**Ich versuche es wie immer Spoilerfrei zu
halten, aber dieser Text enhält doch einige leichte Spoiler die
sich für mich nicht vermeiden ließen - also seid gewarnt - wer
unbedarft ins Kino will, lieber erst nachher lesen! Meine Wertung
vorab: 6/10 Punkte**
Vielleicht kurz zu meinem Hintergrund: Von allen Superhelden habe
ich mich in meiner Kindheit am meisten und intensivsten mit
Spider-Man befasst - ich hatte ein paar Comics, es gab unzählige
Zeichentrickserien, und es gab auch eine Realserie (die heute
Leider ziemlich in Vergessenheit geraten ist, daher verlinke ich
hier mal was:
https://youtu.be/qyYrxQx7RBc), die anders als
bei Batman nicht so comichaft war, sonder eine Ernsthaftigkeit
hatte, und mir Spider-Man daher auch viel realer machte; kurz um:
Auch wenn ich mittlerweile ein wenig "herausgewachsen" bin und mich
mittlerweile mehr als Batman und X-Men-Fan sehe, weil ich die über
meine Kindheit hinaus immer noch interessant finde, wogegen ich
Spiderman aus den Augen verloren habe, ist mir Spider-Man doch ein
recht wichtiger Superheld.
Und da gibt es aber auch schon das erste Problem - denn während
Spider-Man damals noch der typische College-Student war, der als
Nebenjob Fotos für die Zeitung geschossen hat, haben wir hier einen
Schüler - passt, wie ich weiß, zu aktuellen Spider-Man-Reihen, ist
aber für mich doch ein wenig befremdlich. Aber gut. Absurd wiederum
finde ich diese Mentor/Vater-Figur "Tony Stark" - die hat mir schon
bei den Trailer sehr missfallen; und gerade auch das Tony den Anzug
gemacht hat, und ihn wieder nimmt, als wenn dies das wichtigste
wäre, und Spider-Man ausmache... das waren Dinge die waren mir
schon im Trailer befremdlich.
Das sind aber eher inhaltliche Diskrepanzen und ich möchte erstmal
auch auf andere Dinge schauen - fangen wir mit dem Technischen
an:
Ich selbst habe den Film in 3D gesehen, und ich muss sagen: Das
kann man sich hier echt Sparen. Es gibt wenig Einstellungen wo es
auffällt, es gibt keine einzige Sequenz wo das 3D auch als
Stilmittel benutzt wird; man könnte bei einer durch
Straßenschluchten schwingenden Spinne erwarten, dass es vielleicht
hier und da auch mal einen coolen Effekt, eine tolle Kamerafahrt in
3D, oder ähnliches gibt, aber nö. Sogar eine sehr bezeichnende
Stelle, wo wir in größter Höhe sind und Spider-Man selbst in
schwindelerregende Tiefe schaut, wirkt irgendwie garnicht (ich hab
Höhenangst, und The Walk bspw. hat mir schone in wenig Angst
gemacht, in 3D - hier aber nix).
Zur Story: Der Film hat einige interessante Wendungen und bricht
auch mit dem bisherigen Schema-F von Marvel. Das fängt damit an,
dass wir hier keine Origin-Story präsentiert bekommen; der Film
setzt eigentlich direkt vor dem Finale von Civil War an. Tony Stark
bringt Spider-Man mit - seine neue geheime Waffe, und erklärt ihm
gegen wen er zu kämpfen hat. Danach geht Peter wieder zur Schule
und lebt sein Leben als Superheld und Teenager. Man könnte eher
sagen, wir haben hier ein "Comig-of-Hero"-Superheldenfilm.
Spiderman muss sich erstmal finden, soll die kleinen Dinge tun, die
Straßen sauber halten, und muss erst noch lernen mit seinen Kräften
umzugehen, Gegner richtig einzuschätzen, und auch damit zu leben,
dass er niemanden damit beeindrucken kann, dass er ein Superheld
ist; was in seiner "Looser"-Position in der Schule besonder schwer
fällt. Die Jokes basieren hier größtenteils nicht auf Punch- und
Oneliner, sondern häufig auf Situationskomik (etwa die aus dem
Trailer bekannte Szene wo Ned erkennt, dass Peter Spider-Man ist);
dies ist erfrischend anders. Leider ist der etwas infantilere Humor
Peter Parkers manchmal ein wenig zu viel; es fehlt der Story
dadurch immer wieder an Tiefe und Emotionalität, die hier und da
gut getan hätte. So hat man bspw. absolut kein Knistern zwischen
Peter und seinem Love-Interest Liz (die überdies auch nicht
sonderlich gut geschauspielert ist, und daher recht uninteressant
und austauschbar ist; kein Vergleich zu Kirsten Dunsts Marry Jane).
