Eraserhead Blu-ray ReviewWenn es im Filmgeschäft einen unkonventionellen Regisseur gibt,
dann ist es ohne Zweifel David Lynch. Seit Jahrzehnten beweist er
mit nahezu jedem Film, dass er mit dem Mainstream nichts gemein
hat. Sein einziger Versuch, im großen Hollywood Fuß zu fassen, ist
mit
Dune – Der Wüstenplanet
folgerichtig grandios gescheitert. Dass Lynchs Name dennoch fast
jedem Filmfan ein Begriff ist, liegt nicht zuletzt an seiner
Kultserie
Twin Peaks, der Großmutter aller
Mysteryserien, und natürlich an
Blue Velvet. In beiden
Fällen greift Lynch auf seine unverwechselbaren Trademarks zurück,
die Geschichte selbst bleibt dabei aber immer nachvollziehbar. Was
man von seinem Debütfilm
Eraserhead aus dem Jahr
1976 nicht behaupten kann.
Story:
Eines Tages erhält Henry Spencer von seiner Nachbarin die
Nachricht, dass ihn seine Exfreundin Mary bei ihren Eltern zum
Abendessen einlädt. Obwohl er von Mary schon monatelang nichts mehr
gehört hat, nimmt er die Einladung an. Neben mit den Flügeln
zappelnden Grillhähnchen bekommt er noch eine überraschende
Nachricht aufgetischt. Mary hat in der Zwischenzeit ein Kind zur
Welt gebracht, bei dem die Vermutung naheliegt, dass Henry der
Vater sein könnte. Von nun an teilt sich Henry seine winzige
Wohnung mit Mary und seinem Nachwuchs, dessen Ähnlichkeit mit den
Eltern allerdings zu wünschen übrig lässt.
Soweit das Grundgerüst einer Story, die eigentlich jeder
Beschreibung spottet. Wer bei einem Film eine nachvollziehbare
Handlung erwartet, die einigermaßen den Grundsätzen menschlicher
Logik folgt, sollte es lieber mit einem anderen Werk versuchen.
Eraserhead folgt anderen Gesetzen. Am ehesten
nähert man sich an Lynchs Debüt, indem man ihn aus der Perspektive
des Surrealismus betrachtet. Der Surrealismus, wie ihn zum Beispiel
ein Salvador Dali geprägt hat, setzt Dinge in einen Zusammenhang,
die eigentlich nichts miteinander gemein haben. Die Motivation der
Künstler, die dahinter steckt, ist sicherlich in gewisser Weise
eingefahrene Denkmuster aufzubrechen und die Welt aus einer völlig
anderen Perspektive wahrzunehmen.
Eine Interpretation dieser fremden Welt ist dabei nur bedingt
möglich. Wenn überhaupt ist sie vielleicht nur aus der
individuellen Biografie des Künstlers selbst zu entschlüsseln. So
ist die Frage letztlich müßig, warum Dalis Elefanten auf dürren
Insektenbeinen herumlaufen. Genauso ist es müßig zu fragen, was die
aufgedunsene Dame hinter Henrys Heizung zu bedeuten hat. Genauso
wie sich Henry in diese Traumwelt flüchtet, ist diese skurrile Dame
vielleicht auch David Lynch irgendwann einmal in einem Traum
erschienen. Jeder Versuch eine allgemeingültige Interpretation des
Films zu liefern ist von vornherein zum Scheitern verurteilt.
Dadurch verlieren sich allerdings auch die Absurditäten, mit denen
Lynch sein Publikum konfrontiert, in einer gewissen Beliebigkeit.
Was vielleicht als einziges deutlich wird, ist die Tatsache, dass
die Grenzen der geistigen Gesundheit von Zeit zu Zeit genauso
zerfließen wie Dalis Uhren.
Lynch sagt selbst, dass noch keine Deutung des Films seiner eigenen
Interpretation entsprochen hat. Daher wird dieses Review auch gar
nicht erst den Versuch unternehmen, diesen gordischen Knoten zu
lösen. Fast genauso interessant wie der Film selbst ist sein
Entstehungsprozess. Fünf Jahre arbeitete Lynch mit einem kleinen
Team an der Verwirklichung seines Debüts. Die Dreharbeiten wurden
immer wieder durch Geldmangel monatelang unterbrochen. Parallel zum
Dreh musste der Regisseur Zeitungen austragen, um sich seinen
Lebensunterhalt zu verdienen.
