Wir schreiben das Jahr 1997. Einer der größten Videospielhelden der
Welt soll zu seinem gefeierten Vorgänger einen Nachfolger bekommen.
Dann vergingen die Jahre. 1998 kam und ging. 1999 sollte an sich
das Jahr sein in dem das größte Game aller Zeiten das Licht der
Welt erblicken sollte. Auch dieses ging vorüber. Im Jahr 2000
wechselte die Entwicklung von der Quake II Engine auf die damals
neuartige Unreal Engine. 2002 wurde das Projekt komplett neu
gestartet. Der damalige Lead Designer George Broussard kam täglich
mit neuen Ideen ins Büro die ins Spiel kommen sollten. Im Jahr 2007
wurde endlich ein Teaser präsentiert. Danach wurde das Projekt erst
mal eingestellt. Im Jahr 2009 wurde das Entwicklerstudio (3d
Realms) aufgelöst und ein anderes Studio (Gearbox) übernahm die
Rechte und entwickelte dieses Vaporgame (Gewinner 2000, 2001, 2002,
2005, 2006, 2007 und 2008) zu Ende um schlussendlich, nach 14
Jahren Entwicklungzeit, das beste Game aller Zeiten am
10.06.2011 auf den Markt zu bringen. Der Name des Spiels?
Duke Nukem Whenever Forever.
Warum habe ich diese Einleitung für
Die letzte Fahrt der
Demeter gewählt? Weil der Duke nun entthront wurde und wir
mit satten 20 Jahren Produktionshölle ein neues Vaporware-Produkt
auf dem Thron sitzen haben. Ja richtig
The Last Voyage
of Demeter wurde zum ersten Mal im Jahr 2003 angekündigt.
Die Grundidee blieb dabei immer gleich. Die Verfilmung der ca. 20
Seiten aus dem Bram Stoker Roman
Dracula welche
die Überfahrt des Grafen von Varna nach London beschreibt. Aber
hinter den Kulissen wechselte alles durch. Studios (z.B. Phoenix
Pictures), Regisseure (z.B. Marcus Nipsel) und auch Schauspieler
(z.B. Noomi Rapacke oder Sir Ben Kingsley). Ich selber bin seit der
ersten Stunde dabei. Heißt als 2003 zum ersten Mal die Newsseite
Blairwitch.de über das Projekt berichtete. In meiner jährlichen
Kinovorschauliste ist das Ding das 20 Jahren drin und nun endlich
konnte ich den Film tatsächlich auf der großen Leinwand erleben.
Ich habe zeitweise nicht mehr dran geglaubt diesen Film jemals zu
Gesicht zu bekommen.
Worum gehts? Wie beschrieben wird die Handlung aus dem Roman mit
der Überfahrt von Dracula nach London gezeigt. Dabei ist das Schiff
der titelgebende Ort der Handlung. Die Demeter. Interessant ist das
dies in einem großen Flashback gezeigt wird, nachdem die
gestrandete Demeter und mit ihr das Kapitänstagebuch gefunden
wurde. Dort drin ist beschrieben was in den vier Wochen der
Überfahrt an Bord passiert ist. Jeder der
Dracula
gelesen hat weiß natürlich was passiert und wie das ganze ausgeht.
Somit nimmt der Film mit dem Opening natürlich das Ende vorweg aber
es ist nun mal auch keine Überraschung. Die Handlung konzentriert
sich dann voll und ganz auf das 10-kleine-Negerlein-Prinzip welches
an Bord gespielt wird.
Die erste große Überraschung für mich war wie gut der Film
aussieht. Der Hafen in Varna und die ersten Shots über die Demeter
sind schon beeindruckend. Und ja natürlich ist der Hafen CGI aber
hier floss vernünftig Geld rein das es wirklich wie eine gebaute
Kulisse aussieht. Höchstens durch das Gegenlicht am Horizont sieht
man das es künstlich ist. Dann sind die Kostüme und Ausstattung
wirklich gut. Alleine die 15 Kisten um die es geht. Da wurden
wirkliche Kisten zusammengezimmert und mit Erde gefüllt. Disney
hätte das sicherlich alles am PC gemacht. Nein man fühlt sich
sofort ins Jahr 1897 zurück versetzt und dieser Detailgrad ist
immens wichtig um wirklich in den Film eintauchen zu können. Dann
haben wir einen sagenhaft guten Score der den ganzen Film trägt und
untermalt. Beides sind Dinge die mittlerweile leider nicht mehr
selbstverständlich sind und es werden ja leider nur noch ganz ganz
wenige Filme dieser Machart überhaupt gedreht. Umso größeren
Respekt das es mehreren Studios gelang diesen Film schlussendlich
doch noch zu drehen. Ja im Opening sieht man neben Universal
Pictures noch andere Studios die beteiligt sind und teilweise wurde
der Film auch in den Babelsberg Studios gedreht.
