Festgefahrene Videospielindustrie
27. September 2011Ein Titel der ein Nischen-Genre neu erfand. Neu definierte. Nach Fahrenheit wieder populär machte. Das Genre des interaktiven Films.
Der Spieler agiert überwiegend passiv, das Spiel ist geprägt von Quick-Time-Events & kontextsensitiven Entscheidungen. Über all dem thront eine starke Story die packend, rührend, dramatisch, düster und emotional zu gleich ist. Das bescheidene Wort Meilenstein ist für mich durchaus angebracht!
Jede eurer Entscheidungen wirkt sich aktiv auf den Verlauf der Story aus. Gerade dies ist in der aktuellen Gaming-Welt ein Novum. Fans von opulenten Bleiorgien werden hier sicherlich keine Freude haben. Hier muss wohl überlegt sein, ob man jemanden töten oder doch am Leben lassen soll - wobei diese Situationen nicht inflationär eingestreut sind, im Gegenteil. Dennoch gilt es bei den Entscheidungen gut zu reflektieren und voraus zu denken.
Der kreative Kopf hinter dem durchaus riskanten Projekt ist/war bekanntlich David Cage. Einige verspotten ihn als verrückten & vorallem geltungsbedürftigen Menschen, andere bewundern ihn aufgrund seinem Mut zur Lücke. Seinem Mut zu Neuem. Ich gehöre hier sicherlich zu Letzeren.
Heavy Rain war einfach eine komplett andere Erfahrung. Ein Spiel, was vollkommen gegen den Mainstream-Strom schwimmt, angetrieben von dem innovativen Gedankengut eines David Cage und seinem kongenialen Entwicklerteam Quantic Dream. Für viele ist dieses Spiel uninteressant, da es ja eigentlich gar kein Spiel ist. Oder doch? Wie definiert man "Spiel" eigentlich? Schwer in Worte zu fassen. Letztendlich bleibt das jedem Menschen selbst überlassen.
Dennoch, Heavy Rain sollte mindestens 1x in jeder PS3 rotiert haben bevor man sich ein finales (Vor)Urteil bildet. Bitte mehr davon. Schade dass dieser Exklusiv-Titel aus dem Hause Sony mit - ich meine - 2,3 Millionen verkauften Einheiten weit hinter den Zahlen des Branchenprimus COD hinterher hinkt.
GamesCom '11 - Uncharted 3 Preview
8. September 2011Natürlich hatte auch der bekannteste Abenteurer der PlayStation 3 auf der GamesCom 11 sein Stelldichein. Die Rede ist natürlich von Nathan Drake himself. Nathan Drake wird gewiss bei vielen mit einem Wort verbunden: Wow!
Bei kaum einem anderen Spiel fiel dieses Wort so oft wie bei den Abenteuern von Mr. Drake. Uncharted sorgte für offene Münder. Für Begeisterung. Endlich ein Entwicklerstudio das anno 2007 zeigte, wozu die PlayStation 3 im Stande ist, wenn man sie denn richtig anpackt.
Sicherlich wirkte sich der unfassbare Erfolg des brillanten Erstlings auch negativ aus. Nicht auf das Spielerlebnis an sich, sondern hinsichtlich der Erwartungshaltung des Nachfolgers, da die Messlatte so natürlich immens nach oben geschraubt wurde. Aber auch Uncharted 2 schaffte den Sprung über die Erwartungsmarkierung elegant. Noch bessere Grafik. Noch mehr Bombast. Bessere cineastische Inszenierung. Schönere Storyline und noch exotischere Schauplätze. Einfach ein rundum verbessertes Spiel.
Tja, mit dem gleichen "Problem" muss sich nun Uncharted 3 herumschlagen.
Wie kann man den zweiten Ableger noch toppen? Kann man ihn überhaupt toppen? Schließlich ist Uncharted 2 über ein Jahr nach Release immer noch eines der Flagschiffe und Vorzeigeprodukte der PS3. Das galt es herauszufinden.
Bereits vorab als klares Messehighlight in meinem Kalender mit drei fetten Kreuzen markiert, findet ihr nachfolgend etwas verspätet die Impressionen der Presse-Vorführung, die ich zusammen mit meinem Kollegen FasTRapid besucht habe.
Viel Spaß beim Lesen meiner umfangreichen, wenn auch leicht verspäteten Uncharted 3 Preview!
