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In letzter Zeit höre und lese ich ständig von Dingen, bei denen jeder vernünftige Mensch anfängt, am gesunden Menschenverstand seiner Rasse zu zweifeln.
 
"Früher war vieles einfacher." Ja, manchmal kann ich diesen Spruch einfach nicht mehr hören, weil er schon so ausgelutscht und durchgekaut ist, dass man gerne mal an seinem Wahrheitsgehalt zweifeln darf. Immerhin wird das auch schon seit Jahrzehnten von jedem x-beliebigen gepredigt und ich bin mir ziemlich sicher, die Generationen nach uns werden eben dies auch weiterhin tun.
 
Etwas ist an dieser Aussage aber dennoch dran. Ich nenn es mal "Entwicklung". Ich beobachte seit Jahren, dass sich die Menschheit immer mehr zum schlechten entwickelt - wir immer mehr auf das Thema "Das Ende der Welt" zusteuern. Nicht der spektakuläre Untergang, den Hollywood uns auf die Leinwände zaubert, sondern ein Untergang, der viel tiefgreifender, horrender, schlimmer ist: Der Untergang in Bürokratie, Wirtschaft, Politik.
 
Nehmen wir mal das Thema Musik. Ich erinnere mich noch an die Zeiten von Modems, in denen das vertraute Einwählgeräusch zu vernehmen war, welches fortan für mehrere Stunden den Empfang von Telefonaten unmöglich gemacht hat. Man war begeistert, eingeloggt in ein Netz, in dem es vieles zu entdecken gab. In einem Netz, in dem es auch dem dörflichsten Jugendlichen möglich war, auf einmal die große Welt zu entdecken, sich zu bilden, kreativ zu sein und sich zu entfalten.
 
Ursprünglich zum einfachen Austausch von Forschungsergebnissen entwickelt (so glaube ich mich zumindest zu erinnern), wurde das World Wide Web zu einem wahren Quell der Entdeckungen, des freien Geistes, des Meinungsaustauschs und der Freude vieler.
 
Damals wurde man noch dumm angestarrt, wenn man den konservativen Dorfbewohnern etwas übers Internet erzählte, man kriegte erzählt, dieses "Ding sei ein Werk des Teufels" und man solle sich möglichst weit davon entfernen... und mit der Zeit hielt diese Erfindung immer mehr Einzug in unser aller Leben.
 
Tauschbörsen wurden geschaffen, Informationen, Werke wurden geteilt, der breiten Öffentlichkeit zugänglich gemacht, man entdeckte Bands, von denen man früher nicht einmal irgendwo etwas gelesen hätte, der Quell wahrer Freude sprudelte auf und man konnte aus der Reichhaltigkeit schöpfen.
 
Begriffe wie KaZaA und Napster standen auf der Tagesordnung und man war glücklich und froh, wenn wieder ein Download abgeschlossen war.
 
Dann entdeckte auch die Politik das Medium Internet, die Wirtschaftsbosse wurden darauf aufmerksam, dass das Teilen, der freie Meinungsaustausch die Bürger erreicht hatte und einige bekamen es mit der Angst zu tun. Man versuchte, das Netz zu kontrollieren, man errichtete Barrieren, man schaffte Grenzen, man fing an, der freien Verbreitung von Wissen und Information den Riegel vorzuschieben und man wollte kontrollieren.
 
Aber damit der gemeine Bürger nicht begreift, worum es tatsächlich ging - um Kontrolle, um Macht, um Geld, um Einfluss und Reichtum - musste natürlich ein Deckmantel geschaffen werden, den jeder noch so intelligente Bürger stillschweigend akzeptieren würde: Der Schutz.
 
Wir schützen etwas - dagegen würde niemand vorgehen. Darüber würde sich keiner aufregen. Jeder, der sich gegen den Schutz von etwas stellen würde, würde vom Pöbel selbst niedergestreckt werden, darum müssten sich die hohen Tiere nicht einmal selbst kümmern.
 
