Dass französische Filme durchaus sehenswerte Kost bieten, wurde der breiten Masse spätestens mit dem Erfolgshit Ziemlich beste Freunde klar. Der mehrfach Oscar prämierte Stummfilm The Artist oder der Klassiker Die fabelhafte Welt der Amelie sprechen zusätzlich für das filmische Geschick der Franzosen. Für Nachschub ist gesorgt: In ihrem Haus wurde nicht nur auf diversen Filmfestivals mit Preisen ausgezeichnet (60. Festival Internacional de Cine de Donostia-San Sebastián & Tromsø Internasjonale Filmfestival 2013), sondern darf sich auch hier in Deutschland mit dem „Prädikat besonders wertvoll“ der deutschen Film- und Medienbewertung schmücken.
Story
Die Sommerferien sind vorbei, ein neues Schuljahr beginnt. Für den Französischlehrer Germain (F. Luchini) heißt das wieder eine neue, desinteressierte Schulklasse unterrichten zu müssen. Von dem einstigen Verlangen, die Freuden der Literatur weiterzugeben, ist schon lange nichts mehr übrig. Stattdessen muss sich Germain mit inhaltslosen Aufsätzen seiner Schützlinge zufrieden geben, die nicht einmal eine halbe Seite füllen. Zwischen all den lieblos dahin geschmierten Werken über das erlebte Wochenende, entdeckt der Lehrer jedoch eines mit Potential. Der Schüler Claude (E. Umhauer) berichtet darin über seinen ersten Aufenthalt im Haus des Schulkamerads Rapha. Um Claudes Schreibtalent zu fördern, liest Germain auch seine folgenden Berichte über die Erlebnisse in dem fremden Haus Korrektur. Was er da jedoch zu lesen bekommt, beunruhigt ihn zunehmend.
Eigentlich entspricht In ihrem Haus den typischen Erwartungen eines Thrillers, gleichzeitig überrascht die Romanverfilmung aber auch - eben wie ein gutes Buch. Der Plot besteht aus zwei Handlungssträngen. Auf der einen Seite steht Schüler Claude, der im fremden Haus herumschnüffelt und seine Eindrücke mit poetischem Unterton niederschreibt. Auf der anderen Seite befinden sich Lehrer Germain und seine Frau, die seine Texte über das Haus und die darin lebende Familie zu entschlüsseln versuchen. Regisseur Ozon zieht den Spannungsbogen mit fortlaufender Handlung immer weiter an, lässt seine Zuschauer über den weiteren Verlauf jedoch stets im Dunkeln. Hohe Konzentration setzen vor allem die langsam ineinanderfließenden Handlungsstränge voraus, bei denen Wahrheit und Fiktion gefährlich nahe beieinander liegen. So erreichen die Aufsätze schließlich einen extremen Punkt, der die Frage aufwirft, ob es sich dabei um die Realität handelt oder vom Autor raffiniert getäuscht worden zu sein.
Überhaupt setzt Ozon seine Figuren interessant in Szene. Während Claude die realen Charaktere seiner Aufsätze bis in die intimsten Momente hinein beobachtet, bleiben jegliche Details über ihn komplett verborgen. Das macht ihn zu einer unberechenbaren Person mit unberechenbaren Handlungen. Alles ist möglich. Ernst Umhauer spielt seinen Charakter entsprechend geheimnisvoll. Während er einerseits unheimlich kühl wirkt, wickelt er den Zuschauer andererseits mit einer sentimentalen Seite gekonnt um den Finger. Durch sein Zusammenspiel mit Fabrice Luchini, der Germain verkörpert, verwandelt der Junge die zunächst simpel wirkende Handlung in ein spannendes Katz und Maus Spiel.
Bildqualität
- Video-Codec: MPEG-4/AVC, 1920x1080p, Ansichtsverhältnis 1.85:1
- leichtes Filmkorn
- gute Durchzeichnung
- authentisches Farbbild
- milchiges Schwarz
- teilweise blasse Farben
Tonqualität
- Deutsch DTS-HD MA 5.1, Französisch DTS-HD MA 5.1
- klare Wiedergabe
- detailreicher Klang
- Sounduntermalung auf alle Kanäle verteilt
- einwandfrei verständliche Dialoge
- zu frontlastig
Ausstattung
Ganze 51 Minuten Making-Of Material liegt auf der Blu-ray zum Ansehen bereit. Zwar nicht in HD, aber zumindest in akzeptabler Bildqualität. Inhaltlich verzichtet das Making-Of auf Interviews oder Stimmen aus dem Off, die alles erklären. Hier werden schlicht die Dreharbeiten mit all ihren kleinen und großen Hürden unkommentiert vorgeführt. Mit deutschem Untertitel versteht sich. Bei den entfallenen Szenen handelt es sich nicht um mindere Qualität, sondern einfach um Szenen, die laut F. Ozon rhythmisch nicht in den fertigen Film hinein passen. Die Outtakes halten wie gewohnt Versprecher und Lacher parat.
Fazit
Aus technischer Sicht bewegt sich die Blu-ray insgesamt im Mittelmaß. Die Bildqualität hinterlässt nur einen mäßigen Eindruck. Der Grund dafür liegt bei den schwachen Innenaufnahmen. Bleiche Farben, unruhiges Filmkorn und trübe Schwarzwerte fallen auf Dauer störend ins Auge. Szenen mit Tageslicht weisen diese Mängel nicht auf. Klanglich bewegt sich die Umsetzung mit einer klaren Wiedergabe und vielen hörbaren Details auf gutem Niveau. Bei den Extras gibt es schließlich einen Pluspunkt für das schlichte, aber ausführlich gehaltene Making-Of. In ihrem Haus erweckt die voyeuristische Seite des Zuschauers. François Ozon verleiht dem Kick des Spannens ein poetisches Gewand und treibt dieses Spiel in eine extreme Richtung. Obwohl der Film ständig Gefahr läuft, in die Langweile abzurutschen, hält er das Publikum mit einem straffen Spannungsbogen, interessanten Figuren und raffiniert gesetzten Wendungen ununterbrochen in Atem. (mwo)
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Kaufempfehlung
Testgeräte
TV: Philips 37 PFL 8404 H
BDP: LG BP 620
AVR: Onkyo TX-SR508
Boxen: Teufel Concept R2