Wir kamen entspannt zur Presse-Vorführung im Radisson Hotel. Leichte Aufregung. Endlich weiteres bewegtes Material. Endlich mehr Uncharted. Nach einer gefühlten Ewigkeit im wohlgemerkt nicht klimatisierten Hotel-Gang gingen endlich die Türen auf. Und schon wieder ging uns das Wort Wow durch den Kopf. Wir entschuldigen uns an dieser Stelle für den inflationären Gebrauch dieses Wortes, aber Uncharted ist einfach untrennbar mit diesem Wort und Gedankengut verbunden.
Der Raum begeisterte mit wunderbarem Flair und Optik aus dem fernen Morgenland. Exotische Teppiche und verschnörkelte, kleine Tische verfolgten uns die ganze Präsentation über. Im vorderen Bereich waren acht PlayStation 3 Stationen zum aktiven Zocken aufgebaut, an denen sich noch die Vorgruppe die Finger wund spielte. Wir wurden erstmal hinter den schönen Raumtrenner in der Mitte geschleust. Hier warteten kleine, orientalische Hocker auf uns, auf denen wir uns gemütlich und erwartungsfreudig nieder ließen und gebannt gen Flatscreen starrten, der mittig aufgebaut war.
Arne Meyer, seines Zeichens Senior Marketing Manager aus dem Hause Naughty Dog, wies uns freundlich an, Platz zu nehmen und uns zu entspannen.Insgesamt wurden der wiss- und informationsbegierigen Meute von Redakteuren zwei Levelabschnitte näher gebracht.
Schiff
Der aufmerksame Betrachter stellte schnell fest, dass es sich hier quasi um einen ausführlicheren E3-Level Abschnitt handelte, wo das Schiff auch schon vorgestellt wurde.
Was zuerst ins Auge fällt, ist der unfassbar schöne Regen. Er sieht einfach unglaublich realistisch aus. Fast zu realistisch. Ist das hier noch ein Spiel? Wow. Da ist es wieder. Das Wörtchen wow! Zudem sind die Licht/Schatten Effekte der umherbaumelnden Lampen beängstigend gut visualisiert worden. Die Texturen sind gewohnt knackig, der schwere Sturm, der das Schiff umpeitscht, sieht glaubhaft aus. Alles wankt. Drake hat Schwierigkeiten, bei diesem Wellengang das Gleichgewicht zu halten.
Hier kann man schon mal sagen, bravo Naughty Dog. Erste Prüfung mit summa cum laude als Jahrgangsbester bestanden! Nach einigen schön eingestreuten Script-Events geht es um Stealth-Action, wie man sie schon im türkischen Museum im Vorgänger beobachten konnte. Nur natürlich besser. Aufgemotzer. Nachdem Drake elegant zwei Gegner/Wachen erledigt hat, geht es weiter ins Innere des großen Kreuzfahrtschiffes. Angekommen im großen Lagerraum des Schiffes findet hier die erste Kletter-Tour statt. Drake schwingt sich wunderbar animiert durch den Lagerraum. Dann kommt die erste Cut-Szene. Was direkt auffällt ist, dass die Gesichtsanimationen noch mal verbessert wurden.
Nach der Cutszene und verbalem Schwanzvergleich bricht ein Kampf zwischen Drake und mehreren Gegnern aus, die nun in das Lagerhaus stürmen. Wie es der Zufall so will rollt eine Granate eines Feindes bedrohlich nahe an die Bordwand und reißt ein hübsches Loch in diese. Wasser dringt ein. Drake ist daher gezwungen, kurz den Michael Phelps zu markieren und sein Können im kühlen Nass zu beweisen – eine Aufgabe, die er natürlich meistert. Drake entkommt dem sicheren Tod durch die steigende Flut dennoch nur knapp. Doch die neu gewonnene Sicherheit ist trügerisch. Das Wasser erreicht nun auch den Raum, in dem Drake Zuflucht sucht. Ein kurzer QTE verhindert das Ertrinken. Nun beginnt die bekannte Flucht vor dem Wasser aus dem ersten Trailer mit der Sicht von vorne. ENDE
Nice. Die ersten 50 % der Präsentation haben schon mal voll überzeugt. Lediglich ein unschöner Clipping-Fehler machte uns und Arne Meyer selbst ein wenig stutzig. Dieser Fehler ist aber wohl dem frühen Material geschuldet und wird im Endprodukt sicherlich nicht mehr aufkommen. Uncharted und Clipping-Fehler. Also bitte! Das ist ja so als wäre Jesus beim Gang übers Wasser kurz gestolpert und eingesunken.
Cargo-Level
Zu Beginn dieses Abschnittes fällt direkt der schöne Weitblick ins Auge. Im Hintergrund liegt der Flughafen, eine Frachtmaschine steht auf dem Rollfeld und wird gerade beladen und wirkt bald startbereit.
