Bei Black Panther hatte ich keinerlei Erwartungen und bekam einen
guten Film zu sehen. Trotzdem war ich nicht begeistert, denn
irgendwie wollte sich bei mir dieses Kinofeeling nicht einstellen,
das Mitfiebern, das in den Film eintauchen, das selbst mittendrin
sein. Damals schob ich das darauf, dass sich der Film für meinen
Geschmack zu sehr an den Zeitgeist anbiederte: Was über
Minderheiten, ein Film von und für Black People, dann was mit
starken Frauen und zwar vielen davon und noch was über
Flüchtlingsproblematik. Das kam mir irgendwie viel zu konstruiert
rüber und ich war emotional nicht wirklich involviert.
Jetzt, nach Avengers: Infinity War zweifle ich etwas, dass es
wirklich daran lag, denn auch dieser Film, der vieles richtig macht
und eigentlich ein wirklich guter Film ist, läßt mich irgendwie
kalt zurück, kaum mitfiebern, kaum Eintauchen, kaum emotionale
Bindung. Warum? Bin ich übersättigt von Comicfilmen? Übersättigt
von Marvel? Dabei hatte ich mich doch schon sehr auf dieses Event
gefreut.
Vielleicht stellt sich das nach einer zweiten sichtung ein? Möglich
wäre es ja.
Die für mich emotionalsten Szenen waren die der ersten viertel
Stunde. Der Rest war ein wahrer Ritt an Schauwerten und ein
Abwehrkampf gegen Thanos und seine Horden, bei dem man immer das
Gefühl hat, dass trotz all der Superkräfte, selbst alle Avengers
zusammen keine Chance haben. Eine solche Stimmung sollte ja
eigentlich Spannung aufbauen, weil man ja jetzt erst recht
mitfiebert, aber mich ließ das optisch super in Szene gesetzte
Spektakel komischerweise eher kalt.
Woran das lag? Jedesmal wenn sich ein Hauch von Mitfiebern
einstellen wollte wurde zum nächsten Schauplatz gezappt. Es ist
wirklich ein Film von und über Thanos, aber obwohl er wirklich gut
animiert ist, sah ich immer nur eine kalte, digitale Gestalt. Ich
fühlte die Tragik von Thanos nicht. Vielleicht sind digitale
Personen wirklich noch nicht so weit, dass man ihnen die Emotionen
so sehr abnimmt wie echten Schauspielern. Ihm fehlt das Charisma
eines Loki und auch sonst vieles was Schauspieler meist mimisch
oder mit ihrer schieren Präsenz ausdrücken. Thanos ist einfach nur
ein kalter, berechnender Kraftprotz mit einer Motivation, die sein
Handeln zwar logisch und nachvollziehbar erklärt, die in sich aber
total unlogisch ist, wie ich finde.
Der Film ist nach dem Marvel-Komödien-Jahr 2017 schon der zweite
Film mit ernstem Ton, was ob der Story auch gut ist. Aber leider
kommt immer besonders dann Stimmung auf, wenn Helden
aufeinandertreffen, die noch nie miteinander agiert haben und
leider sieht man die besten Szenen davon auch fast alle schon in
den Trailern.
Was bleibt ist ein konsequenter, guter, ausbalancierter, irgendwie
so ganz anderer Marvel Film, den ich eigentlich gut finden möchte,
der mich aber eher ratlos zurückläßt. Eine zweite Sichtiung wird
sicherlich besser helfen ihn einzuordenen und erst der
abschließende Avengers-Teil im kommenden jahr wird zeigen, ob
Avengers 3 ein guter, oder ein ganz dummer Film war. Ich fürchte
aber, dass Erwartungen geweckt werden, die dann nicht eigehelten
werden können.
SPOILER! Inhalt
einblenden
Die Entscheidung eines gewissen Doktors war
sicherlich nicht so dumm wie sie ausschaut, aber ob sie wie erhoffe
in Avengers 4 einen genialen Trick offenbart, oder einfach nur das
lostreten sollte, was die Postcredit-Szene andeutet, kann man noch
nicht sagen. Letzteres wäre dann doch eher enttäuschend.
Was der Film aber schafft, und das hat mMn noch fast kein MCU-Film
geschafft, ist, dass man nach dem Film noch jede Menge zum
nachdenken und diskutieren hat. Das finde ich dann auch gut.
Jedenfalls war es nach keinem anderen MCU-Film so still im Saal
nach dem Film und das will auch etwas heißen.
Was soll ich also vergeben? Ein guter Film, der mich aber nicht
gepackt hat?
7 von 10 Infinity Steinen, auf Black Panther Niveau...
Herzliche Grüße
Arieve
______________________________________