Die Beziehung zu Tony Stark ist erfrischend Kurz und ganz anders,
als es die Trailer vermuten ließen, da dort ja quasi in jeder
zweiten Szene Stark zu sehen war. Hier passt es, dass dies nicht
weiter ausgebaut wird, denn es soll ja nun kein neuer Iron-Man Film
sein. Anders diesmal auch - und da muss man Marvel - finde ich -
wirklich für Loben: Der Bösewicht. Wir haben keinen gigantischen
Überbösewicht, der völlig übertrieben und unbezwingbar ist, so
mächtig, dass er ganze Stadtteile mal eben per Wimpernschlag aus
den Angeln hebt und verwüstet. Nein, wir haben endlich mal wieder
einen Bösewicht mit Charakter, einen der Böse ist, aber mit dem man
trotzdem Mitfühlen kann - einem der zwar stärker ist, als unser
Held, aber trotzdem bezwingbar, mit Schwächen, und eigenen Fehlern.
Davon Profitiert der Film ungemein, wie ich finde; es gibt hier
keine massive CGI-Schlacht, sondern einen eher klassischen
Showdown. Auch interessant - während wir bei Spiderman einfach so
hereingeworfen werden: Unser Antagonist bekommt eine Origin-Story;
hierfür wird tatsächlich einige Zeit spendiert, und es wird zwar
von der Story her seine Position auch klar; aber auch hier fehlt
mir die Tiefe - es hätte hier deutlich mehr herausgeholt werden
können, als der Film es am Ende tatsächlich tut, was schade ist.
Immerhin haben wir hier Michael Keaton, der trotz der starken
Oberflächlichkeit brilliert und hier in seinen Szenen ganz klar
dominiert und allen anderen Schauspielern die Show stiehlt (man
denke an die Hauszene, oder die darauf folgende Autoszene; Keaton
ist hier grandios). Auch zum restlichen Cast kann man aber
größtenteils sagen: Super besetzt. Tom Holland als Spider-Man
gefällt mir gut. Das freche und auch tollpatschig, selbstkritisch
und ironische Wesen Spider-Mans wird klasse durch Tom Holland
herübergebracht. Auch gut gefallen hat mir Spider-Mans "Sidekick"
Ned, der für einige humoristische Einlagen sorgt; daneben fand ich
wirklich sehr interessant die Schauspielerin Zendaya, die hier
Michelle - eine sarkastische Mitschülerin spielt. Die hat mich
aufgrund ihrer Art einige male zum Schmunzeln und auch Lachen
gebracht; hier gibt es am Ende auch eine Überraschung die ich noch
nicht zu Deuten verstehe; ich denke aber, dass sie in den nächsten
Spider-Man Filmen wohl *deutlich* wichtiger werden wird, *wenn* ich
es richtig verstehe.
Der Showdown ist interessant, und auch wieder ungewohnt. Da wir
hier Menschen haben, die gegeneinader kämpfen, haben wir keinen
Showdown wie in den letzten 5-6 Marvel-Filmen, und das gefällt mir,
insbesondere am Ende.
Die Action mag aber trotzdem nie so 100% spannend werden und hier
und da hat der Film einfach Längen; nicht weil es ruhigere Szenen
gibt, sondern tatsächlich in den eigentlichen Actionszenen; das ist
natürlich irgendwo ein K.O-Kriterium für einen guten
Action-Streifen.
Wo ich schon bei der fehlenden Emotionalität und den Tiefsinigen
Szenen war - Aunt May war ja immer eine Person, die Spider-Man bei
Zweifeln beigestanden hat, die ihn quasi erdet, und für die er sich
auch verantwortlich fühlt; auch das fehlt hier leider, aber es wird
noch schlimmer: Aunt May war in meinen Augen absolut schrecklich
besetzt. Was zur Hölle sollte das denn? Viel zu jung, und irgendwie
wollen alle mit ihr schlafen?! Das kann ich absolut nicht
nachvollziehen.
Was ich ebenfalls nicht nachvollziehen kann, und jetzt muss ich
doch wieder inhaltlich werden: Spider-Mans Anzug. Eben weil uns
Marvel hier keine Origin-Story serviert, hätte ich es wichtig
gefunden, dass man klar macht, welche Kräfte Spider-Man eigentlich
hat - was ist an diesem Jungen so besonders, dass die Avengers sich
für ihn interessieren? Das erfahren wir nie. Stattdessen wissen
wir: Tony Stark hat Spider-Man in einen Anzug gesteckt, und jetzt
ist er super. Der Anzug ist dabei ein Hightech-Suit, der im Prinzip
dem von Iron Man gleicht, und durch dem erst Spider-Man zu seiner
Stärke kommt. Letztendlich suggeriert uns der Film, das Peter
Parker keinerlei eigene Fähigkeiten hat, außer gut in Chemie zu
sein - seine Fäden spinnt er dank seiner eigenen "Webfluid 3.0"
(3.0? Ist das eine Anspielung auf das dritte Reboot, das wir hier
erleben?). Aber einen Sinn für gefahren? Nein. Sein Anzug warnt
ihn. Kann er Wände auch ohne Anzug hochklettern? Wissen wir nicht.