Drake ist mit Elena am Flughafen. Deutete sich schon im vorherigen Teil irgendwie schon eine Beziehung zwischen den beiden an, scheint das Verhältnis nun weiter vorangeschritten zu sein. Drake gibt auf Elena acht und möchte sie keiner Gefahr aussetzen. Er klettert über einen Zaun auf das Flughafengelände und lässt Elena bewusst zurück. Diese ist darüber als abenteuerlustige Reporterin natürlich not amused, setzt sich in einen Jeep und fährt erbost weg. Ob wir sie noch mal wiedersehen werden? Nate schleicht weiter gen Flugzeug. Dringt tiefer ins Gelände ein. MG-Feuer zerreißt die Stille der Nacht. Er ist entdeckt! Kugeln schlagen neben ihm ein. Drake nimmt die Füße in die Hand und sucht sich einen Weg raus aus dem tödlichen Kugelsturm. Wieder einige schöne Script-Events. Man weiß manchmal gar nicht, was Script und was Spiel ist. Alles wirkt fast wie ein interaktiver CGI-Trailer. Nur das es ein Spiel ist. Und wir mittendrin!
Das Flugzeug startet. Da Drake die Füße ja noch in der Hand hat, sprintet er gleich weiter. Schafft er es? Es scheint nicht so… Doch da taucht Elena hinter ihm auf dem Rollfeld auf. Mit dem Jeep. Eine realistische Chance das Flugzeug also doch noch zu erreichen. Drake springt auf und Elena drückt das Gaspedal durch. Geschafft. Drake springt an ein Rad und kann sich somit ins Innere vorarbeiten.
Hier bahnt er sich seinen weiteren Weg durch Lüftungsschächte, aber wird von einem extrem großgewachsenen, muskelbepackten Hünen entdeckt. Ein spektakulärer Faustkampf im Laderaum wird entfesselt. Im Zuge dieses Kampfes öffnet sich die Laderampe. Der Kampf verlagert sich langsam bedrohlich nahe zur tödlichen Kante der offenen Laderampe, unter Drake mehrere tausende Meter Abgrund. Nach einem wunderbar inszenierten QTE gelingt es Drake den Riesen am Rande der Kante niederzuschlagen. Er rennt schnell in den Laderaum und tritt eine Kiste Richtung Feind. Natürlich sind die Kisten alle mit einem Seil verbunden, was dazu führt, dass langsam die ganze Ladung herausfällt. Drake inklusive. Ein LKW verheddert sich, Drake kann sich unter großer Mühe noch an einer Plane festkrallen. Er kämpft sich langsam wieder in den Bauch des Flugzeuges heran – die Eisenbahn-Szene aus Uncharted 2 lässt in Ansätzen grüßen.
Wunderbar gemacht Naughty Dog! Geniale Inszenierung. Danach geht der Kampf mit weiteren Schergen im Inneren des Flugzeuges weiter. Die offene Luke zieht Kisten nach wie vor nach draußen, daher gilt es nicht nur die Gegner, sondern auch die sich bewegende Ladung, sowie das dynamische Feuer zu beachten, welches sich ausbreitet und Gefahr ausstrahlt. Wie gefährlich diese Kombination ist, veranschaulichte Arne Meyer direkt einmal als er starb - obwohl das sicherlich nicht so gewollt war. Dennoch ein gelungenes Zufallsprodukt was passieren kann, wenn man nicht zu 100 % bei der Sache ist.
Dann öffnet sich die Außenwand in Folge des Schusswechsels. Gegner werden aus dem Flugzeug gesogen. Drake auch. ENDE.
Puh. Erstmal durchschnaufen und die Informationsflut verarbeiten. Was für eine Präsentation. Die Mannen aus dem Hause Naughty Dog haben definitiv ein sehr gutes Händchen für beeindruckende Presse-Demos. Die gezeigten Abschnitte waren schlichtweg die ideale Kostprobe, eine wunderbar abgeschmeckte Mischung aus Action, Klettern und dem allgemeinen Leveldesign. Einfach eine Demonstration von Stärke und dem Bewusstsein, dass man ganz einfach zu den Besten seines Faches gehört.
Anschließend fand noch eine kurze Fragerunde statt, die wir der Vollständigkeit halber für euch mit dokumentiert haben:
1) Die Steuerung im Singleplayer-Modus wird sich komplett vom Multiplayer-Erlebnis unterscheiden, um dem Spieler eine vollkommen andere Erfahrung zu bieten.
2) Das gezeigte Material war noch nicht final. Naughty Dog versucht nach wie vor das Endprodukt noch „bigger and better“ zu machen. So zeigte sich die KI manchmal etwas dämlich und ungeschickt. Dieses Verhalten wird im Endprodukt definitiv ausgemerzt sein.