Dafür wurde dann beim Cast gespart. Ich kannte nicht eine einzige
Person da auf teure Stars komplett verzichtet wurde. Trotzdem
spielen die alle solide ihre Charaktere runter. Niemand nervt und
bis auf vielleicht die Tatsache das man in so einer Situation
natürlich sofort das ganze Schiff ZUSAMMEN durchsuchen würde gibts
auch keine dummen Drehbuchentscheidungen. Der farbige
Hauptdarsteller passt auch rein (hatte hier ein wenig wegen
Diverstät Angst) aber zum einen wird es erklärt warum überhaupt ein
Farbiger in so einer Position sein kann (er ist Arzt) und zum
anderen entwickelt man schon Sympathie zu ihm. Und fand ich das
Mädel erst etwas deplatziert so macht es natürlich aus Dracula's
Sicht schon Sinn das es sie gibt. Schlussendlich ist sie etwas zu
stark dargestellt da sie an ja nur die Jungfrau in Nöten zu sein
hat. Aber nun gut ich bin da viel viel viel schlimmeres von
Woke-Disney gewöhnt weswegen ich hier auf dem Niveau komplett damit
klar komme. Einzig der kurze Satz bzgl. Farbige und das sie bei der
Jobsuche diskriminiert werden war vollkommen überflüssig. Aber um
es ganz klar zu sagen: Der Film ist
KEINE
Wokeshow. Nur ich bin an der Stelle mittlerweile so sensibilisiert
das es sofort auffällt wenn so was kommt.
Kommen wir dann mal zum Star des Films: natürlich Dracula. Das
Creature Design ist fabelhaft. Stark ans ursprüngliche Design in
Nosferatu (1922) angelehnt auch wenn es
leider nur die eine Gestalt ist. Klar wird ein bissl was verändert.
Anfangs noch recht schwach, später sehr stark und mit Flügeln. Und
auch die Stürme und die Nebelbank am Ende deuten ja an das Dracula
über das Wetter herrschen kann. Trotzdem hätte ich mir einmal das
Design des "klassischen" Grafen gewünscht. Hier ist Dracula
wirklich nur ein Raubtier und wird komplett animalisch dargestellt.
Auch sein Sprachschatz begrenzt sich auf ganz wenige Worte.
Nun ein leichter Spoiler zu
Ende:
SPOILER! Inhalt
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Irgendwie musste versucht werden doch noch ein
kleines Happy End zu genieren auch wenn das an sich Quatsch ist.
Mir gefiel es trotzdem und es macht auch nicht den Roman kaputt.
Gerade hier hätte man aber wirklich den klassischen Dracula bringen
können, zumal Frack, Hut und Stock ja verwendet wurden. Und durch
das Ende könnte man nun noch einen alternativen Handlungsstrang
abseits des Buchs kreieren weil das Ende so ja offen ist. Mangels
Einspiel wird DAS aber sicherlich nicht mehr passieren.
Fazit:
Ich bin als Vampir- und vor allem Draculafan glücklich das dieser
Film am Ende wirklich entstanden ist. Wer klassisch gothische
Vampire und vor allem die Bram Stoker Geschichte mag sollte sich
den Film auf jeden Fall anschauen. Er zerstört in keinster Weise
den Roman und zeigt nun endlich mal expliziter was auf der Demeter
passiert ist. Mit 119 Minuten ist er allerdings 15-20 Minuten zu
lang geraten was man an der einen oder anderen Stelle merkt. Dafür
entschädigen wieder die praktischen Effekte. Jede Wunde und jede
Verletzung sieht echt übel aus, auch wenn mit seiner FSK 16 jetzt
nicht übermäßig das Blut spritzt. Das härteste ist wohl noch ein
kurzer Shot eines rausragenden Knochens aus nem gebrochenen Bein.
Leider leider leider (und das ist mein größter Kritikpunkt) ist der
Film nicht sonderlich spannend geworden. Man erschrickt nicht und
auch insgesamt ist der Film nicht gruselig. Trotz der dichten
Atmosphäre hat man nie das Gefühl das es jetzt übermäßig spannend
wird. Kann natürlich auch daran liegen das man ja weiß was passiert
und wie es ausgeht.
Grundsätzlich finde ich gut das wir nun in 2023 zwei
Dracula-Verfilmungen haben (diese hier und
Renfield) die unterschiedlicher nicht sein
könnten, Freunde des Blutsaugers aber gefallen dürften. Gerade
in Bezug darauf das der Graf in den letzten Jahren vermehrt durch
Abwensenheit im Kino glänzte. Immerhin sind die Zeiten gitzernder
Emos vorbei.

Gerne mehr davon auch wenn beide
Filme leider weit hinter ihren Erwartungen zurückblieben und
bleiben. Ich hoffe nicht das es deswegen jetzt erst mal wieder mit
Vampiren gewesen ist. Insgesamt gibts sehr gute
8 von 10 Bluttransfusionen
Stefan Raab ist der Stinkefinger des aktuellen
Zeitgeists
