TEST: Need for Speed:
Shift
In der vergangenen Woche erhitzte „Colin McRae DiRT 2“ eure
Gemüter. Der Grund: Das Spiel stellte die Serie vollständig auf den
Kopf. Waren frühere Titel waschechte Rallye-Simulationen, kam „DiRT
2“ wie ein anspruchsvoller Arcade-Racer daher. „Need for Speed:
Shift“ geht den umgekehrten Weg!
Nachdem die letzten Teile der Serie allesamt im Genre-Mittelmaß
versanken, holte sich Electronic Arts mit Slightly Mad die
Spieleschmiede an Bord, die bereits mit „GTR“ den Asphalt zu
Brennen brachten. Eine verdammt gute Wahl - „Need for Speed: Shift“
spielt sich klasse, sieht super aus und lässt endlich wieder an das
Gute in der Serie glauben.
Die Fahrt geht los
Der Motor unseres rabenschwarzen Porsche heult kurz auf, als wir
vor dem Startsignal das Gaspedal antippen. Zuvor haben wir in der
Garage eine zusätzliche Nitro-Einspritzanlage eingebaut und ein
kleines Motoren-Tuning vorgenommen. Dann springen die Ampeln um –
wir treten das Gas bis in die Ölwanne durch. Der Wagen bricht
hinten kurz aus, doch schießt dann los. Noch bevor wir die erste
Kurve erreichen, sind wir bereits an zwei der zehn Gegner
vorbei.
Bei der Geschwindigkeit verschwimmt das Armaturenbrett in der
Cockpit-Perspektive. Wir bremsen ab und die Kamera nickt nach
vorne. Beim Einschlagen des Lenkrads kippt die Perspektive leicht
zur Seite weg. Dann ein Schlag. Der ganze Bildschirm vibriert. Ein
anderer Fahrer ist uns in die Seite gescheppert. Unser Porsche
schleudert herum. Kracht in einen Reifenstapel. Alles ist
verschwommen … und schwarzweiß. Erst nach einigen Momenten haben
wir uns erholt und blicken aus dem Kiesbett auf die Rennstrecke –
die anderen sind an uns vorbei gezogen.
Jetzt mit Abwrackprämie
Auch wenn unsere Tour in einem Crash endet, gibt sie dennoch das
intensive Fahrgefühl von „Need for Speed: Shift“ wieder. Selten
zuvor hat sich die Cockpit-Perspektive – dank Unschärfe-Effekten –
derart realistisch angefühlt. In rasend schnellen Boliden bekommt
man regelrecht Angst vor der Geschwindigkeit, wagt bei 250 km/h
kaum noch der Analog-Stick zu berühren. Dabei gelingt es dem Spiel
geschickt, die Mittelspur zwischen Realismus und Spielbarkeit zu
befahren.
Video:
http://www.play3.de/2009/09/15/test-need-for-speed-shift/
Sämtliche Fahrzeuge steuern sich anders, aber durchaus
wirklichkeitsgetreu. Dennoch kann man sie problemlos an die Grenzen
treiben, ohne ständig im Kiesbett zu landen. So spielt sich „Need
for Speed: Shift“ anspruchsvoll: Bremst ihr vor einer Kurve allzu
spät ab, landet ihr geradeaus im Sand. Erwischt ihr noch den
richtigen Moment, driftet ihr – ein wenig Fingerspitzengefühl
vorausgesetzt – gekonnt um die Kurve. So fordert das Rennspiel
stets höchste Konzentration – klasse.
Während uns die klassischen Rennen übrigens viel Spaß bereiteten,
nervten uns die Drift-Events. Die vorbereiteten Fahrzeuge brechen
viel zu schnell aus, sodass man übervorsichtig mit dem Gas-Button
hantieren muss. So ist es nur mit sehr viel Übung möglich, die
Drift-Karren auf der Straße zu halten – doof!
Das Schadensmodell ist in „Need for Speed: Shift“ ein wenig
halbseiden. Zwar tragen die Autos bei Zusammenstößen sicht- und
spürbare Macken davon, wir hätten uns mehr Auswirkungen durch
Crashes gewünscht. So haben wir es bis heute nicht geschafft, einen
Wagen komplett zu verschrotten oder auch nur die Windschutzscheibe
herauszubrechen. Die anderen Fahrer agieren auf einem ordentlichen
Niveau. Sie versuchen tunlichst, Unfälle zu vermeiden, kämpfen
dennoch um jeden Platz. Allerdings machen sie sehr selten Fehler,
sodass ihr euch jeden neuen Platz hart erarbeiten müsst.