Die Innenaufnahmen entstanden auf dem Gelände des American Film
Institute. Lynch selbst hielt es nur ein Jahr als Student am AFI
aus. Danach quartierte er sich in einen unbenutzten Bereich des
riesigen Anwesens ein und bastelte mit immenser Akribie an der
Fertigstellung seines Werks. Trotz der kryptischen Story ist ihm
ohne Zweifel ein Film gewordener Alptraum gelungen, der teils
fasziniert, teils abstößt, aber nur die Wenigsten gleichgültig
zurücklässt.
Bildqualität:
-
Videocodec: MPEG-4 AVC, Ansichtsverhältnis 1,85:1, Auflösung
1080p
-
Schwarzweißfilm
-
keine guten Kontrastwerte
-
mittelmäßige Schärfe
-
Schwarzwert verschluckt Details
-
teilweise deutliches Rauschen
-
in der Anfangssequenz legt sich ein helles Flackern über das
Bild
-
darüber hinaus sauberer Transfer ohne erkennbare Verschmutzungen
des Bildmasters
Obwohl das HD-Master im Vorfeld der Blu-ray Produktion vom
Regisseur abgesegnet wurde, offenbaren sich doch einige Mängel, die
zum großen Teil mit dem Alter des Films und dem damals verwendeten
Filmmaterial zu erklären sind. Ein lupenreines HD-Erlebnis ist hier
also nicht zu erwarten. Das wäre hier aber auch fehl am Platz. Die
verschiedenen Unzulänglichkeiten korrespondieren hervorragend mit
der alptraumhaften Grundstimmung des Films.
Tonqualität:
-
Englisch Linear PCM 2.0 mit deutschen Untertiteln
-
formatbedingt keine Räumlichkeit
-
die wenigen Dialoge sind gut zu verstehen
-
kein differenziertes Stereopanorama
-
teilweise Hintergrundrauschen
-
gute Dynamik
Der Film beinhaltet nur sehr wenige Dialoge, wodurch das Fehlen
einer deutschen Synchronisation nicht allzu stark ins Gewicht
fällt. Neben seinen alptraumhaften Bildern bezieht der Film einen
wesentlichen Teil seiner Faszination aus der verstörenden
Klangkulisse, die von der Tonspur angemessen transportiert wird.
Auch hier sind allerdings qualitative Abstriche in Kauf zu
nehmen.
Ausstattung:
David Lynch erzählt höchstpersönlich in knapp anderthalb Stunden
„Stories“ und Anekdoten über die Entstehung seines Debütfilms.
Dabei beschreibt er zwar äußerst detailliert die Umstände der
Produktion und würdigt alle Beteiligten. Eine Interpretationshilfe
liefert er wie zu erwarten war nicht.
Fazit:
Aus technischer Sicht wird es die vorliegende Blu-ray sicher nicht
in irgendwelche Bestenlisten schaffen. Der Bildtransfer wurde zwar
von Lynch abgesegnet, unterliegt aber sichtbar den Beschränkungen
seiner Entstehung. Trotz einiger Mängel passen aber sowohl das
Bild, als auch der Ton gut zum verstörenden Charakter des Films.
Interessierte sollten sich die Dokumentation mit dem Regisseur
nicht entgehen lassen. Hier wird in vielerlei Hinsicht deutlich,
dass Lynch kein „normaler“ Regisseur ist.
Eraserhead ist Surrealismus in bewegten Bildern.
Ein verstörender Alptraum, der sich einer allgemeingültigen
Interpretation entzieht. Eine Story im herkömmlichen Sinn existiert
nur als ausgefranster roter Faden. Bereits mit seinem Debüt
zeichnet David Lynch damit seinen weiteren Werdegang vor. Schon
hier zeigen sich Motive, die auch in späteren Werken immer wieder
zum Vorschein kommen. Der fließende Übergang zwischen Traum und
Realität ist ein Schwerpunkt, der den Zuschauer oft zwar ratlos und
schockiert, aber durchaus auch fasziniert zurück lässt. Wer wissen
möchte, was Filme weitab der ausgetretenen Pfade des Mainstream
bieten können, sollte sich
Eraserhead nicht
entgehen lassen.
Kurzbewertungen:
Story: 8/10
Bild: 6/10
Ton: 5/10
Extras: 5/10
Gesamt*: 5/10
* In der Gesamt-Bewertung wird die
Story nicht berücksichtigt.Kaufempfehlung: 7/10
Die Kaufempfehlung der Eraserhead
Blu-ray wird anhand der technischen Bewertung und unter
Berücksichtigung der Story berechnet.Testgeräte:
TV: Pioneer PDP-LX5090 (50“) (kalibriert)
BDP: Pioneer BDP-LX71
AVR: Pioneer SC-LX81
Lautsprecher: B&W 803S (Main), Teufel M-500 (Surround)