Seine übermenschlichen Kräfte? Auch davon ist ohne Anzug nichts zu
bemerken; es kommt dann irgendwann zu einer Szene, wo er
urplötzlich realisiert, dass er die Stärke auch ohne Anzug hat, und
sich plötzlich aus einer unbefreibaren Situation befreien kann
(hier gibt es wieder eine Hommage: Halbe Maske); aber auch hier ist
er viel schwächer als die Version im Anzug. Der hat dann auch noch
upgrades parat die sich freischalten lassen und am Ende gibt es -
wie bei Iron Man dann auch noch neuere Versionen, damit Spider-Man
dann noch mehr kann?.... Nö. Das missfällt mir absolut, und das
macht mir den Spider-Man wie ich ihn kenne, kaputt. Genau das
gehört zu Tony Stark, Spider-Man braucht keinen Anzug mit dem er
sprechen kann, und Telefonieren, und Gefahren Analysieren, und was
nicht alles...
A pro pos Hommagen: Hiervon gibt es einige, sowohl an die Comics,
die Serie und auch die anderen Spider-Man-Filmen; im Sinne von
bestimmten Einstellungen und Posen, oder aber auch in den Dialogen,
etc. Etwas das ich sehr cool finde. Es ist ja auch Bekannt, dass im
Marvel Universum Venom zu erwarten ist (mit Tom Hardy) [auch hier
schon eine Anspielung, in Form einer Frage die Ned Spider-Man
stellt; zumindest im Englischen: "Can you spit Venoum"]; ein
anderer Bösewicht wird hier schon angeteasert - an
Spiderman-Kenner: Achtet auf das Tattoo am Hals das einer der
Gangster trägt. Dieses kleine krabbelnde Fiech ist einer der
Spider-Man Antagonisten. Die Mid-Credit-Scene bestätigt meine
Vermutung.
Kommen wir also zum Fazit, und ich hab hier das Gefühl, dass ich
sowohl sehr viele Pros als auch sehr viele Cons aufwiegen kann (und
ja auch größtenteils schon habe), die unterm Strich zeigen, dass
Marvel sich hier tatsächlich mal was neues getraut hat und vieles
interessanter geworden ist, man aber andererseits auch vieles
falsch macht; und dies auch noch mal insbesondere für Fans und
Liebhaber von Spider-Man die ihn schon vor dem MCU kannten und
liebten - da das MCU ja einen haufen neuer Leute angezogen hat, die
vorher noch nie etwas mit Comics zu tun hatte, glaube ich, dass
diesen Kritikpunkt wahrschienlich aber nicht viele Teilen werden -
und vielleicht kann auch ich mich irgendwann damit abfinden oder
mich dran gewöhnen. Aktuell aber finde ich alle anderen Spider-Man
Filme besser, nicht weil Tom Holland oder die Personen drum herum
schlecht seien, oder das Setting (Peter als Schüler) mir so übel
zuspielt; sondern eben eher, weil Spider-Man hier ein Stück weit
zum Hightech-Anzugträger verkommt und kaputt gemacht wird. Und so
bleibt am Ende für mich nur ein etwas besser als durchschnittlicher
Film, und damit dann 6/10 Punkte. Das reiht sich auch gut in meine
anderen Bewertungen ein; Captain America habe ich ebenfalls 6/10
Punkte gegeben, Avengers und Winter Soldier liegen bei 7/10, die
waren auch beide deutlich besser.
Trotzdem bin ich gespannt auf die Fortsetzung; Mit dem eventuell
angeteaserten neuen Bösewicht bekommen wir einen interessanten
neuen Gegner, der es bisher noch nicht in einen Spider-Man Film
geschafft hat - das könnte interessant sein. Aber auch Vulture ist
noch nicht im Tisch. Venom könnte ja - wenn er sowieso einen
eigenen Film bekommt, Spider-Man enthalten und ich möchte auch
unbedingt mehr von Zendaya sehen - ein bisschen hat sie mich an
Camren Bicondovas Selina Kyle aus der TV-Serie Gotham erinnert -
sowohl vom Aussehen, als auch von der Art