Belohnungen für jedermann
Der umfangreiche Karrieremodus strotzt zwar nicht vor neuen Ideen,
würdigt aber jede eurer Leistungen. Schließlich wird man für
beinahe alle Aktionen im Rennen mit Erfahrungspunkten und kleineren
Badges belohnt. Rammt ihr euren Gegner von der Strecke gibt’s
Punkte. Fahrt ihr erfolgreich durch die Kurve ebenfalls. Auch wenn
ihr auf der Ideallinie bleibt, bekommt ihr welche
gutgeschrieben.
Im Anschluss an jedes Rennen erhaltet ihr dann Badges für eure
Fahrkünste und obendrein einen Rang gemäß eurem Fahrstil –
aggressiv oder präzise. Praktisch: Das System funktioniert nicht
nur im Karrieremodus. Auch im Online-Spiel oder freien Rennen
gewinnt ihr Bonuspunkte hinzu. Daneben sammelt ihr bei jedem Event
Sterne – für Platzierungen, Bestzeiten und die Anzahl der erzielten
EXP-Points. Mit ihnen schaltet ihr neue Strecken, Veranstaltungen,
Fahrzeuge und Tuning-Teile frei – nett.
Obwohl der Karrieremodus mit seinen vielfältigen Herausforderungen
Spaß macht, fehlte uns ein wenig die Atmosphäre. Es mangelt an
einem „persönlichen“ Bezug zu den namenlosen Konkurrenten und den
Veranstaltungen selbst. Dadurch wirkt die gesamte Karriere wie eine
Aneinanderreihung von Einzelrennen – mit den angesprochenen
Boni.
Auch die Garage ist mit rund 70 Autos nicht so prall gefüllt, dass
man in Sammeleuphorie ausbrechen könnte. Bereits nach kürzester
Zeit verdient man derart viele Prämien, dass man sich zum Start
jeder neuen Serie mindestens ein neues Vehikel zulegen kann. Hier
mangelt es trotz vieler Tuning-Möglichkeiten und einem netten
Lackiersystem einfach an Emotionen.
Vorteil durch Technik
Eine der großen Stärken von „Need for Speed: Shift“ ist neben
seiner gelungenen Fahrphysik die Präsentation. Die Fahrzeuge sehen
besonders in den schick dargestellten Wiederholungen brillant aus,
die Cockpit-Perspektive wirkt dank der besagten Effekte authentisch
wie in kaum einem anderen Rennspiel.
Die Strecken wie etwa die bekannte Laguna Seca oder der Nürburgring
sind dabei realen Vorbildern nachempfunden, auch wenn das Drumherum
nicht immer dem Original entspricht. Wirft man einen Blick aus dem
Seitenfenster, so fällt auf, dass „Shift“ zwar gelungen aussieht,
ohne dabei übertrieben auf die Pauke zu hauen. Hier dreht sich ein
Riesenrad, da flattert ein Hubschrauber – sehr schön. Der Sound
hingegen lässt jeden Rennspielfan aufhorchen: Motorengeräusche und
das Quietschen der Reifen klingt satt und ungeheuer
wirklichkeitsgtreu – klasse.
Am Mehrspieler-Modus hätten die Entwickler allerdings noch ein
wenig Hand anlegen können. Neben einem freien Rennen mit bis zu
acht Spielern lockt lediglich der Fahrer-Duell-Modus vor den
Bildschirm. Dieser erinnert an „King of the Hill“: Zwei Fahrer
treten in gleichen Fahrzeugen bei verschiedenen Events gegeneinader
an. Wer am Ende die meisten Veranstaltungen erfolgreich abschließt,
hat die Serie gewonnen. Das ist alles sehr nett, es wäre aber mehr
drin gewesen. Einen Splitscreen-Modus gibt es auch in „Shift“
nicht!
Bewertung: 8.5
„Need for Speed: Shift“ weht wie ein frischer Wind ins
Rennspielgenre. Technisch ist die Raserei auf dem allerneusten
Stand und überzeugt mit tollen Fahrzeugmodellen und einer
gelungenen Physik-Engine. Trotz des hohen Simulationscharakters
bleibt „Shift“ auch für Einsteiger jederzeit gut spielbar, fordert
aber auch Profis bis zuletzt. Kurzum: Einsteigen, Spaß haben –
unbedingt spielen!
System: PlayStation 3
Vertrieb: Electronic Arts
Entwickler: Slightly Mad
Release: 17. September
USK: ohne Altersbeschränkung
offizielle Homepage: www.needforspeed.com
Quelle:
www.play3.de