Alles begann im Jahr 2011 mit einem Haus, in dem die Geister von diversen Mördern den neuen Bewohnern das Leben schwer machten. In den folgenden Staffeln der von Ryan Murphy und Brad Falchuk erdachten Anthologieserie wurden diverse Themen der amerikanischen Horror-Popkultur abgehandelt, und nun veröffentlicht 20th Century Fox bereits die sechste Staffel, die den Untertitel Roanoke trägt.
Enthalten sind alle zehn Folgen der sechsten Staffel, verteilt auf drei Blu-ray Discs, und was diese in inhaltlicher und technischer Hinsicht zu bieten haben, klärt die nun folgende Rezension.
Story
Um den Gefahren der Großstadt zu entkommen kaufen Shelby und Matt Miller (S. Paulson & C. Gooding jr.) mit ihren letzten Ersparnissen ein einsames Haus in den Wäldern North Carolinas. Schon kurz nach ihrem Einzug beginnen sich des Nachts seltsame Gestalten auf dem Grundstück zu tummeln, die Matt dazu veranlassen, das gesamte Haus mit Kameras auszustatten und seine labile Schwester, die ehemalige Polizistin Lee (A. Bassett), zu bitten, auf Shelby aufzupassen. Bald schon wird klar, dass es sich bei den Gestalten um rachsüchtige Geister aus der viele Jahrhunderte zuvor spurlos verschwundenen Roanoke Siedlung handelt, deren selbsternannte Anführerin Thomasin White (K. Bates), genannt die Metzgerin, die Überlebenden auf Geheiß der mächtigen Waldhexe (Lady Gaga) einst in diese Gegend führte und nun ihren Anspruch auf das Land blutig verteidigt. Der Überlebenskampf der Millers und Lee wird zum Gegenstand der gefeierten Serie „My Roanoke Nightmare“, die sich als so erfolgreich entpuppt, dass sich Produzent Sidney James (C. Jackson) dazu entschließt, eine weitere Staffel folgen zu lassen. Hierfür will er die echten Millers (L. Rabe & A. Holland) und die echte Lee (A. Porter) gemeinsam mit ihren Darstellern aus der ersten Staffel während eines neuen Zyklus des berüchtigten Blutmondes in dem Haus der Millers vereinigen. Doch bald schon kommt es erneut zu merkwürdigen Zwischenfällen und mit dem Einbruch der Nacht beginnt das Grauen von vorn…
Das wichtigste vorneweg – für alle die es noch nicht wissen: Da es sich bei „American Horror Story“ um eine Anthologieserie handelt, kann man jede Staffel einzeln anschauen, ohne die vorangegangenen Staffeln zu kennen. Jede Staffel erzählt eine in sich geschlossene Geschichte. Allerdings kommt es innerhalb der einzelnen Staffeln zu Querverweisen auf vorangegangene Ereignisse, die jedoch keine große Rolle spielen und daher als Fanjob oder Belohnung für treue Fans gewertet werden können.
Im Prinzip handelt es sich bei der hier vorliegenden sechsten Staffel gleich um drei ineinander übergehende Geschichten, die jede für sich genommen ihre Stärken und Schwächen hat und einen fortlaufenden Handlungsbogen verfolgt. Wichtiger als die eigentliche Handlung ist in dieser Staffel allerdings die Inszenierung, welche die Geschichte als Aufhänger nimmt und als Hommage an die modernen Medien und aktuelle Film- und Fernsehformate verstanden werden darf.
Die ersten fünf Episoden folgen dabei dem Format einer Dokumentation beziehungsweise einer Mokumentary (also einer angeblich wahren Begebenheit), die von Darstellern nachgestellt wird), während die „echten“ Augenzeugen, respektive Beteiligten, in Interviews das zu sehende kommentieren.
Episode 6 bis 9 nimmt den Faden von „My Roanoke Nightmare“ dann auf, hakt die ersten fünf Episoden als eine Art „Film im Film“ ab und zeigt die Produktion von „Return to Roanoke – Three Days in Hell“ der zweiten Staffel eben jener Serie, die dem Zuschauer in den ersten Fünf Episoden gezeigt wurde, und befleißigt sich dabei der Inszenierungsform des Found Footage Films.
