Zitat:
Ein Joker (englisch für Spaßmacher,
von lateinisch iocus, Scherz, Spaß oder joculator, Gaukler, Narr, Harlekin),
in Österreich, Deutschland
und Frankreich auch Jolly genannt, ist
eine Spielkarte verschiedener Kartenspiele. Darauf
findet sich gewöhnlich das Bild eines Hofnarren.
Warum bringe ich diese Begriffserklärung? Weil die allermeisten den
Film
Joker (2019) nicht verstanden haben. Sie
haben den Film mit dem Joker aus dem DC Universum (also dem
Batman-Joker) verbunden. Darum ging es aber nie. Es ging um die
Geschichte von einem Geisteskranken (Arthur Fleck) der im New York
der 80er Jahre zu einem Serienkiller wurde. Warum dies passierte
sieht man im Film. Der Titel Joker wurde verwendet, weil Arthur
sich als Comedian sah und eben als der "Hofnarr" (ein Joker) in der
Murray Franklin Show angekündigt werden wollte. Was irgendwelche
Marketinghanseln bei Warner Bros. dann daraus machten um ein hohes
Einspiel zu generieren ist dabei zweitrangig. So und nachdem wir
das jetzt erst mal geklärt haben, lege ich dann mal mit meiner
Kritik zu dem Nachfolger
Arthur: Folie à Deux
los.
Ich durfte eben ein bildgewaltiges, audiovisuelles Meisterwerk
erleben. Ich möchte nicht zu viel verraten aber alleine das Intro
strotz so vor Kreativität, das sich Disney schämen muss. Mich hatte
der Streifen ab Minute 1. Aber eben auch weil ich wusste was mich
erwartet. Zum einen weil ich den Vorgänger entsprechend richtig
deute und weiß worum es geht, zum anderen weil mir klar war, das
die Handlung immer wieder von Musicaleinlagen unterbrochen wird,
aber der Film KEIN Musical ist. Ich habe eine Machart ähnlich
The Greatest Showman erwartet und das ist es im
Endeffekt auch geworden. Im Gegensatz zu "Voll-Musicals" wie
Sweeney Todd. Zum dritten wusste ich zudem das der
Film an zwei Schauplätzen stattfindet. Einem Bundesgefängnis von
New York City (wo die Inselkulisse wohl eher Alcatraz darstellen
sollte) und einem Gerichtsaal. Und somit war es für mich
angerichtet.
Die Handlung ist schnell und ohne Spoiler erzählt. Zwei Jahren nach
den Serienmorden durch Arthur ist dieser nun von der Stadt New York
angeklagt und ihm wird der Prozess gemacht. Die letzten zwei Jahre
saß er in Untersuchungshaft und nun geht es darum ob er schuldig
ist und somit die Todesstrafe erhält oder eben seine Unschuld
beweisen kann. Während dieser Zeit lernt er die vermeintliche
Insassin Lee kennen. Vermeintlich weil es hier nen kleinen Twist
gibt. Sie kommen sich näher und verlieben sich ineinander. Sie
allerdings sich in den Arthur der die Morde vor zwei Jahren
vollbrachte, während Arthur sich in Lee als ganz normaler Arthur
verliebt. Und damit ist die Geistesstörung zu zweit (Folie à
deux) angerichtet.
Joaquin Phoenix und Lady Gaga spielen sich die Seele aus dem Leib.
Meine Fresse harmonieren die gut miteinander. Leider bleibt deren
Liason nur an der Oberfläche was dem Drehbuch geschuldet ist. Hier
wäre viel mehr drin gewesen. Aber auch in den Szenen alleine sind
sie einfach eine Wucht. Joaquin Phoenix hat sich noch mehr
runtergemagert als im Vorgängerfilm vor 5 Jahren. Gesund ist das
sicherlich nicht. Und er setzt seinen kompletten Körper für sein
Schauspiel so dermaßen in Szene. Wow. Einfach Wow. Da kann Frau
Gaga nicht mithalten. Trotzdem hat auch sie wunderbare Szenen. Aber
so richtig aufdrehen und der Scenesteeler ist sie natürlich erst
bei den Gesangseinlagen. Phoenix spielt diese gut runter, Gaga ist
eine Wucht. Was natürlich an ihrem Hauptberuf liegt.