Und dann kam eine wahre Flut von "Schutz" auf uns zu. Der "Schutz" geistigen Eigentums, der "Schutz" von Information, der "Schutz" der privaten Daten, der "Schutz" der Bürger und sowohl Medien als auch Politiker starteten eine weltweite Kampagne, die immer wieder dahingehend geschürt wurde, Angst unter der Bevölkerung zu verbreiten. Der Angst vor Terrorismus ("Wir müssen unsere Bürger schützen!"), der Angst vor Verlust ("Lass deine Werke schützen, nur dann ist sichergestellt, dass auch dir gehört, was du geschaffen hast"), der Angst vor... ja vor was eigentlich?
 
Was ist denn nun genau aufgetaucht, wovor sich die Generationen vor uns nicht zu fürchten brauchten? Wo liegen denn nun die wahren Vorteile dieses Schutzes, der von den großen Instanzen unserer Welt so zielstrebig verfolgt und mit Hilfe aller möglichen Mittel durchzusetzen versucht wird?
 
Ich bin heute 27 und ich verstehe sehr gut, dass ein Autor, der sich die Mühe macht, einen Song zu komponieren und diesen auf CDs oder als MP3 zu veröffentlich, auch für seine Mühen entlohnt werden sollte. Genau das gleiche bei Software und anderen Entwicklungen, die von den Menschen heute als "erleichternde Alltagsmöglichkeiten" genutzt werden dürfen.
 
Ich bin auch gerne bereit, für eine gute Arbeit entsprechend Geld zu bezahlen, damit diejenigen, die sich die Mühe gemacht und das Produkt erschaffen haben, rechtmäßig für ihre Mühen entlohnt werden. Aber sind wir mal ganz ehrlich: Was wüsstest du heute, in einem 400 Seelen Dorf lebend, welche neue Platte die angesagteste finnische Band eben rausgebracht hat?
 
Was mich betrifft habe ich extrem viele dieser kleinen silbernen Scheiben dem Konsum von Napster aus den Anfangsstunden des Internets zu verdanken, denn nur so wurde ich auf die vielen Gruppen aufmerksam, konnte mich in ihre Songs verlieben und fand schon bald, dass ein paar heruntergeladene Titel zu wenig Respekt der Band gegenüber sind. Ich fing an, mir CDs zu bestellen (wieder über das Internet), zu späteren Zeiten orderte ich MP3 Alben und schöpfte die Möglichkeiten aus, die mir im Rahmen der aktuellen Gesetzeslage möglich waren.
 
Und alles weswegen? Weil ich durch das Hören der Songs auf die Bands aufmerksam werden konnte. Weil mir im Rahmen eines freien Internets die Möglichkeit gegeben wurde, Meisterwerke zu entdecken um sie später entsprechend zu entlohnen. Weil ich es konnte und mir keiner einen Riegel vorgeschoben hatte.
 
 
Wohin führt uns das alles?
Mittlerweile nach einigen, schwerlichen Ereignissen, die viele Menschen das Leben gekostet haben und damit Futter für die Angst- und Panikzustände innerhalb der Bevölkerung sind, ist dieses wilde Rumschreien nach Schutz und Kontrolle größer denn je.
 
Ich beobachte besorgt, wie sich die Zustände in unserem Land, in den Ländervereinigungen, in der globalen Welt entwickeln: Nämlich immer mehr zu einer Gesellschaft, die den erschreckenden Filmen über absolute systematische Kontrolle in nichts nachstehen. Diktatur unter dem Namen der Demokratie. Intelligent verpackte Lügen, die den Bürgern als etwas gutes vorgesetzt und von diesen stillschweigend als das akzeptiert werden.
 
Was sieht man, wenn man seine Augen öffnet?
 
