TEST: PES
2010
Nachdem „FIFA 10“ über den grünen Klee gelobt wurde (
Test hier lesen), viele Sachen richtig
macht und sich innerhalb kürzester Zeit vom verkorksten
Fußballspiel mit bärenstarker Lizenz zum
Konsolenfußball-Senkrechtstarter mit toller Spielbarkeit mauserte,
brechen wir eine Lanze für „PES 2010!.
Fußball-Religion
Doch auch wir können nicht die Glaubensfrage ein für alle Mal
beantworten, ob nun „FIFA 10“ oder „PES 2010″ besser ist. Denn
beide sind gleich gut. Jedes auf seine eigene Art und Weise.
Während ihr bei „FIFA 10“ ein rundes fußballerisches Komplattpaket
geboten bekommt, konzentriert sich PES 1010 auf einen einzigen
Punkt: Fußball. Im Kern hat das Konami-Gekicke viel mehr mit dem
realen Rasensport zu tun als das Konkurrenzprodukt aus dem Hause
Electronic Arts.
Warum ist das so? Nun, es liegt im Endeffekt nur an einem Punkt.
Die Konami-Entwickler sind aufgewacht, haben sich die vernichtende
Kritik aus dem letzten Jahr zu Herzen genommen und ruhen sich nicht
mehr auf dem Ruhm vergangener Jahre aus. Das Spiel geht – wir reden
nicht von der durchschnittlichen Demo-Version – wieder in Richtung
Pro Evolution Soccer (2001, PS2) und Pro Evolution Soccer 5 (2005,
PS2). Das heißt, „PES 2010″ ist wieder eine
Fußballsimulation.
Zurück zu den Wurzeln
Die Arcade-Ansätze aus den letzten beiden Jahren sind weg. Zum
Glück! Es reicht jetzt nicht mehr mit Messi die Abwehrspieler
schwindelig dribbeln oder mit Kaka vom eigenen Strafraum in den
gegnerischen zu rennen. Das ist kaum mehr möglich. Dafür sorgt die
Zonenverteidigung. Das ist kein justierbares Feature, sondern eine
Beschreibung für die clever funktionierende künstliche Intelligenz,
die fußballerisch denkt und offene Löcher in der Verteidigung
stopft, ein gutes Stellungsspiel macht und grundsätzlich die
einzelnen, CPU-gesteuerten Mannschaftsteile auf den Platz logisch
hin und her verschiebt.
Keine Dauer-Alleingänge mehr
War bei “PES 2008″ und “PES 2009″ der Wurm drin, da man mit einem
einzigen Top-Spieler (Messi, Kaka) ein Match entscheiden konnte und
das Spiel zu sehr deren Einzelfähigkeiten betonte, ist bei „PES
2010″ die Mannschaft der Star. Fußball ist und bleibt ein
Mannschaftssport – und das simuliert der neue Teil sehr gut. Zum
einen sorgt die bereits erklärte Zonenverteidigung dafür, dass
Solokünstler in die Schranken gewiesen werden, zum anderen
forcieren die neuen Mannschaftsstil-Schieberegler das
Teamplay.
Die Mannschaftsstil-Schieberelger (rechts). Damit bestimmt ihr das
Verhalten der Mannschaft von Inter Mailand auf dem Platz.
Funktionierender Teamplay-Gedanke
Die Schieberegler sind neben der Zonenverteidigung die wichtigste
Neuerung in „PES 2010″. Es gibt acht verschiedene Schieberegler.
Sie ermöglichen euch stufenlos das Verhalten des Teams
einzustellen. Damit tanzt die Mannschaft tatsächlich nach eurer
Pfeife. Man kann beispielsweise bei verloren geglaubten Matches
noch den Spieß umdrehen oder man kann gleich zu Beginn mächtig
Druck auf den Gegner ausüben - wenn man weiß, welche Regler man wie
verschieben muss.
Doch Konami hat die Funktionsweise im Menü viel zu kurz und viel zu
knapp erklärt. Tutorial-Videos oder umfangreichere Bildschirmtexte
hätten vermieden, dass man stundenlang herumexperimentieren muss,
bis man die Auswirkungen der Schieberegler vollends kapiert und die
Einstellung gefunden hat, mit der man rundum zufrieden ist.
