Lolita
Story 7
Bild 7
Ton 6
Extras 1
Gesamt 5
Humbert Humbert ist ein Ekel: Er heiratet die verarmte Charlotte
Haze, um sich seiner wahren Begierde, deren frühreifer Tochter
Lolita zu nähern. Stanley Kubrick hat aus der höchst umstrittenen
Romanvorlage Vladimir Nabokovs eine stark entschärfte
Tragik-Komödie geschaffen, die 1962 dennoch auch an den Kinokassen
Kontroversen auslöste. Jetzt liegt erstmals die hochauflösende
Fassung des Filmes vor, um ihre Verführungskunst an
High-Definition-Fans des neuen Jahrtausends zu erproben.
Story
Grossansicht
Den Engländer Humbert Humbert (J. Mason) zieht es in die USA, wo er
in New Hampshire die verarmte Charlotte Haze (S. Winters) ehelicht.
Eigentlich gilt sein Interesse jedoch deren frühreifer Tochter
Lolita (S. Lyon). Humbert hat sich unsterblich in die 14jährige
verliebt, kann diese Obsession aber weder ausleben noch fallen
lassen. Charlotte entdeckt erst nach der Heirat die geheime
Leidenschaft des ihr gegenüber kalten Ehemannes und wird als
Konsequenz des darauf folgenden Gefühlsausbruches von einem Auto
überfahren. Diese Situation scheint für Humbert die ideale
Ausgangslage zu sein, um sich endlich im Geheimen Lolita zu nähern.
Jene ist jedoch nicht auf den Kopf gefallen und keineswegs der
naive Teenager, den Humbert in ihr zu sehen scheint, so dass die
beginnende ungleiche Beziehung der beiden nicht von langer Dauer
sein kann.
Stanley Kubrick wusste um die schwierige Verfilmbarkeit der
kontrovers diskutierten Vorlage von Autor Vladimir Nabokovs, die in
den USA erst nach wärmsten Kritiken Graham Greenes einen Verleger
fand. So erhöhte der Regisseur das Alter der im Roman zwölfjährigen
Lolita auf 14 und besetzte mit Sue Lyon eine Darstellerin, die zwar
einen mädchenhaften Charme ausströmt, aber bereits erwachsen wirkt.
Zudem erscheint Humbert in der Romanvorlage generell als
Pädophiler, der bereits vor der Begegnung mit Lolita junge Mädchen
begehrte. Im Film beschränkt sich diese Obsession auf Lolita
allein. Obwohl Nabokov das Drehbuch für die Verfilmung lieferte,
entschied sich Kubrick für eine starke Überarbeitung und schrieb
weitere Details um. Etwa gedenkt er dem im Roman eher
unbedeutenden, älteren Liebhaber, Clare Quilty, brillant gespielt
von Peter Sellers, eine wichtigere Rolle zu. Auf diese Weise rückt
er in den Fokus, dass nicht nur Humbert Interesse an jüngeren
Mädchen / Frauen hegt, sondern auch Lolita ältere Männer vorzieht.
Dies entschärft die Dynamik der Charaktere. Zudem wirkt der im
Roman schlicht ekelhafte Humbert im Film wesentlich menschlicher,
da viele seiner negativen Charakterzüge, wie sein allgemein
gestörtes Verhältnis zu Frauen jeglichen Alters, zwar erhalten
bleiben, aber zurückgefahren werden. Selbst an der Struktur der
Handlung nahm Kubrick Veränderungen vor und verlegte etwa eine der
Schlussszenen des Buches an den Anfang des Films, um die Charaktere
besser ins rechte Licht rücken zu können.
Grossansicht
Trotz aller Kniffe bereute der Regisseur im Nachhinein den Film, da
er laut eigenen Aussagen durch strenge Auflagen limitiert wurde und
somit die aus dem Buch bekannte erotische Beziehung zwischen
Humbert und Lolita nur andeuten konnte. Im Film musste sich Kubrick
auf die psychologische Komponente des Verhältnisses zwischen
Humbert und Lolita beschränken, was der Geschichte laut Kubrick zu
viel an dramatischer Wirkung nahm. Wer die schwierige Buchvorlage
nicht kennt, wird sich daran aber kaum stören: Auch heute noch ist
Kubricks Lolita eine sehr gute Verfilmung eines schwierigen Themas,
die der Regisseur auf gewohnt hohem Niveau inszeniert. Tatsächlich
fehlt dem Film allerdings noch die Perfektion späterer Klassiker
wie 2001: Odyssee im Weltraum oder Uhrwerk Orange, so dass der Film
zwar gekonnt unterhält, dank seiner unsympathischen Hauptfigur aber
nicht zu wiederholtem Genuss einlädt.
