings dazu, dass hier ein etwas ausgewaschen wirkender Bildeindruck entsteht. Nur in hellen Außenszenen sorgen mitunter kräftiges Grün und der blaue Himmel ein wenig für Abwechslung.
Die Schärfe ist ebenfalls ein zweischneidiges Schwert: Während sie in Nahaufnahmen viele Details offenbart (wie z.B. Falten und Abzeichen auf Uniformen, Poren und Härchen in Gesichtern, die einzelnen Steine auf einem Kiesweg), präsentiert sich die Tiefenschärfe weniger gelungen. Weiter entfernte Bildinhalte werden in einigen Fällen von Unschärfen verschleiert und wirken dadurch weniger detailliert.
Der Kontrast ist gut und größtenteils kräftig, aber helle Szenen wirken mitunter etwas unnatürlich überstrahlt, was aber auch als Stilmittel eine Absicht der Inszenierung gewesen sein könnte.
Der Schwarzwert ist in Ordnung, aber nicht optimal; in dunklen Szenen gehen leider oftmals ein paar Details verloren. In einigen Szenen kann man auch relativ deutlich Filmkorn beobachten. Inwiefern dies den geneigten Zuschauer aber als Fehler stört oder eher als „filmisches“ Aussehen erfreut, muss jeder für sich selbst entscheiden.
Insgesamt entsteht hier der Eindruck eines soliden, aber nicht hervorragenden Bildes, dem vor allem durch die leichten Tiefenunschärfen und die gedeckte Farbgebung eine höhere Benotung verwehrt bleibt.
Tonqualität
Folgende Tonspur ist laut Packungsangabe auf der Blu-ray vorhanden:
- Deutsch DTS 5.1 (deutsche Untertitel)
Der Ton von „Napola – Elite für den Führer“ enttäuscht leider auf ganzer Linie. Obwohl auf der
Verpackung eine 5.1 DTS-Tonspur ausgewiesen ist (der Player zeigt während der Wiedergabe „DTS-HD MSTR Multi“ an), werden weder der Subwoofer noch die Back-Lautsprecher in irgendeiner Weise angesteuert. Auch durch unterschiedliche Kalibrierungsversuche und Erhöhung der einzelnen Pegel auf Maximum konnte auf den Testgeräten nichts daran geändert werden, dass man es hier effektiv mit einer reinen Stereowiedergabe zu tun hat. Umso mehr enttäuscht es dabei auch, dass die Dialoge des Films im Gegensatz zu den Geräuschen und der Musik viel zu leise abgemischt sind, so dass ein manuelles Anpassen der Lautstärke oftmals nötig ist, um überhaupt alles verstehen zu können.
Seltsamerweise hat die Audiokommentarspur vom Regisseur Dennis Gansel kompletten Raumklang; nur leider die Tonspur des Hauptfilms nicht.
Hier wäre es sicher sinnvoll, wenn von Justbridge noch einmal nachgebessert werden könnte.
Ausstattung
– Videotagebuch von Dennis Gansel (SD, 0:37:46)
– Deleted Scenes (SD, 0:14:51)
– Interviews (SD, 0:10:10)
– Audiokommentarspur mit Dennis Gansel (DTS 5.1, 01:49:56)
– 20-seitiges Mediabook
Die Extras auf dieser Blu-ray liegen allesamt in Standardauflösung vor und wurden ausnahmslos von der zuvor erhältlichen DVD-Version portiert.
Dennis Gansel schildert im Videotagebuch anschaulich und sympathisch die Vorbereitung der Dreharbeiten von der Idee bis zu Impressionen vom Set während des Drehs (eine Art kommentierte B-Roll).
Die geschnittenen Szenen fügen nicht viel Kontext hinzu, geben aber Einblick in einige verworfene Subplots.
Im Audiokommentar berichtet Gansel von Anekdoten während der Produktion und spart auch nicht mit Hintergrundinformationen bezüglich der Dreharbeiten.
Das nüchtern aufgemachte Mediabook, der einzige neue Bonus dieser Veröffentlichung, enthält ein neues, exklusives Interview mit dem Regisseur, beleuchtet ideologische Hintergründe und Geschichte der nationalpolitischen Erziehungsanstalten und berichtet über die Schauspieler.
Fazit
Die Mediabook-Edition von Dennis Gansels Film „Napola – Elite für den Führer“ beinhaltet einen Film, der, getragen durch gute Schauspielleistungen und das bisher wenig ins Zentrum gerückte Thema der Erziehung im Dritten Reich zum Nachdenken und Diskutieren anregen kann. Wenngleich er sich Konventionen des Internatsfilms bedient und den Alltag an der Napola teils etwas verklärt, schafft Gansel dadurch eine Erlebbarkeit der ideologischen Verführung von Jugendlichen im Nationalsozialismus, wenn sich die anfängliche Begeisterung des Protagonisten sukzessive in moralisches Entsetzen verkehrt.
Während das Bild einen durchaus soliden, aber nicht großartigen Eindruck hinterlassen kann, enttäuscht der Ton leider maßlos, da er statt der ausgewiesenen 5.1 DTS – Tonspur nur eine reine Stereowiedergabe mit zu leise abgemischten Dialogen bietet. Während die Extras auf der Blu-ray in Standardauflösung von der vorherigen DVD-Veröffentlichung portiert wurden, kann das recht nüchtern gestaltete Mediabook durch informativen Inhalt und ein exklusives Interview mit Dennis Gansel punkten.
Freunden des Films muss also nicht unbedingt vom Kauf abgeraten werden. Wenn man „Napola“ allerdings schon auf DVD besitzt, sollte man wohl besser mit einer Anschaffung dieser Edition noch warten, falls Justbridge sich dazu entschließen sollte, die Probleme mit der Tonspur zu beheben.
(Carsten Hein)
(weitere Reviews anzeigen)
Kaufempfehlung
Testgeräte
TV: LG 65UF8519
Soundbar: Canton Smart Soundbar 9
Back Speaker: 2x Canton Smart Soundbox 3
Subwoofer: Canton Smart Sub 8
Player: Panasonic DP-UB424