Ich habe mir gestern Avatar angesehen, für mich ist er kein
Meisterwerk, aber auch kein fleischgewordener Alptraum. Ich habe
mich im Kino wohl gefühlt und war gerne (beobachtender) Teil der
Welt, denn vieles auf Pandora ist toll umgesetzt bzw. unterstützt
den Eindruck: Farbgebung, Bewegungen, Sprache, Explosionen, Höhe
(Tiefe), Score (mit einer Ausnahme), Maschinen, Pflanzenwelt
(gerade die Nächte waren traumhaft schön anzusehen), die
Schlümpfe...
Gleichzeitig offenbaren Charakterzeichnung, Spannung, Tierwelt,
Schnitt, Story und Info-Detailfülle aber Defizite, die so nicht
hätten sein müssen und nicht jedem gefallen werden. Mir jedenfalls
nicht.
/Charakterzeichnung: die "Guten" sind halbwegs nachvollziehbar und
handeln auch so, vor allem Sigourney Weaver hat mir gefallen, bei
den Bad Guys sieht die Sache aber schon ganz anders aus, die
Schauspieler setzen das Sandkorn-Drehbuch so gut wie möglich um,
ihnen gebe ich also nicht die Schuld, aber es funktioniert nicht,
sie sind weder nachvollziehbar in ihrem Zustand, noch ihrer
"Entwicklung". Schade.
/Spannung: einigen ging es (wie man lesen konnte) scheinbar ähnlich
wie mir, es passiert einfach nichts (zumindest nichts was nicht
abzusehen war), das spannende war die Welt, nicht das sich
bewegende Leben in ihr. Jedes Konfliktpotential erstickt sich
selbst im Keim, bspw. durch Toleranz, Akzeptanz, Liebe, Heldentum,
Macht, dies aber ohne erkennbare bzw. fühlbare Entwicklung.
/Tierwelt: mir waren die Viecher zu einfallslos und ähnlich (es gab
aber auch Ausnahmen, die seltsam fliegenden Echsen (!?) zum
Beispiel), auch verstehe ich die 6 Gliedmaßen nicht, alles lebende
Getier scheint so aufgebaut zu sein, nur die Ureinwohner nicht.
Theoretisch gibt es nur eine halbwegs logische Erklärung dafür, die
Ureinwohner sind ebenfalls Aliens.
/Schnitt: mir war vieles zu abgehackt und die an sich tollen
Bewegungen fand ich dadurch sehr gestört, ein paar längere
Aufnahmen wären auf einer Welt im Fluss günstiger gewesen, man
hätte hier ja einen schönen Kontrast zur "normalen" Welt schaffen
können, hat man aber nicht.
/Story und Info-Detailfülle: erstmal das Gute im Schlechten, mir
war der Film zu kurz, 25 - 35 Minuten mehr, hätten (richtig
ausgefüllt) dem Film deutlich mehr Tiefe verleihen können. Ich
meine das jetzt nicht nur auf die Story und die Charaktere bezogen,
sondern auch auf die Details.
Wie lang ist bspw. ein Pandora-Tag? Wie funktioniert dieser
Hirnfortsatz? Was war mit der Schule? Wie ist die Gesellschaft der
Zukunft aufgebaut und wer hat dort eigentlich das sagen? Wieso gibt
es keine Reporter? (mir kann niemand erzählen, dass so ein
Mammutprojekt nicht argwöhnisch beobachtet wird) Wieso gehen die
Ureinwohner mit Kriegern "besser" um, als mit Forschern? (passt ja
eigentlich nicht zu ihrer Lebensweise)... und so weiter (vielleicht
wurde ja aber auch einiges erklärt und ich hab´s nur nicht
mitbekommen^^)
Fazit: ich habe den Kinobesuch nicht bereut und empfehle den Film
allen, die gerne eine "andere" Welt erleben möchten, allen Anderen
empfehle ich die Erwartungen und Ansprüche im Idealfall
zurückzufahren, auch wenn dies der Hype nur schwer zulassen
wird.
Gruß Jack