The Salesman (2016, Asghar Farhadi)
Mal wieder ein toller Beitrag zum Thema Moral und Schuld vom
iranischen Ausnahmefilmemacher. Farhadi ist ein Meister darin uns
die fehlende Objektivität in persönlichen Konflikten zu
demonstrieren. Wir als Zuschauer entwickeln zusammen mit den Opfern
einen Gerechtigkeitssinn, nur um im Verlauf vor Augen geführt zu
bekommen, dass Rache und Gerechtigkeit zwei total unterschiedliche
Dinge sind. Es gibt aktuell wohl nur wenige Filmemacher, die so
fein nuanciert mit Empathie umgehen kann, wenn am Ende selbst für
die Situation des Täters und seiner Familie Mitgefühl erreicht
wird. Sowohl die Figuren als auch der Zuschauer finden sich am Ende
in einem moralischem Dilemma wieder, ein richtig & falsch
scheint es hier nicht mehr zu geben. Ähnlich wie bei Farhadis
Meisterwerk
A Separation ertappt man sich dabei, wie man
vorschnell urteilte und anschließend nicht mehr weiß, wie man
selbst reagieren würde.
Dabei wird auch der Fokus auf den unterschiedlichen Umgang mit
Traumata gelegt, weshalb schlimme Erlebnisse Beziehungen entzweien
können, anstatt sie zusammenzuschweißen. Beide Partner haben
unterschiedliche Meinungen wie sie mit der Situation umgehen
sollen, weshalb wieder neue Konflikte entstehen. Die
parallel-stattfindenden Theaterproben und -vorstellungen von
Death of a Salesman sollen den kontinuierlichen Verfall
der Beziehung weiter verdeutlichen: Ähnlich wie im Bühnenstück
fühlt sich der Ehemann nicht mehr in der Lage für seine Frau zu
sorgen und sie zu beschützen, weshalb auch er selber in eine
Depression stürzt. Rache scheint für ihn der einzige Weg zu sein
die Beziehung wieder normalisieren zu können, weshalb es umso
problematischer für ihn wird wenn er erkennt, dass auch sein
Gerechtigkeitsstreben die Beziehung zerstören würde.
(7/10)