Und meine Fresse sind die Songs gut. Fängt der Film mit Songs auf
einem einfachen und niedrigen Level an, so steigern sich diese mit
fortlaufender Spieldauer um im Finale völlig zu explodieren. Frau
Gaga am Klavier, Phoenix daneben. Wahnsinn. Und diese Bilder sind
so dermaßen geil ausgeleuchtet und durch die Kamera eingefangen.
Die Trailer geben einen kleinen Eindruck aber im fertigen Film
sieht das einfach bombastisch aus. Ganz ganz großes Musikkino. Und
für alle die deswegen abgeschreckt sind kann ich Entwarnung geben.
Ja es gibt einige Songs aber sie bestimmen nicht den kompletten
Film und die Haupthandlung wird ganz normal gesprochen dargestellt.
Aber es kommen halt immer wieder kleine Musikanstimmungen und eben
die großen Musicalnummern mit rein.
Und da kommen wir zum Knackpunkt des Films. Man muss sich unbedingt
drauf einlassen und bock drauf haben. Ähnlich wie bei
Horizon - Eine amerikanische Saga ist das nichts
was man einfach mal so nebenher wegschaut oder in den Player wirft.
Man muss sich voll und ganz auf den Film einlassen und nun mal
richtig Lust auf eine abgedreht, kreative aber auch psychedelische
Nummer haben. Und vor allem: verbannt Batman aus dem Kopf. Das hier
ist Arthur und nicht der Batman-Joker. Auch konnte ich nirgends
eine Harley Quinn sehen. Oder eben Gotham. Ab und an sieht man mal
nen Arkham Schriftzug was ich lahm finde. Das haben die von den
Batman Comics geklaut anstatt einfach nen eigenen Gefängnisnamen zu
nehmen. Wie gesagt, kommt damit klar das es
Arthur: Folie à
Deux ist und nichts anders.
Schön fand ich das ein paar Rollen aus dem Erstling wie Sophie, die
Sozialarbeiterin oder Gary wiederkamen. Zwar nur kurz aber es
passte wunderbar. Zudem war dieser Sack von Gefängniswärter (man
kennt ihn als Hamish aus
Braveheart) einfach
klasse. Auch Ken Leung fand ich in einer kleinen Rolle gut.
Insgesamt kann man über den Cast nicht meckern.
Gab es Dinge die mir nicht gefielen? Wenig. Zum einen hat der Film
ein ganz beschissenes Bildformat. Im größten Saal waren schwarze
Balken links, rechts, oben und unten. Ich weiß nicht ob dies ein
Stilmittel war. Es kommen im Film sehr viele alte 80er
Röhrenfernseher vor und auf der großen Kinoleinwand hatte ich immer
das Gefühl in einen Röhrenfernseher zu schauen. Besonders in den
opulenten Musicalszenen hätte ich liebend gerne ein Vollbild
gehabt, da diese Szenen dann noch wirkungsvoller rüber kommen
würden. Oder einige der wirklich großartigen Shots aus der Luft auf
New York. Keine Ahnung ob das in den IMAX-Vorstellungen besser
rüber kommt. In der normalen 2D-Vorstellung hat es mich
gestört.
Dazu benötigt man nun mal Sitzfleisch. Ja die Handlung ist fast
nicht vorhanden und man folgt einfach nur der Bildsprache und das
ist bei 138 Minuten dann anstrengend. Hab es auch im Publikum
gemerkt die in den letzten 15-20 Minuten unruhig wurden. Was
natürlich auch ätzend ist, wenn man tief in der Immersion drin sein
will. Aber bei einem fast ausverkauften riesen Saal am Starttag
habe ich eh mit dem schlimmsten gerechnet. Und ja es gab auch ein
paar nervige Störenfriede. In meinem Jargon sind das Untermenschen
- bitte nicht wieder melden, hab kein Bock auf die Diskussion. Aber
wer labbern will soll das zu Hause auf seiner Netflix-Couch machen
und nicht im Kino. Zum Glück war es über weite Teile des Films aber
annehmbar. Leider wurde mir DIE beste Szene des Films (Joker in
seiner Wahnvorstellung im Gerichtsaal) versaut, weil ein Vollasi
eine Reihe vor mir meinte, genau diese Szene mit seinem beschissen
Smartphone aufzeichnen und ins Netz stellen zu müssen. An sich
hätte ich den direkt wieder melden müssen aber dann wären wieder 5
Minuten Film flöten gegangen. Das hatte ich dieses Jahr schon so
oft das ich es einfach dabei beließ. Einen Erziehungseffekt hat das
dann natürlich für ihn nicht.