Die letzte Episode setzt dann nach den Ereignissen der zweiten fiktiven Staffel ein, und zeigt das Wirken der „Spirit Chasers“, also einer Gruppe von „TV-Geisterjägern“, welche die Ereignisse der ersten und insbesondere der zweiten Staffel von „Roanoke Nightmare“ als Betrug entlarven wollen.
Da ich persönlich ein großer Fan des Found Footage Formats bin, und grundsätzlich auch Spaß an Geister-Dokumentationen und Spukhausgeschichten habe, fand ich sehr großen Gefallen an dieser Staffel der erfolgreichen Serie, auch wenn – oder weil – sie komplett anders war als die vorherigen Staffeln. Leider bedeutet das im Umkehrschluss aber auch, dass all jene, welche insbesondere die künstlerisch verschnörkelte Inszenierung der vorherigen Staffeln schätzen (und eventuell nichts für Found Footage Filme übrig haben) diese Staffel der Serie unter Umständen nicht wirklich mögen werden. Objektiv betrachtet setzt sie allerdings genau das fort, was die ersten Staffeln vorbereiteten: Die typischen Amerikanischen Horrorgeschichten nämlich. Von der klassischen Spukhausgeschichte über die Irrenanstalt, hin zu den Voodoo- und Hexenmythen, den Freakshows und Horrorclowns und zuletzt Vampir- und Serienmördergeschichten – und nun gelangt die Serie zu Geistererscheinungen, die im Fernsehen und Internet ausgeschlachtet werden.
Als eigentliche Handlung wurde dabei das bis heute mysteriöse Verschwinden der Roanoke Kolonie herangezogen – eine in Amerika weitestgehend bekannte Begebenheit, die bereits in den Erfolgsserien Supernatural, Sleepy Hollow und Falling Skies behandelt wurde, und damit nahezu perfekt als echte American Horror Story deklariert werden kann.
Ganz nebenbei wurde noch eine ebenfalls spannende Nebenhandlung mit kannibalistischen Hinterwäldlern im Stil der Sawyer-Familie aus der Texas Chainsaw Massacre-Reihe eingebracht, und natürlich fehlt es auch nicht an Querverweisen zu The Blair Witch Project, eben jenem Kultfilm, der das Found Footage Format quasi begründet hat.
Bis auf Jessica Lange, die bereits in der letzten Staffel der Serie schon nicht mehr mit an Bord war, sind fast alle bekannten Gesichter der vorherigen Staffeln wieder mit dabei, und teilweise übertreffen sie sich wieder einmal selbst. Insbesondere Kathy Bates kann hier als Metzgerin, beziehungsweise die Darstellerin, die diese Rolle in „A Roanoke Nightmare“ spielt, vollkommen überzeugen und bringt so manche Überraschung mit sich. Lady Gaga kann als Hexe mit viel zu wenig Bildschirmzeit leider nicht wirklich punkten, und auch die Rollen von Denis O'Hare und Evan Peters fallen leider sehr schwach aus. Dafür kann Sarah Paulson diesmal so richtig zeigen was in ihr steckt, und auch Lily Rabe und Angela Bassett laufen wieder zu Höchstformen auf.
Schön sind auch die Querverweise zu vorangegangenen Staffeln. So wird beispielsweise die Herkunft des „Schweinemanns“ aus der Halloween-Episode der ersten Staffel wieder aufgegriffen, und die Reporterin Lana Winters aus Staffel 2 kommt auch wieder zum Einsatz. Das bedeutet natürlich, dass manche Darsteller hier in Doppel- und sogar Dreifachrollen zu sehen sind, was aber keineswegs störend auffällt, sondern irgendwie sogar ganz passend ist. Alles in allem fand ich diese Staffel, nachdem mir die letzten drei nicht wirklich gefallen haben, wieder richtig gut. Etwas traurig ist allerdings, dass diese Staffel keinen Vorspann besitzt, denn dieser war in den vorherigen Staffeln immer ein kleines Highlight.
