Was geht denn hier ab? Direkt drei Leute die meine Review fordern?
Sehr cool. Schreibe das ja meistens einfach aus Lust und Laune so
für mich runter. Aber dann will ich mich mal nicht Lumpen
lassen.
Aber wie geht man an so einen Film noch halbwegs objektiv ran? Wir
sprechen hier immerhin vom Nachfolger des erfolgreichen Films aller
Zeiten. Ich fange mal mit meinem Fazit an: der Film ist eine
audiovisuelle Wucht von einem Film!!! Wer wirklich gar nichts
wissen will hört jetzt auf zu lesen, zieht sich das Ticket und
macht für 3 Stunden und 12 Minuten Urlaub auf Pandora, verstanden
Marine!? Alle anderen kriegen ne leicht spoilerhafte Kritik. Ich
warne aber vorher und setze die Passagen auch in Spoiler.
Cameron. James Cameron. Der vielleicht letzte seiner Art. Seine
Vita? Einzigartig. Sein Lebenswerk? Legendär. Seine Heimat? Das
kühle Nass. Alles was er aus
The Abyss (Wasser),
Terminator (CGI) und
Titanic (praktische Effekte) an
Handwerkskunst gelernt hat setzt er in seiner (wahrscheinlich)
letzten Filmsaga ein. Er treibt Kino voran, revolutioniert es und
geht dahin wohin vor ihm noch niemand gegangen ist. Cameron
übertrifft nur Cameron und
Avatar (hier als
Franchise genannt) wird am Ende der Saga sein Magnus Opus sein.
Verrückt daran ist das wir seit über einer Dekade die Technik, die
Künstler, die Macher und das Wissen haben, aber wir haben nach 2009
nicht EINEN Film auf der Leinwand erleben dürfen der auch nur im
Ansatz an die Welt von Pandora herankommt. Da können so viele
Star Wars und
MUC's und
DCEUs kommen. Gegen Pandora sieht das alles nach
Grundstudium Film erstes Semester aus. Da der Film leider in allen
möglichen Versionen läuft (2D, 3D, 3D HFR, IMAX) kann ich jedem nur
empfehlen den Mehrpreis zu zahlen und mindestens 3D zu wählen. Ich
hatte eine 3D HFR-Vorstellung und jeder Cent dafür ist gut
angelegt. Die Tiefenwirkung des 3D ist genauso geil und
unübertroffen wie beim 2009er Avatar. Das was uns damals die
Kinnlade hat runterfallen lassen ist heute wieder genauso. Dazu
dann die Pop-Outs. Mir ist kein Film bewusst der beide 3D-Welten so
miteinander verbindet. Und bis auf
My Bloody Valentine
3D kann ich mich an keinen Film mit wirklich guten
Pop-Outs erinnern. Bei
Avatar ist man die ganze
Zeit mitten im Film. Luftblasen, Vegetation, Gegenstände... alles
ist um einen drum herum bzw. manchmal vor und manchmal hinter dem
eigenen Auge. Schwer zu beschreiben aber in einigen Szenen hat man
total verwaschen einen Gegenstand im Vordergrund weil dieser
Gegenstand nun mal direkt vor einem ist und die Schauspieler viel
weiter hinten im Bild. Und schaut man dann etwas weiter links oder
rechts in den Saal sieht man Tropfen oder pandorianische Fauna über
den Zuschauern. Das alles aber super dezent eingesetzt und auch nur
da wo es einen wirkliche Mehrwert hat. Wahrscheinlich sind da schon
einige Jahre an Postproduktion für drauf gegangen.
Der zweite technische Aspekt ist dann die High Frame Rate (HFR) die
wir auch schon bei der
Hobbit Trilogie hatten und
die ich immer Porno-GZSZ Optik nenne. Einfach weil es nicht das
natürlich Filmbild ist was wir seit unserer Kindheit kennen. Beim
Hobbit gefiel es mir gar nicht, bei
The
Way of Water kam ich hingegen sehr gut mit zurecht. Ja es
fällt stark auf, gerade weil nicht jede Szene in dieser hohen Frame
Rate gedreht ist und man so immer wieder wechselt. Aber es fügt
sich organisch in den Film ein und wirkt zu keiner Zeit als
Störfaktor. Das in Zusammenspiel mit dem 3D-Effekt und dieser
farbenprächtigen, einzigartig inszenierten Welt ist etwas das man
so noch nie gesehen hat und wohl auch bis Teil 3 nicht sehen wird.
Das ist Kino. Dafür werden große Leinwände gebaut. Das ist nichts
was man zu Hause im Stream auf seinem popeligen 85 Zöller (Vorsicht
Sarkasmus) erleben sollte.