Kurz spoilerfrei zur letzten Szene: ich fand diese nicht schlimm,
diskussionswürdig, Fans spaltend oder sonst was. Im Gegenteil. Es
ist der perfekte Abschluss für den Film. Wer wieder mal was anderes
meint hat den Film bzw. beide Filme überhaupt nicht
begriffen.
Kurz zum Rating: der erste Teil ist definitiv härter. In diesem
Film gibts eine explizite Szene (Wahnvorstellung Gerichtssaal) und
eine unterschwellig harte Szene, die aber nicht gezeigt wird. Ich
gehe aber davon aus das Arthur vergewaltigt wurde, oder? Wer den
Film gesehen hat weiß welche Stelle ich meine. Also wer hier ein
Gorefest erwartet und das Arthur da weiter macht, wo er im
vorherigen Film aufgehört hat, wird hier nicht auf seine Kosten
kommen.
Viel mehr kann ich gar nicht mehr zu Film schreiben. Es ist kein
Film für ein Massenpublikum. Die meisten werden diesen Film
unbegründet schlecht finden, weil sie ihn schlicht und einfach
nicht verstanden haben. Publikumsreaktion im Kino beim Abspann war
schwer zu deuten aber ich denke die meisten waren einfach froh das
sie raus konnten. Das hier ist Arthousekino auf hohem Niveau. Werde
ich den Film so schnell nochmal sehen? Nein. Weil es ein Film ist
den man eben nicht einfach nur wieder und wieder der Unterhaltung
wegen konsumieren kann. Hier muss man richtig, richtig, richtig
Lust drauf haben und sich drauf einlassen. Trotzdem kaufe ich
natürlich das 4K-Steel und werde ihn sicherlich irgendwann in nem
Jahr oder zwei nochmal schauen. Aber eben nicht direkt wieder in 3
Monaten zum Heimkinostart. Das kann man salopp gesagt mit
Deadpool & Wolverine machen aber nicht mit
solch einem Film. Somit glaube ich schon das der Film seine Fans
finden wird. Allerdings in der Nische. Und leider wird er wohl ein
grottiges Word of Mouth bekommen, was ja unisono die YouTuber alle
bereits verbreiten. Das hat der Film bei weitem nicht verdient.
Ganz im Gegenteil. Dies ist wieder ein Film der beweist wofür Kino
erfunden wurde. Und ich hoffe das er in der einen oder anderen
Oscarkategorie bedacht wird. Für mich landet er sicherlich in den
Top 5 von 2024. Und zu guter Letzt natürlich das wichtigste, weil
man wissen muss ob sich der Ideologe mal wieder in einen Film
reingeschlichen hat:
Woke 'r Not-Score: 0 % (woke
free)
Edit:
Scheiße eine Sache habe ich noch. Ich kann mir nicht erklären wo
die 200 Mio. $ Produktionsbudget reingeflossen sein sollen. Die
Sets und Kostüme sind zwar alle hochwertig und wie gesagt die
Kamerafahrten sind schon cool. Aber das kostet doch niemals so
viel. Auch spielen neben Phoenix und Gaga jetzt keine großen
anderen Namen mit. Und an CGI Einsatz gab es auch nur ganz wenig.
Mir fallen da nur zwei Szenen ein wo entsprechend nachgeholfen
wurde. Okay vielleicht auch noch ein bissl bei den Totalen der
Stadt. Die Brücke gibts so wohl eher nicht. Aber das kostet niemals
so immens viel Geld. Wo ist das Budget hingegangen??? Weil der
Vorgänge hatte wohl 55 Mio. $ Produktionsbudget und beide Filme
sehen ähnlich aus. Und jetzt kommt mir nicht mit Lizenzrechten für
die Lieder. Never ever in der Größenordnung.
Stefan Raab ist der Stinkefinger des aktuellen
Zeitgeists