3) Es wird wieder eine Menge ruhiger Momente geben, in denen Hirnschmalz gefordert ist. Die Balance zwischen den Abschnitten wird als sehr gelungen beschrieben.
4) Uncharted-Like wird es wieder unfassbar schöne und vielfältige Locations - rund um den Globus verstreut - zu bestaunen und erkunden geben. Von fernen arabischen Wüsten bis hin ins nahe Europa(u.a. wurde Frankreich genannt)
5) Uncharted 3 wird sich wieder einsteigerfreundlich präsentieren, d.h. muss man die Vorgänger nicht gespielt haben, um die Storyline zu verstehen. Es bietet sich natürlich an, da die Story natürlich an vorangegangene Ereignisse anknüpft und viele kleine Schmankerl hinsichtlich vergangener Erlebnisse der Charaktere bietet.
6) Die vier Elemente Feuer, Wasser, Erde und Luft werden eine wesentliche Rolle spielen, sich dynamisch verhalten und komplette Level verändern und natürlich Gefahr ausstrahlen.
7) Naughty Dog hat keine Kosten und Mühen gescheut und so wurden Wüstenlandschaften, etc. persönlich vor Ort besichtigt, um ein möglichst realitätsnahes Abbild zu erschaffen, sei es von Wanderdünen oder dem Verhalten von Sand allgemein. Ihr werdet sehr überrascht sein.
Tja, was soll man zu diesem Titel sagen. Ich wage es mal auszusprechen: Uncharted 3 wird das mit Abstand beste, perfekteste und schönste Spiel der bisherigen Konsolengeneration werden. Das technische Gewand war beängstigend nahe an einem Zustand, der sich Perfektion schimpft – und das, obwohl man nicht mal in der finalen Phase ist. Super Licht- und Regeneffekte, ein kraftvoller und realistischer Sound, sowie geschmeidige Animationen und Cut-Scenes rundeten das Gesamtbild ab. Matschige oder unschöne Texturen konnten wie gewohnt nicht erkannt werden. Kritiker, die gerne auf der Suche nach dem ekligen Haar in der wunderbar abgeschmeckten Suppe sind, werden sich hier schlicht und ergreifend die Zähne ausbeißen.
Natürlich bin ich mir darüber bewusst, dass Uncharted das Rad nicht neu erfinden wird. Aber das, was Naughty Dog wieder mal auf die Beine gestellt hat, ist gut. Sehr gut. Verdammt gut!
Warum?
- Naughty Dog ist mit oder wenn nicht sogar die alleinige Speerspitze der aktuellen Entwickler-Studios, spart weder Kosten noch Mühen und hat unfassbar talentierte und begabte Leute in ihren Reihen und können mit der PS3 umgehen wie kaum ein anderes Studio.
- Die Erkenntnisse und das Community-Feedback der vorangegangenen Spiele wurden sinnvoll aufgenommen, intern verarbeitet und in ein noch besseres Produkt investiert.
Die Grafik ist wieder ein Stückchen besser geworden. Ein Grafik-Sprung ist zwar nicht zu erkennen, aber in der aktuellen Generation wohl auch unmöglich. Sicher ist dies Meckern auf sehr hohem Niveau - so hoch, dass die Luft schon langsam extrem dünn wird. Aber das haben sich die Jungs und Mädels von Naughty Dog mit ihren zwei Vorgängern, die beide absolute Referenztitel waren und immer noch sind, selber eingebrockt. Uncharted 3 wird halt zwangsläufig mit eben diesen verglichen. Uncharted 3 beweist aber, dass die Jungs von Naughty Dog nach wie vor hungrig nach neuen Erfolgen sind. Wir sind uns sicher, dass sie mit Uncharted 3 diesen Hunger vollends stillen werden.
Wir sind auf die leichten Veränderungen zum Endprodukt gespannt und preisen Uncharted 3 mal wieder als absolutes Highlight des Jahres an, welches im Laufwerk eines jeden glücklichen PS3-Besitzers mindestens einmal seine Runde gedreht haben sollte! Der Action-Adventure Thron bleibt wohl in diesem Jahr unangetastet, da Uncharted 3 die Thronfolge von Uncharted 2 ganz klar übernehmen und Konkurrenten auf Abstand halten wird.
Uncharted 3 wird einfach wieder für offene Münder sorgen und alles vorher Dagewesene sprengen. Wer daran zweifelt, dem ist nicht mehr zu helfen! Punkt!
Noch Fragen?Peter Schneidermann / Nudelapache mit dezenter Verspätung von der GamsCom '11!
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