The Woman (2011) Blu-ray
ReviewDer amerikanische Buchautor Jack Ketchum ist für Freunde der
anspruchsvollen Horrorliteratur kein Unbekannter. Zahlreiche seiner
Titel wurden bis heute mit dem renommierten Bram-Stoker-Award
ausgezeichnet. Damit befindet er sich in illustrer Gesellschaft,
zusammen mit Schriftstellern wie Dean Koontz, J. K. Rowling und
natürlich Stephen King. Einige seiner Bücher schafften auch den
Sprung auf die große Leinwand. Allerdings bisher mit eher
überschaubarem Erfolg. Neben recht gelungenen Umsetzungen, wie
The Girl next Door (2007) oder
Red (2008), findet sich mit
Beutegier aus dem Jahr 2009 auch ein veritabler
Flop, der in nahezu allen Belangen enttäuscht. Umso erstaunlicher
ist die Tatsache, dass sich Regisseur Lucky McKee mit
The
Woman ausgerechnet die QuasiFortsetzung zu diesem
Machwerk aussucht. Doch eines sei an dieser Stelle bereits
verraten: Die beiden Filme trennen in jeder Hinsicht Welten.
Story:
Der erfolgreiche Anwalt Chris Cleek (S. Bridgers) führt mit seiner
Familie ein scheinbar ganz normales Leben im ländlichen Amerika.
Man trifft sich mit den Nachbarn zum Grillen und pflegt den
freundlichen Smalltalk im Supermarkt. Eines Tages macht Chris
allerdings eine erstaunliche Entdeckung. Während eines
Jagdausflugs in den nahe gelegenen Wäldern erspäht er eine völlig
verwahrloste junge Frau, die wie ein wildes Tier in einer Höhle
lebt. Kurz entschlossen fängt er die Frau ein und kettet sie in den
Vorratskeller. Seine Familie ist zwar durchaus verblüfft über
seinen Fang, doch fügt sich schließlich dem Plan, die „Wilde“ zu
zivilisieren.
The Woman ist zweifellos eine der positiven
Überraschungen dieses Jahres. Die Erwartungen, die man vielleicht
ohne nähere Vorkenntnisse gegenüber dem Film aufbaut, sollte man
schnell wieder vergessen. Dies ist kein konventioneller Horrorfilm,
der sich über seinen Blutgehalt oder die Anzahl seiner
Schockmomente definiert. In völliger Umkehrung des gewohnten
Schemas eines Backwood-Slashers (Normalbürger geraten in die Fänge
degenerierter Hinterwäldler), wird hier die scheinbar „normale“
Familie zum Täter, indem sie sich in jeder nur denkbaren Form an
einem hilflosen Opfer vergeht. Im Laufe des Films wird dem
Zuschauer deutlich, dass sich hinter der polierten Fassade der
Musterfamilie ein nahezu bodenloser Abgrund aus Tyrannei und
häuslicher Gewalt verbirgt. Vater Cleek entpuppt sich zunehmend als
Psychopath, der seine Familie ebenso tyrannisiert, wie die Frau in
seinem Keller. Dabei profitiert der Film von einer Riege durchweg
erstklassiger Schauspieler,
die den zunehmenden Wahnsinn innerhalb der Familie absolut
überzeugend transportieren.
Sei es die apathische Mutter (A. Bettis), die seltsam verstörte
Tochter Peggy (L. A. Carter) oder der zunehmend in die Fußstapfen
seines Vaters tretende Sohn Brian (Z. Rand). Pollyanna McIntosh als
„die Frau“ setzt dem Ganzen dann allerdings die Krone auf. Ihr
gelingt der absolut glaubwürdige Spagat zwischen dämonischer Furie
auf der einen und wehrlosem Opfer auf der anderen Seite. Sei es
ihre Körpersprache, Mimik oder Gestik, hier stimmt einfach alles.
Ihr Fauchen und tierisches Knurren gehen durch Mark und Bein und
lassen zu keiner Zeit Zweifel darüber aufkommen, dass ihre Ketten
alles sind, was ihre Umgebung vor der totalen Vernichtung bewahrt.
