Manchmal ist es gar nicht so schlecht hier auf der Website als Rezensent für den Bereich Filmreviews zu sein, es gibt nämlich so Filme die ich schon immer mal sehen wollte, sich aber nie wirklich die Gelegenheit dazu ergeben hat. Als „Paris, Texas“ dann in unserer Redaktion auftauchte, schien der richtige Zeitpunkt gekommen, man braucht wohl nur „den richtigen Anlass“.
Story
Vier Jahre nach seinem Verschwinden taucht der tot geglaubte Travis in einer Steinwüste nahe der mexikanischen Grenze auf. Ein Arzt benachrichtigt seinen Bruder Walt, der den erinnerungslosen Mann in seinem Haus in L.A. aufnimmt. Bei Walt trifft Travis auch auf seinen siebenjährigen Sohn Hunter, der seit der Trennung seiner Eltern bei seinem Onkel lebt. Zögerlich kehren Travis’ Erinnerungen zurück und auch sein zurückhaltender Sohn fasst langsam Vertrauen. Gemeinsam mit Hunter begibt sich Travis auf die Suche nach seiner verschollenen Frau Jane: Der Beginn einer abenteuerlichen Odyssee durch den kargen Südwesten Amerikas...
Da ich nicht nur als Zuschauer, Rezensent oder Filmfan, sondern auch als Filmemacher Filme schaue, war es mir schon immer ein Anliegen zu wissen „wie alles begann“. Natürlich, „Paris, Texas“ ist kein Film aus den 50er Jahren aber zumindest aus einer Zeit in der ich noch nicht geboren war. So können sich einige Filmperlen auch nicht mit meiner subjektiven Meinung und heutigen Einstellung zum Medium decken. Zuletzt schaute ich „Citizen Kane“ und konnte mit diesem, sich wie Kaugummi ziehenden, von Kritikern bejubelten Werk einfach nichts anfangen, auch wenn ich die zur damaligen Zeit moderne Machart respektiere.
Um eines vorwegzunehmen, bei „Paris, Texas“ war ich von Beginn an fasziniert. Diesen Film quasi endlich in wahrer Pracht zu sehen, dafür liebe ich sowohl das Medium Blu-Ray, als auch den Fakt, dass es sich hierbei um eine wirklich sehr schöne Restauration handelt. Der deutsche Regisseur Wim Wenders hat in diesem Film gezeigt, dass er ein Händchen für Bilder hat. Wie hat man damals so schön sagt: „Der Film ist toll fotografiert.“, dem ist nichts mehr hinzuzufügen. Als kompletter „Nichtkenner“ seiner Filmografie und seines Schaffens, hat er hier wahrlich sein ganzes Können unter Beweis gestellt. Das gilt nicht ausschließlich für die Kameraarbeit, sondern auch „wie“ Wenders seine Geschichte erzählt.
Glücklicherweise habe ich mich vorher nicht über die Story informiert und konnte zunächst richtig miträtseln, wer ist dieser Mann mit der roten Schirmmütze, der mit einem Kanister Wasser durch die Wüste von Texas marschiert? Die ersten knapp 40 Minuten werden diesem Mysterium gewidmet und schon hier wird eines klar, auch in den nächsten knapp 2 Stunden haben wir es mit einem langsamen Film zu tun, allerdings in bester Art und Weise. Man spürt förmlich die Sonne Texas und die behutsam aufgebaute Hauptfigur, wächst einem immer mehr ans Herz. Der „konkrete Plot“ des Streifens, beginnt erst ab der Hälfte, nachdem wir uns mit der Figurenkonstellation auseinandersetzen konnten. `
Der nächste Akt befasst sich nämlich mit der erneuten Annäherung von Travis und seinem Sohn Hunter, hier stellt sich auch schon eine Frage, die viele Kritiker spaltet. Sollte ein Kind unter allen Umständen bei seinen leiblichen Eltern sein oder bei denen die es großgezogen haben? Schließlich haben Walt und seine Frau Hunter über 7 Jahre wie ihr eigenes Kind behandelt, da sowohl Travis als auch Jane wie vom Erdboden verschluckt waren. So dauert es nicht lange bis „Paris, Texas“ seinen letzten und auch stärksten Akt erzählt. Die gemeinsame Suche nach Jane, Travis und Hunter, Vater und Sohn begeben sich auf einen Roadtrip quer durch die Südstaaten.
Auch wenn womöglich viele Leser den Film bereits in seiner Gesamtheit kennen, möchte ich Neulingen wie mir hier nicht den Spaß verderben. Für mich ist dieses letzte Drittel vollgepackt mit sehr intensiven Szenen und fantastischen Schauspiel. Hierbei ist vor allem Nastassja Kinski zu loben. Denn auch wenn ihr Gesicht auf dem Cover prangt und auch mit ihrem Namen geworben wird, sie hat ähnlich wie damals Anthony Hopkins in „Das Schweigen der Lämmer“ gar nicht so viele Szenen, doch die die sie hat, sind sehr intensiv. Das lange Warten auf ihren ersten Auftritt zahlt sich auf alle Fälle aus.
Bildqualität
Die Blu-Ray liefert ein zumindest sehr schön aufbereitetes und restauriertes Bild, basierend auf Filmmaterial wurde ein 4K Digital Intermediate erstellt. Im Gegensatz zur ersten Veröffentlichung, hat man hier auch das Originalformat 1.66:1 beibehalten und nicht auf 1.78:1 „gezoomt“. Das natürliche Rauschen bzw. die Filmkörnung fügen sich stimmig ins Gesamtbild ein. Es ist immer wieder erstaunlich, was man aus diesem Ausgangsmaterial herausholen kann, denn logischerweise wurde auf Film gedreht. Die Farben sind dabei zu jeder Zeit schön Kontrastreich und entsprechen wahrlich der Vision des Regisseurs. Selbst in dunkleren Szenen schaut es wirklich tadellos aus. Auch die Schärfe und der generelle Look, kann sich auch mit heutigen Produktionen messen und hinterlässt ein tolles Gesamtbild.
Tonqualität
Die englische und deutsche Tonspur kommen in DTS-HD MA 5.1 daher. Beide sind klar und angenehm verständlich, wobei die Tonqualität selbst natürlich nicht mit aktuellen Produktionen mithalten kann. Ich rate auch unbedingt dazu den Film im Originalton zu sehen, die Synchronisation wirkt unter heutigen Maßstäben ziemlich altbacken, englische Namen werde nicht korrekt ausgesprochen und die Dialoge sind teilweise merkwürdig übersetzt. Immerhin ist der Klang ansonsten fehlerlos, wobei natürlich nicht so poliert und sauber wie heutzutage. Gerade wenn die Musik einsetzt merkt man aber, das hier doch ein schöner Dynamikumfang abgedeckt wird.
Ausstattung
Als Extra gibt es Audiokommentar des Regisseurs, ein Interview, geschnittene Szenen, ein kurzer Beitrag aus Cannes und die „Super 8 – Footage“ des Filmes. Leider konnte ich keinen Blick auf die Aufmachung und das dazugehörige neue Booklet werfen, da wir nur eine Check-Disc zum Film bekommen haben.
Fazit
„Paris, Texas“ ist ein herausragender Film, gerade für die Zeit. Er sieht vor allem dank der tollen Restauration aber auch der Kameraarbeit an sich auch heute noch wirklich klasse aus und auch die Geschichte ist dank ihrer gelungenen Atmosphäre und den tollen Schauspielern wirklich sehenswert. Wer einen Kult-Film in neuem Gewand sehen will, sollte sich dieses Werk nicht entgehen lassen.
(Tom Sielemann)
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