Bildqualität
Das Bild unterliegt in dieser Staffel der Inszenierungsform und fällt objektiv gesehen ein wenig ab. Da es sich dabei allerdings um ein gewolltest Stilmittel handelt, sollte man das Ganze nicht zu stark ins Gewicht fallen lassen. Die Schärfe bewegt sich überwiegend auf einem guten Niveau, allerdings schaut das Bild alles in allem etwas weich aus. Die Farben sind sehr kräftig, allerdings nicht besonders natürlich. Hier wurde überwiegend auf warme, erdige Farbtöne gesetzt, die der Serie einen passenden Look verleihen. Der Schwarzwert hätte etwas knackiger sein dürfen, geht im Großen und Ganzen aber in Ordnung. Taghelle Szenen wirken deutlich sauberer und vor allem sehr plastisch. In der zweiten Hälfte sorgen „Handkameras“ und „Wackelbilder“ für zahlreiche unschöne Nachzieheffekte. Hier kommt auch immer wieder starkes Rauschen dazu, allerdings handelt es sich hierbei – wie bereits erwähnt – um ein gewolltes Stilmittel. Grundsätzlich entspricht die Qualität also genau dem, was die Macher beabsichtigt haben, und passt perfekt zur vorliegenden Staffel.
Tonqualität
Akustisch gibt es für deutsche Zuschauer wieder einmal nur eine abgespeckte dts 5.1 Tonspur. Wer Wert auf eine dts-HD Master Tonspur liegt, muss sich die Serie im Originalton anschauen, und wird dafür mit einer deutlich kräftigeren Abmischung und ausgefeilteren Dynamik belohnt. Die deutsche Version kann allerdings trotzdem durchaus überzeugen, klingt verhältnismäßig frisch und setzt auf zahlreiche Surroundeffekte, welche den Horror und das unheilvolle Gefühl perfekt unterstreichen. Der Subwoofer kommt nur selten, dann aber in einem brauchbaren Maß zum Einsatz. Die Musik, die in den vorherigen Staffeln immer eines der wiederkehrenden Erkennungsmerkmale war, fehlt hier leider ebenso wie der Vorspann, aber andererseits wäre eine musikalische Untermalung im Stil der vorherigen Staffeln auch kontraproduktiv gewesen. Statt der typischen Musikthemen bekommen wir hier lediglich dezente Unterstützung, die den „realistischen“ Charakter dieser kongenial Staffel unterstreicht. Die deutsche Synchronisation ist wie immer sehr gelungen und setzt auf die bekannten Sprecher der wiederkehrenden Darsteller.
Ausstattung
- American Horror Story: Roanoke auf dem Paley Fest 2017 (30:03 Minuten)
- 12 Promo Clips (3:29 Minuten)
Fazit
Technisch liegt man mit dem 3-Disc Set aus dem Hause 20th Century Fox wie immer goldrichtig, auch wenn das Bild diesmal aufgrund des eingesetzten Inszenierungsstil etwas abfällt, was allerdings so gewollt ist. Der Ton kann trotz abgespeckter dts-5.1 Tonspur durchaus überzeugen, allerdings zeigt die unkomprimierte Originaltonspur deutlich mehr Kraft und Dynamik. Das Bonusmaterial ist leider etwas mager und wird von Staffel zu Staffel weniger.
Die sechste Staffel geht einen völlig neuen Weg und bedient sich des Found Footage- und Dokumentationsformats um eine durch und durch spannende und vor allem geradlinige Story zu erzählen, die inhaltlich vieles zu bieten hat. Für Fans der vorherigen Staffeln ist diese neue Staffel daher etwas gewöhnungsbedürftig, da sie weitaus rauer und brachialer erzählt wird, und nur wenig Wert auf verschnörkelte Kameraspielereien und Storytwists legt. Für Fans der FF-Formats und Freunde des „echten“ Horrors hingegen ist diese Staffel eine echte Empfehlung. Mir jedenfalls hat sie besser gefallen als die letzten drei Staffeln, und da sie inszenatorisch, darstellerisch und inhaltlich überzeugen konnte, gibt’s auch eine verhältnismäßig hohe Wertung.
(Michael Speier)
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