Pflichtabgaben. GEZ. In einer Zeit, in der wir technisch weit über "entweder alles oder gar nichts" hinaus sind. Heute wäre es ein leichtes, die einzelnen TV-Sender so zu klassifizieren, dass man als Konsument exakt entscheiden kann, welche man davon nutzen und welche man niemals nutzen möchte. Und entsprechend könnte man gewisse Gebührenmodelle entwickeln, die prozentual (je nach erbrachter Leistung) genormt sind und die auf die Wünsche des Kunden und nicht auf die Gier des Leistungserbringers ausgerichtet wären.
 
Rechteverwertung. Wir sind mittlerweile soweit, dass es Bands heutzutage nicht mehr möglich ist, eigene Songs auf ihrer eigenen Internetplattform kostenfrei zum Streaming oder als Video anzubieten, sofern die GEMA nicht ihre Finger im Spiel hat. Nein, die Bands müssen Abgaben an die GEMA zahlen, um hinterher die Gewinne - nach Abzug von Verwaltungs- und Bürokratiekosten selbstverständlich - wieder einzukassieren. Wie krank ist das denn bitte? Wers nicht glaubt, den dürfte dieser Artikel interessieren.
 
Totalitäre Kontrolle und Terrorismusverdacht für jedermann. Es gab mal eine Zeit, da wurde man in den Knast gesteckt, weil man ein schweres Verbrechen begangen hatte. Dies könnte nun auch bald der Vergangenheit angehören. Die Zustände sind nicht mehr weit von dem entfernt, was wir bereits seit 2002 in dem Film Minority Report beobachten können: Man wird verurteilt für etwas, das man gar nicht getan hat.
 
Die Filmgeschichte ist voll von Beispielen, dass solche Systeme regelmäßig versagen, dass die Großen darin trotzdem tun und lassen können, was sie wollen, dass es am Ende nur dahin führen kann, dass dieses System möglichst schnell wieder aufgelöst wird. Die Insel, Equilibrium, V for Vendetta, 1984, Daybreakers und so weiter.
 
Bisher wurde immer gesagt: "Ach, das ist doch nur Hollywood" aber ist es das wirklich? Oder ist es nur der verschleierte Versuch eines Regisseurs, der Welt etwas aufzuzeigen, was er offen so niemals sagen dürfte? Wird Kunst nicht schon seit Jahrhunderten dafür genutzt, um die Welt auf etwas aufmerksam zu machen, das sie vielleicht interessieren sollte?
 
Aktuell geistern wieder solche Phantom-Schutz-Projekte durch die Gegend. SOPA und PIPA wurden kürzlich in den Medien diskutiert und fanden weltweit heitere Gemüter und Antagonisten. Die Rechte sollten besser "geschützt" werden und Milliarden von Bürgern passte dies scheinbar gar nicht. Die große Resonanz brachte den gewünschten Erfolg - das Projekt wurde verschoben. Klar wird jetzt nur versucht werden, das ganze hinter irgendwelchen anderen "schrecklichen Ereignissen" zu verstecken um hinterher sagen zu können "Wir hatten euch ja gewarnt" und die gewünschten Forderungen dann im Rahmen dieser Panikattacke einfach abgenickt zu kriegen, aber es ist vorerst vom Tisch. Teilerfolg.
 
Was jedoch wesentlich bedenklicher als SOPA ist, ist etwas, das unter Ausschluss der Öffentlichkeit (und damit nicht in deren Interesse) hinter verschlossenen Türen mit den Mächtigen der Industrie und Politik vereinbart wurde: ein neuer "Schutz" in Form von ACTA.
 
 
Manche reden davon, dass dieses Video überspitzt ist, aber ist es das wirklich? Was bedeutet es, wenn die Welt tatsächlich den Weg für diese Art von "Rechtsprechung" freigemacht hat? Was bedeutet es, wenn einzelne auf einmal über das Wohlergehen vieler unter dem Deckmantel des Schutzes urteilen können? Ist es nicht genau das, was man an den fiktiven System in den oben genannten Filmen immer kritisiert hat?
 