Bildqualität
Technik: Videocodec MPEG-4 AVC, Ansichtsverhältnis 1,66:1,
Auflösung 1080p Mit Casablanca und Die Spur des Falken hat Warner
bewiesen, dass sie genau wissen, wie man Schwarz-Weiß-Filme für
Blu-ray aufbereitet. Zwar erreicht Lolita nicht das Niveau jener
Referenz-Titel, das ist aber aufgrund von Kubricks Stil auch gar
nicht möglich. Dennoch hat man es hier mit einer guten
Katalog-Veröffentlichung zu tun: Der beinahe 50 Jahre alte Film ist
zwar manchmal relativ weich anzuschauen, überzeugt aber insgesamt
mit einem guten Schärfeeindruck.
Auch die Kontrast- und Schwarzwerte, für Schwarz-Weiß-Material
besonders entscheidend, sind sehr gut. Das Filmkorn variiert von
Szene zu Szene, ist aber nie aufdringlich und passt zur Atmosphäre
der schwarzhumorigen Tragik-Komödie. Leider hat Warner den 150
Minuten langen Lolita, genau wie den zeitgleich erschienenen Barry
Lyndon, auf eine BD-25 gequetscht, so dass vereinzelt leichte
Kompressionsspuren auftauchen. Überraschend: Wo man den Klassiker
Barry Lyndon unverständlicherweise im Bildformat beschnitten hat,
präsentiert Warner Lolita im Originalformat von 1,66:1, so dass die
Bildbewertung hier insgesamt trotz ähnlicher Aufarbeitung deutlich
besser ausfällt.
Tonqualität
Grossansicht
Technik: Deutsch (Dolby Digital 1.0), Englisch (DTS-HD Master Audio
1.0), uvm. Der deutschen Monospur merkt man ihr Alter an: Besonders
die Stimmen sind etwas dumpf und man hört stets ein leises, aber
nie störendes Hintergrundrauschen. Die Dialogverständlichkeit ist
sehr gut, während man bombastische Soundeffekte von diesem
dialoglastigen Film aus dem Jahr 1962 natürlich nicht erwarten
darf. Für sich genommen, besonders das Alter des Films in Betracht
gezogen, ist die Tonspur recht gelungen und beispielsweise besser
als Warners Monospur für den 20 Jahre jüngeren Excalibur. Der
verlustfreie englische Ton bringt gegenüber der deutschen Spur
zugleich Mehrwert wie Abzüge in der B-Note mit sich: Der
Original-Ton punktet mit mehr Dynamik, dafür ist das aus der
deutschen Variante bekannte Hintergrundrauschen lauter. Trotzdem
ist auch diese Spur für einen älteren Katalogtitel in Ordnung und
dem dialoglastigen Material angemessen.
Ausstattung
Bis auf den US-Kinotrailer in Standardauflösung enthält die Blu-ray
zu Stanley Kubricks Lolita leider keinerlei Extras
Fazit
Grossansicht
Die gealterte Lolita verführt auf Blu-ray mit guter Bildqualität im
Originalformat. Einzig Warners Entscheidung den 150 Minuten langen
Film auf eine BD-25 zu quetschen, erweist sich als Fehler, der für
leichte Kompressionsartefakte sorgt. Die Tonspur in Mono lässt
heute zwar kein Herz mehr schneller schlagen, ist dem Material aber
durchaus angemessen. Bei den Extras enttäuscht dieser Katalogtitel
mit einem einsamen Kinotrailer in SD. Aus der kontroversen
Buchvorlage hat Stanley Kubrick eine Tragik-Komödie mit schwarzem
Humor gemacht, die als zeitlose Geschichte auch heute zu überzeugen
weiß. Sensibel entschärft der Regisseur die wohl sonst
unverfilmbare Handlung um den Pädophilen Humbert Humbert und die
frühreife Lolita dahingehend, dass der Film deutlich harmloser
unterhält als die Buchvorlage. Insgesamt ist die Blu-ray sowohl
Kubrick-Fans als auch Liebhabern der Literatur-Vorlage ans Herz zu
legen – besser ausgesehen und geklungen hat dieser bissige Film
jedenfalls noch nie. (anw)
Kaufempfehlung6 von 10
Die Kaufempfehlung der Lolita (1962) Blu-ray wird anhand der
technischen Bewertung und unter Berücksichtigung der Story
berechnet.
Testgeräte
Sony Bravia 46 W 4000
Onkyo TX SR 606
Heco Victa 5.1 Komplett-Set
Playstation 3