Allgemein kommen die Männer hier nicht allzu gut weg. Die recht
plakative Trennung zwischen den „guten“ Frauen und den „bösen“
Männern ist dann auch ein Kritikpunkt, den sich der Film gefallen
lassen muss. McKees originelle Inszenierung hebt den Film dennoch
deutlich über den Durchschnitt. Diese profitiert zusätzlich von
erstklassigen, teils verstörenden Soundeffekten und einem
Soundtrack, der mit seinen eingängigen Popsongs in krassem
Gegensatz zur tiefschwarzen Thematik des Films steht. Für Fans eher
konventioneller Horrorunterhaltung dürfte der äußerst subtile
Spannungsaufbau der Geschichte allerdings eine harte Geduldsprobe
darstellen. Wer sich darauf nicht einlassen will oder kann, sollte
sich lieber vorher überlegen, ob diese Frau etwas für ihn oder sie
ist.
Bildqualität:
Videocodec MPEG-4 AVC, Ansichtsverhältnis 1,78:1, Auflösung
1080p
durchgängig hervorragende Schärfe und Detailzeichnung
gedeckte Farben und schwache Kontraste
dadurch wenig räumliches Bild
Schwarzwert deckend und transparent
in einigen dunklen Szenen Rauschen und digitale Artefakte
kein auffälliges Filmkorn
Bis auf einige kleinere Schönheitsfehler bleibt der Bildtransfer
immer auf hohem Niveau und bietet ein zeitgemäßes
HD-Erlebnis.
Tonqualität:
Deutsch DTS-HD Master Audio 7.1
geschlossenes und kraftvolles Stereopanorama
räumliche und differenzierte Surroundeffekte
Dialoge immer klar verständlich
Subwoofer kommt nicht zum Einsatz
Das teils unkonventionelle Sounddesign profitiert von der nahezu
perfekt abgemischten Tonspur. Von extrem hohen Tönen bis zum
tiefen Grollen der Hauptdarstellerin wird das gesamte Spektrum
eindrucksvoll abgebildet.
Ausstattung:
Making-Of (HD, ca. 25 Min.)
Hinter den Kulissen (SD, ca. 4 Min.)
entfallene Szenen (HD, ca. 5 Min.)
Kurzfilm (HD, ca. 6 Min.)
Kinotrailer (HD)
Einzig wirklich nennenswertes Extra ist das Making-Of, das einige
interessante Einblicke in die Produktionsphase des Films gewährt.
Hier schildern auch die Hauptdarsteller ihre Sicht der Dinge. Der
Kurzfilm hat nichts mit dem Hauptfilm gemein.
Fazit:
Bild und Ton leisten sich keine gravierenden Mängel, wobei der Ton
in diesem Fall höher zu bewerten ist. Der Film profitiert deutlich
von seinem exzellenten Sounddesign, welches mittels der
vorliegenden HD-Tonspur erstklassig transportiert wird. Das
Effektfeuerwerk eines Blockbusters sollte man hier allerdings nicht
erwarten.
The Woman ist nicht eindeutig dem Horrorgenre
zuzuordnen. Dafür nimmt sich der Film Zeit, um die psychologische
Komponente innerhalb der Familie und im Verhalten gegenüber dem
Opfer herauszuarbeiten. Dieser subtile Spannungsaufbau wird
differenziert und intensiv umgesetzt, dürfte viele Horrorfans, die
mit anderen Erwartungen an den Film herangegangen sind, aber
überfordern. Das blutige und nicht zuletzt überraschende Finale
entspricht in dieser Hinsicht noch am ehesten dem reißerischen
Cover der Blu-ray. Freunde anspruchsvoller Unterhaltung kommen in
den Genuss eines vielschichtigen Thrillers, den man nicht so
schnell vergisst.
Kurzbewertungen:
Story: 8/10
Bild: 8/10
Ton: 9/10
Extras: 4/10
Gesamt*: 7/10
* In der Gesamt-Bewertung wird die
Story nicht berücksichtigt.Kaufempfehlung: 8/10
Die Kaufempfehlung der The Woman
Blu-ray wird anhand der technischen Bewertung und unter
Berücksichtigung der Story berechnet.Testgeräte:
TV: Pioneer PDPLX5090 (50“) (kalib.)
BDP: Pioneer BDPLX71
AVR: Pioneer SCLX81
Lautsprecher: B&W 803S (Main), Teufel M500 (Surround)