Endlich wieder Spieltiefe
Während ihr mit den Schiebereglern das Verhalten eures Teams
festlegt, bestimmt ihr mit den Spezialfähigkeiten-Karten das
Verhalten der einzelnen Spieler. Das klappt wunderbar. Die Karten
lösen u.a. die Pfeile und Spezialfähigkeiten-Sterne von „PES 2009“
& Co. ab und bringen des Weiteren neue Funktion mit sich.
PES 2010: Die Spezialfähigkeiten-Karten (links) vom
AC-Mailand-Spieler Gattuso.
„PES 2010″ unterscheidet zwischen C-, P- und S-Karten. Mit den
C-Karten (jeder Kicker hat eine) definiert man, ob der Spieler sich
defensiv, offensiv oder ausgewogen verhalten soll. Die P-Karten
symbolisieren den individuellen Spielstil eines Spielers. Die
Karten aktiviert oder deaktiviert man auf Buttondruck. Damit
bestimmt ihr, wie sich der von der CPU kontrollierte Spieler
verhalten soll.
Ein wunderbares Beispiel liefert der argentinische Stürmer Diego
Militio ab: Dieser verfügt über die Spezialfähigkeiten-Karte
„Position”. Ist sie eingeschaltet, lauert er permanent an der
Abseitslinie. Ist sie ausgeschaltet, verhält er sich normal auf dem
Platz und bringt sich in den Spielaufbau mit ein.
Die S-Karten ersetzen die besonderen Spezialfähigkeiten-Sterne.
Geändert hat sich aber nichts. Das ist nach wie vor eine Auflistung
aller Fertigkeiten (Manndeckung, Schnelles Direktspiel,
Marseille-Roulette u.v.m.), die ein Spieler besitzt.
Was wollt ihr?
Klar, es gibt auch heuer keine Bundesliga-Lizenz, in der Champions
League vermisst man den FC Hollywood, den HSV und den VfL Wolfsburg
schmerzlich. Hier punktet „FIFA 10“ – und wird es auch die nächsten
Jahre weiterhin tun.
Doch wer „PES 2010″ und im Anschluss „FIFA 10“ spielt (oder
umgekehrt) wird merken, dass die Konami-Kickerei viel griffiger
ist, sich (fast) auf den Grashalm genau steuern lässt und generell
die bessere Spielbarkeit bietet. Es ist ein Ammenmärchen, dass
“FIFA” 10 sich besser spielt, wenn man sämtliche Hilfen
ausschaltet. Es wird dann total unspielbar.
Wer selbst mal Fußball im Verein gespielt hat oder es immer noch
tut, wird schnell merken, dass die künstliche Intelligenz bei „PES
2010“ zumindest im Ansatz mehr Fußball denkt als das EA-Pendant.
Die Laufwege der Spieler und das Verhalten der künstlichen
Intelligenz kommen in ihren Grundzügen an den realen Rasensport
heran. Hier hätten wir uns jedoch noch gewünscht, dass die anderen
Spieler dem Ball mehr entgegen laufen, wenn sie angespielt
werden.
Bewertung: 9.0
Wer ein Lizenzfeuerwerk haben möchte, holt sich „FIFA 10“ - keine
Frage. Nur dort gibt’s den FCB & Co und die Bundesliga. Wer
aber das bessere Fußballspiel in punkto Spielbarkeit haben möchte,
greift zu „PES 2010“. Wie in jedem Jahr ist hier alleine schon der
Mehrspieler-Modus ein 365-Tage-Spielspaßgarant. Kein Spiel und kein
Tor gleichen dem anderen. Das gibt’s nur bei „PES“. Außerdem tragen
die vielen Neuerungen dazu bei, dass das Spiel wieder mehr als in
den Jahren zuvor eine Fußballsimulation ist. Die Arcade-Ausflüge
der letzten zwei Teile sind somit passé – zum Glück. „FIFA 10“
bekam eine 9/10. Diese Wertung hat sich „PES 2010“ ebenfalls
redlich verdient. Doch wie eingangs erwähnt können wir die
Glaubensfrage nicht beantworten. Es liegt ganz an eurem Geschmack,
an euren Ansprüchen und natürlich an euren Bedürfnissen, welches
Fußballspiel besser zu euch passt. Amen!
System: Playstation 3
Vertrieb: Konami
Entwickler: Konami
Release: 22. Oktober 2009
USK: ohne Altersbeschränkung
offizielle Homepage: www.pes2010.com
Quelle:
www.play3.de