Und dann kommen wir zum dritten technischen Aspekt den ich etwas
unterteile. Ich hatte Angst das man Unterwasser nicht so gut
hinbekommt weil es nun mal kein unsichtbares Medium wie Luft ist
und die Schauspieler ja dort irgendwie schauspielern müssen. Oh was
habe ich an Camerons Schaffenskraft gezweifelt. Ist alles über
Wasser schon ein Augenschmaus, übertrifft sich der Großmeister
unter Wasser nochmals. Der kam doch durch ne Wassergeburt zur Welt.
Kann mir doch keiner erzählen so wie er dieses Medium liebt. Ich
kann verstehen wenn dem einen oder anderem von der Schönheit die er
da kreiert hat eine Träne über die Wange kullert. War der Wald von
Pandora schon herrlich so übertrifft er dies mit seiner
Unterwasserwelt nochmals. Hier sieht man den technischen
Fortschritt in der CGI-Welt der letzten 13 Jahre. Atemberaubend.
Und der andere Teil betrifft die Tricktechnik. Ich gehe nicht
soweit zu sagen das er
Titanic nochmals sinken
lässt aber die Anleihen sind unverkennbar und was er bei
Titanic gelernt hat, wendet er hier im Finale an.
Grandios, actionlastig und spannend.
Bis dato bin ich nur auf die Tricktechnik eingegangen. Klar dies
ist ja auch der Elefant im Raum wovon die beiden Filme wirklich
leben. Man darf aber auch nicht die Audiosprache unterschätzen. Der
Score ist eine Weiterentwicklung des I See You Scores aus Teil 1
und trägt den Film sehr sanft. Wenn es zur Sache geht werden die
Actionszenen aber mit wummernden Tönen untermalt und alles passt
perfekt in ein Gesamtbild. Herrlich choreografiert. Einfach ein
Fest für Augen UND Ohren.
Und nun kommen wir leider zum großen negativen Aspekt und warum der
Film mich am Ende NICHT aus den Socken gehauen hat: alles andere!
Ihr werdet Euch jetzt fragen was ist denn jetzt mit dem Belphegor
los? Grad lobt er alles in einer Tour und nun das? Ja. Denn zu
einem Film - gerade einem Sequel - gehört eine vernünftige
Storyweiterentwicklung. Scheiße was hat er bei
Terminator
2 und
Alien 2 einfach alle Gesetze des
Erstlings entweder gebrochen, umgedreht oder weiterentwickelt um
daraus dann einen noch größeren Film als den Vorgänger zu machen.
Ich liebe
Terminator. Ich liebe
Alien. Die jeweiligen Nachfolger schaue ich mir
aber trotzdem lieber an weil sie mir einfach viel mehr bieten. Und
das hatte ich bei der Erstsichtung
Avatar 2 nicht
und wird wahrscheinlich bei vielen Kritikern ein Manko werden. Ja
dem Erstling wurde diese "Pocahontas" Story angekreidet. Was aber
in meinen Augen gar nicht schlecht ist da es nun mal ein frischer
erster Teil war der sich nur einiger Elemente aus vorhandenen
Sachen bedient hat. Bei
Avatar 2 wird jetzt aber
genau das selbe nochmal wiedergekaut.
Nur leichte Spoiler was man sich auch aus den Trailer zusammen
setzen kann und in jeder Inhaltsangabe zu finden sein wird:
SPOILER! Inhalt
einblenden
Die Himmelsmenschen sind plötzlich Jahre
später wieder zurück (wer hätte es gedacht) und haben wieder das
selbe Ziel. Nur diesmal mit mehr Wumms. Dann gibts sofort einen
einjährigen Zeitsprung wo wir nur erfahren das die Navi mit
Guerillataktikten es den Himmelmenschen schwer machen. Aber es gibt
keinen großen Krieg was unlogisch ist wenn man die Geschehnisse aus
Teil 1 zugrunde legt. Als nächstes gefällt mir nicht das
anscheinend jeder Tote aus Teil 1 plötzlich auch wieder da ist. Ja
es wird erklärt wie aber ich finds keine gute Storyentscheidung.
Und dann wird es mit den verschiedenen Kinder-Konstellation sehr
krude. Ich meine WER hat sich das denn bitte ausgedacht (Kiri und
Spider)? Und darunter leidet dann auch noch immens die Screentime
der liebgewonnenen und überlebenden Nebencharaktere aus Teil 1. Ich
meine die beiden Wissenschaftler die wirklich nur noch ganz am
Rande auftauchen. Das hängt damit zusammen da sich der ganze
Film komplett um Sullys Familie dreht und es jetzt plötzlich nur
noch eine Privatdfehde gibt (Faceplam). Und damit fangen dann
leider die Logiklöcher an.
Hier nur zwei Beispiele für richtig dicke Logikpatzer
(VORSICHT HEAVY
SPOILER):
SPOILER! Inhalt
einblenden
- Sullys Familie flieht und taucht in
einem anderen Clan unter. Okay. Aber was passiert denn mit dem
Hauptproblem das die Himmelsmenschen munter den Wald roden und
Sullys Stamm ja weiterhin mit denen zu tun hat? Sieht man
nichts mehr von.
