Geschrieben: 19 Jan 2017 23:47
Timur Bekmambetow ( Wächter der Nacht ) verziert sein Remake des
gleichnamigen Klassikers mit Charlton Heston nur mit großen
Adjektiven, bleibt es aber schuldig diese mit Inhalt und vor allem
Emotionen zu füllen. Das finale Duell der Brüder ( Jack Hutson,
Toby Kebbell ) ist weit weniger Spannend als das Sandburgen kaputt
hauen von Rosberg und Hamilton im gleichen Jahr. Und die sind noch
nicht mal Stiefbrüder wie Judah Ben Hur und Messala. Wenn im
Wüstensand von Jerusalem die Hälse brechen, die Pferde schnaufen
und die Peitschen zischen, könnte alles gut sein in der CGI
erschaffenen Arena des Pontius Pilatus. Ist es aber nicht! Es kommt
kein Gefühl an. Ob es an den Gesichtern liegt, die wie Masken
wirken oder an der lieblosen Vorarbeit der Figuren, wie der von Ben
Hur. Dessen eigentlich interessantem Martyrium weicht einer
weiteren CGI Sequenz mit ihm als Galeeren Ruderer in Fünf jähriger
Gefangenschaft bei den Römern. Der Schmerz wird auch hier wieder
nur sichtbar in Form von Narben auf dem Rücken, aber nie fühlbar.
Was wir sehen sind immer nur die Äußerlichkeiten, die Narben, das
Blut, in den Mensch hinein schauen wird uns nicht gestattet. Dabei
ist die eigentliche Hölle des Leidens immer der Kampf mit den
eigenen Überzeugungen. Jesus opfert sich als Symbol, kommt aber
über diesen Status im Film nicht hinaus.
Wohin mit der Symbolik
Bekmambetow weiß sowieso nicht genau wohin er seinen Streitwagen
steuern möchte. Ben Hur wird zwar im Film gegen Schluss angedeutet,
dass er durch einen Sieg beim Wagenrennen einen Kampf gegen die
Besatzer beginnen könne aber wofür am Ende? Die Karawane zieht
weiter und die Römer sind noch immer da. Es werden böse, grausame
Besatzer Römer gezeigt und Juden, die Guerilla ähnlich diese
versuchen zu töten und zu vertreiben. Doch wohin das ganze uns
führt beantwortet uns der Film nicht. Das Patentrezept welches uns
in Form der Jesus Symbolik immer wieder eingeimpft werden soll ist
die Botschaft des Friedens. Nur ist das Problem das in Ben Hur
weder das friedliche Mittel noch das kämpferische zum Ziel führt.
Bevor wir drüber nachdenken können wie es nun weiter geht ist der
Film aus. Ben Hur bleibt der Jubel im Auswärtsblock seiner
Landleute in der Arena. Eine Revolution wird dadurch aber nicht
ausgelöst, das Symbol das er sein könnte, wird zu Staub wie alles
andere auch in der Arena von Jerusalem.
Verpasste Chancen
Als Charten Heston noch den Streitwagen steuerte, waren die
technischen Möglichkeiten begrenzt, heutzutage kein Problem mehr
ein Wagenrennen darzustellen mit samt einer gigantischen Arena aus
dem Rechner. Man muss sie nur mit Leben füllen. Umso bitterer, das
das eigentliche Highlight des Films, das Wagenrennen, so ungut für
den Zuschauer aussieht. Es fühlt sich weder echt an noch kommt
Spannung auf. Noch schlimmer, die Kontrahenten verunglücken nahezu
jedes Mal auf die selbe lahme Art und Weise. Im Fahrerfeld befinden
sich Charaktere die Potenzial hätten, aber dabei bleibt es auch.
Wieder schafft es Bekamambetow nicht seine Charaktere nachhaltig im
Gedächtnis des Zuschauers zu verankern. Das Ben Hur Rennen fühlt
sich in etwa so an wie wenn bei Mariokart nicht die bekannten
Gesichter fahren würden sondern Fahrer ohne Gesicht, mit Masken,
ohne wiedererkennungswert ohne Ecken ohne Kanten.
Es wird sogar noch peinlicher, wenn Morgan Freeman aus seiner
Boxengasse aus Ben Hur jeweils immer im entscheidenden Moment den
ultimativen Tipp zubrüllt. Wohl einer der unnötigsten Figuren im
ganzen Film. Freeman spielt seinen in letzter Zeit Paradecharakter.
Kurze Laufzeit, allwissend und den zu Fleisch gewordenen
Gutmenschen in einer von Hallunken nur so wimmelnden Welt.
Wahrscheinlich wäre er sich nicht mal zu schade gewesen als Pferd
am Streitwagen mit zu rennen nur um seine Nase in einen weiteren
Blockbuster zu halten.