Polen hat verstanden, worum es vergeht und damit begonnen, die Straßen zu bevölkern. Polen hat angefangen zu demonstrieren und der Öffentlichkeit zu zeigen, dass dies der falsche Weg für ein friedliches, harmonisches Miteinander ist, in denen wirklich die Rechte aller gewahrt bleiben.
 
Avaaz hat eine Petition ins Leben gerufen, die in Brüssel an die Entscheidungsträger der EU übergeben werden soll, an der sich bis zum jetzigen Zeitpunkt (01.02.2012 - 5:30 Uhr MEZ) bereits über 1.353 Millionen Menschen beteiligt haben.
 
 
Was kann ich tun?
Deine Stimme zählt etwas. Du bedeutest etwas. Du kannst heute und jetzt damit beginnen, die Nachrichten nicht mehr einfach zu schlucken, sondern dein Hirn dabei zu benutzen und dir die Geschehnisse auf der Welt richtig zu Gemüte zu führen. Du kannst anfangen, Fragen zu stellen. Fragen, wie "Inwiefern schützt mich das wirklich?" "Welche Auswirkungen hat dies oder jenes auf das alltägliche Leben? Auf meine Familie?"
 
Du kannst andere über die Tatsachen informieren. Du kannst Flugblätter gestalten und sie in deiner Uni verteilen. Du kannst Referate in Schulen machen oder dich mit deiner Familie über die Zustände unterhalten und gemeinsam Entscheidungen treffen, wie ihr für die Dinge einstehen könnt, die euch wirklich etwas bedeuten.
 
Du kannst auf die Straße gehen und der Welt zeigen, dass du mit der jetzigen Entwicklung nicht einverstanden bist und die Dinge fordern, die wirklich dabei helfen, eine bessere Welt zu gestalten.
 
Fakt ist: Wenn wir alle weiterhin faul auf unseren Wohnzimmersesseln rumhocken und dabei zusehen, wie andere über unsere Köpfe hinweg entscheiden, brauchen wir uns nicht mehr zu wundern, wenn unsere Rechte immer weiter beschnitten und wir immer mehr in ein System gepresst werden, das hinterher keinem von uns mehr gefällt.
 
Wir können etwas unternehmen. Wir können etwas verändern. Wir können unsere Stimme erheben und bei den jetzigen Entwicklungen sollten wir schnellstmöglich damit beginnen, um die Ausuferungen einiger Mächtiger wieder in ihre Schranken zu verweisen und dafür zu sorgen, dass der demokratische Grundgedanke, das Grundgesetz und die Freiheit unseres Landes niemals durch irgendwelche Wirtschaftsbosse, Politiker oder Lobbyisten eingeschränkt wird.
 
Früher gings auch. Früher konnte man auch leben ohne Angst vor irgendetwas haben zu müssen und ohne, dass sich der "fürsorgende Staat um deine Sicherheit gekümmert" hat. Und daran hat sich bis heute rein gar nichts geändert. Würden die gierigen Schlünder der Wirtschaft ihre Mäuler weniger weit aufreißen und würde der Elan, der heute in Klagen und Verurteilungen investiert wird besser in die Entwicklung neuer Vermarktungsmodelle und vor allem in die Entwicklung qualitativ hochwertiger Produkte gesteckt werden, bräuchten diese nämlich auch nichts zu befürchten.
 
Stattdessen werden panisch die Verbreitungsmodelle der Konkurrenten aufgekauft und zu tode gewirtschaftet und der mündige Bürger sitzt unmündig vor seinem Youtube Account und bekommt zu sehen, dass jemand anderes für ihn entschieden hat, dass er nicht dazu auserkoren ist, frei zu entscheiden, welche Informationen er sich jetzt zu Gemüte führen darf.
 
Die Frage an alle von euch lautet also: Was läuft in unserer Welt schief?

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