- Im Finale hilft der Wasserstamm Sully ja seine Kinder zu retten.
Mitten im Kampf ist aber plötzlich nur noch Sullys Famile und die
Freunde da. Wo ist denn der ganze Rest (vor allem der Krieger
Anführer) hin?
An diesen zwei Beispielen merkt man immens das nicht so wirklich
tief über Story bzw. auch Kontinuität nachgedacht wurde. Mir fehlte
immer irgendwo irgendwas, was mich am Ende dann unbefriedigt zurück
ließ. Insgesamt ist der Film auch etwas zu lang und trotzdem wird
eine Handlung nach der anderen irgendwie durchgepeitscht. Wald >
Wasser > persönliche Entwicklung einiger Figuren > Finale
> Fertig. Das war mir alles entweder zu schnell oder zu wenig
oder zu fehlerhaft und an anderen Stellen wiederum etwas zu
langatmig. Man merkt es auch daran das man viel mehr Zeit mit den
Kindern verbringt anstatt mit Netiri und Sully was ja an sich die
Hauptdarsteller sind. Grad Zoe Saldana hat bei weitem nicht die
Rolle die sie in Teil 1 hatte. Ich hatte immer das Gefühl das ab
und zu der Fokus verloren ging. Und dann immer wieder "die EINE
Message in Fresse gedrückt bekommen". Natürlich ist das schon hart
zu sehen wie die "Walfänger" da vorgehen und es soll sicherlich
auch etwas in uns auslösen. Aber so stumpf das reingedrückt zu
bekommen ist für mich dann leider etwas lieblos und am Ende zu
plump. Und wenn einem klar wird wie das Finale aussieht und
das da gar nicht so viel mehr kommt dann merkt man eben auch das
der Gesamtplot nun auf mehrere Filme aufgeteilt wurde. Aktuell
scheint es eher ein Mittelteil einer Trilogie zu sein, obwohl Teil
4 & 5 ja schon geplant sind, es aber natürlich vom Erfolg grad
jetzt von Teil 2 abhängt ob es ein Quintett wird oder eine Trilogie
bleiben wird. Es wird gemunkelt das der Film erst bei 800 Mio. $
die schwarze 0 erreicht. Das wird er sicherlich. Ob er aber so ein
Phänomen wie Teil 1 werden wird und an die 3 Mrd. $ Grenze kommen
wird wage ich aktuell etwas zu bezweifeln. Und sollte er am Ende
sagen wir mal 1 Mrd. weniger einspielen als der 13 Jahre ältere
Teil könnte ich mir vorstellen das man im Hause Disney kalte Füße
bekommt und Cameron dann plötzlich doch noch Zeit bekommt um andere
Filme zu realisieren
Wie schaut also jetzt mein Fazit aus? Jeder Filmfan und jeder der
irgendwas mit
Avatar anfangen konnte hat die
verdammte Pflicht den Film im Kino zu sehen. Besseres, größeres und
spektakuläreres Popcorn-Kino wurde uns in der abgelaufenen Dekade
nicht geboten und wird auch erst mit Teil 3 so wieder zurückkommen.
Leider muss man über die Story hinwegsehen können, denn diese ist
wirklich verdammt dünn. Ist es Camerons bester Film? Bei weitem
nicht. Und dadurch ist es leider das erste Mal in Camerons
Vita das er mit einem echten Sequel (
Piranhas II
mal außen vor gelassen aber das hat er nicht verantwortet) nicht
den Vorgänger auf ALLEN Ebenen übertrifft. Ist es der beste Film
des Jahres? Tue ich mich aktuell auch schwer da dies für mich eher
Top Gun: Maverick ist. Das Ding hat mich einfach
so dermaßen überrascht das es nach so langer Zeit so ein gutes
Sequel kommen kann. Aber direkt dahinter würde ich
Avatar
2 zusammen mit
The Batman,
The
Menu und
Bullet Proof nennen. Also locker
Top 5, eher sogar Top 3 des Jahres bzw. den zweiten Platz den er
sich dann mit "ich bin Vergeltung" teilt. Will ich den Film nochmal
im Kino sehen? Ich bin unentschlossen. Nach Teil 1 hab ich mir für
die Folgewoche direkt die nächste Karte gezogen. Das Verlangen hab
ich hier jetzt nicht. Bin ich scharf auf Teil 3? Auf jeden Fall
weil ich natürlich weiter in Pandora unterwegs sein will und wissen
will wie es denn nun wirklich weiter geht. Hoffentlich dann aber
mit ein paar wirklichen Neuerungen und Storyfortschritten. Daher
kann ich aktuell nach Erstsichtung "nur"
8,5 von 10 Verbindungen zu Eywa
geben.
Stefan Raab ist der Stinkefinger des aktuellen
Zeitgeists