Wäre Ben Hur kein Remake, wäre es einfach nur ein sehr sehr mäßig
bis schlechter Streifen, der auch noch viel zu lange läuft. Doch
ist Regisseur Bekmambetow angetreten um im Jahr 2016 ein Remake
eines Klassikers zu drehen. Mit einem 100 Millionen Dollar Budget,
einer noch nie da gewesenen Fülle an CGI Möglichkeiten, besserer
Kameras und dank der neuen Medien auch mit besseren
Vermarktungsmöglichkeiten über den ganzen Erdball mit nur einem
Mausklick. Wenn man alleine diese Prämisse heranzieht, verlangt es
einem noch mehr Respekt ab was damals im Jahr des Herrn 1959
vollbracht wurde. Fast 60 Jahre später reibt man sich die Augen was
mit etwas Phantasie und Handarbeit möglich war was die Technik von
heute in den falschen Händen nicht schafft. Dieses Epos zu toppen
war wohl niemals die Absicht von Bekmambetow aber er hat sich nicht
einmal angenähert. Ben Hur 2016 liegt etliche Wagenlängen hinter
seinem Vorgänger.
In der Psychologie gibt es einen Begriff, "Grit", der beschreibt
wie sich Spitzensportler ein Ziel setzten um es dann zu erreichen.
Zunächst ist es aber wichtig dieses Ziel unerreichbar hoch
anzusetzen, ähnlich wie das remaken von Ben Hur, um sich dann
später Stück für Stück an zu nähren um es Schluss endlich zu
erreichen. Wäre der Regisseur ähnlich verfahren wie ein
Spitzensportler und sich ein wenig mehr am Original orientiert
hätte und sich dessen angenähert hätte, wäre er wohl nicht auf der
Liste der Flops 2017 aufgetaucht. Einen solchen Klassiker der
gleichermaßen ein altes wie auch ein junges Publikum anspricht vor
die Mauer zu fahren zeugt von großer großer Lustlosigkeit des
Regisseurs. Das Publikum sollte es ihm danken und Filme mit der
Aufschrift Timur Bekmambetow in Zukunft meiden. Eine Runde
Mariokart ist sicherlich die bessere Alternative als Zwei Stunden
darauf zu warten bis endlich etwas Geiles passiert. Eine Wagenlänge
Abstand von diesem Film bitte.
Geschrieben: 25 Jan 2017 15:30
Hehe, der letzte Satz aus dieser ausführlich geschriebenen Kritik
gefällt besonders. Eine Armlänge äh Wagenlänge
Abstand...:cool:
Ich hatte eigentlich nicht vor, den anzuschauen. Aber da ein Freund
doof genug war, sich den auf Disc zu holen, werde ich das Ding die
nächsten Tage ausleihen.
Das Remake scheint so ein Fall zu sein von wegen: Konnte ja nur
schief gehen.
Wie viele Punkte bekommt Ben Hur 2016 von dir? Viele werden es sich
nicht sein.
Geschrieben: 23 Feb 2017 17:42
Hab mir das Teil am WE mal auf der großen Leinwand gegeben und muss
sagen, dass er so schlecht wie er hier dargestellt wurde, definitiv
nicht ist. Allerdings ist er auch nicht wirklich gut, aber für
einen verregneten Samstagnachmittag taugt er allemal.
Geschrieben: 06 März 2017 00:04
@Riggs
Höchstens 2 Punkte, konntest den Film selber sehen. Sind ja schon
paar Tage her seit dem Post.
Geschrieben: 09 Aug 2017 16:52
Schwarzseher
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Ich fand den auch ziemlich schwach und langatmig.
Und der uns allseits bekannte Klassiker mit Charlton Heston ist
übrigens auch ein Remake des authentischeren Films von 1925;)
Grüße
Bogdan
Gerne besorge ich Euch lokale
Angebote gegen ein kleines Trinkgeld => PN
Geschrieben: 11 Aug 2017 15:26
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...zwischen dem und dem Original satte 34 Jahre liegen. Ich glaube
sogar, das sich das Kintopp an für sich zwischen 1925 und 1959
etwas verändert hat-aber die 59er Version ist kein Remake des
Originals, sondern eine Neuverfiilmung der literarischen Vorlage.
Ich glaube,"Dracula" wurde auch ein paar Mal verfilmt, aber da
redet keiner von Remakes.
Jedenfalls wäre an der Zeit, nach 20 Jahren, endlich wieder
die"Titanic" loschippern zu lassen.....noch authentischer, noch
realistischer, noch dramatischer und noch herzzereissender als
jemals zuvor....
Geschrieben: 13 Aug 2017 19:09
Schwarzseher
Blu-ray Papst
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Zitat:
Zitat von Chestburster
...zwischen dem und dem Original satte 34 Jahre liegen. Ich glaube
sogar, das sich das Kintopp an für sich zwischen 1925 und 1959
etwas verändert hat-aber die 59er Version ist kein Remake des
Originals, sondern eine Neuverfiilmung der literarischen Vorlage.
Ich glaube,"Dracula" wurde auch ein paar Mal verfilmt, aber da
redet keiner von Remakes.
Jedenfalls wäre an der Zeit, nach 20 Jahren, endlich wieder
die"Titanic" loschippern zu lassen.....noch authentischer, noch
realistischer, noch dramatischer und noch herzzereissender als
jemals zuvor....
Wenn Du es so siehst, dann ist die jetzige Version von Ben Hur auch
kein Remake;), da sich in den letzten 50 Jahren noch mehr im
Filmgeschäft verändert hat. Aber Remake und Neuverfiilmung sind eh
beides Begriffe, die in der Regel gleichbedeutend verwendet werden.
Grüße
Bogdan
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