Alice Sebolds Roman „The lovely Bones“ berührte Millionen von Lesern weltweit. Die Geschichte um den Mord an einem Mädchen und die Folgen für die Hinterbliebenen, ist aus einer ungewöhnlichen Perspektive erzählt. Das Buch und auch der Film sind eher in das Genre sensibles Familiendrama einzuordnen und keine auf Schockeffekte setzende Kriminalgeschichte. Das ausgerechnet ein Blockbuster Regisseur mit Händchen für schwierige Stoffe, wie Peter Jackson (Braindead, Herr der Ringe, King Kong) sich die Rechte sicherte, um den Stoff für die Leinwand zu adaptieren, ließ die Erwartungen an eine gelungene Verfilmung steigen. Nach mäßigem Erfolg in den Kinos, besteht nun für Heimkinofreunde die Chance, sich selbst ein Bild zu machen, ob der Herrscher über CGI-Special Effects auch ein intensiv erzähltes Drama adäquat umsetzen kann.
Story
Susie Salmon (S. Ronan) ist 14 Jahre alt und wächst Anfang der 70er Jahre in einer liebenswerten Familie auf. Die Eltern (R. Weisz, M. Wahlberg) lieben sich auch nach vielen Ehejahren noch und kleinere Streitereien mit ihrer Schwester und ihrem Bruder überdecken nicht den Eindruck das Susie Teil keiner glücklichen Familie ist. Doch die Idylle zerbricht jäh, als Susie in die Fänge eines Psychopathen gerät und ermordet wird. Für die Eltern bricht eine Welt zusammen und Stück für Stück bekommt die Familie Risse. Denn sowohl ihr Vater, als auch ihre Mutter, kommen über den Tod ihres Kindes nicht hinweg. Während Susies Vater sich obsessiv verhält und in immer wildere Täterverdächtigungen hineinsteigert, verschließt sich ihre Mutter immer mehr und verlässt die Familie schließlich. Doch unterdessen nimmt Susies Mörder längst ein weiteres Mitglied der Salmon Familie ins Visier...
Was sich etwas unspektakulär liest und den Eindruck eines simplen Krimis erweckt, gewinnt durch einen besonderen erzählerischen Kniff Tiefe und Bedeutung: Susie kann nicht loslassen, genauso wie auch ihre Familie im Schockzustand verharrt. So nimmt sie weiterhin teil am Leben und Leid ihrer Familie, ohne jedoch einen Kontakt herstellen zu können. Susie ist zwar tot, befindet sich aber in einer Zwischenwelt und erzählt das Geschehen aus dem Jenseits. Dort lebt sie in einer Fantasiewelt, die ihre Träume und Wünsche, aber auch ihre Ängste - widerspiegelt und visualisiert. Ihre Welt ist voller Symbole, dunkler Metaphorik und spielt auch mit den gängigen Vorstellungen vom „Himmel“ - in Sachen CGI macht Jackson keiner etwas vor.
Noch besser ist aber der Realfilmteil. Die Regie verzichtet weitgehend auf Sentimentalität und Klischees und hat es nicht nötig, die brutalen Seiten von Susies Tod ins grelle Licht der Kamera zu zerren. Diese Horrorvorstellung überlässt er unserer Imagination und diese Zurückhaltung tut dem Film gut, weil die Ungewissheit dem Zuschauer in die Perspektive der Eltern versetzt und mitleiden lässt. Die tollen Darstellerleistungen – allen voran Saoirse Ronan (Susie) und Mark Wahlberg sind mitreißend. Neuentdeckung Saoirse Ronan ist seit Abbitte keine Überraschung mehr. Ihr natürliches, genaues Spiel, bei dem jede Regung, Mimik und Gestik beachtenswert ist, stellt eine Klasse für sich dar. Da wächst ein Star heran, dem man beim Reifen auf der Leinwand zusieht. Das Produktionsdesign nimmt einen mit in die beginnenden 70er Jahre und die Kamera produziert den etwas farbarmen, bräunlichen Look, den man mit dieser Zeit verbindet. Neben eindringlich erzählten ruhigen und traurig dramatischen Szenen, kommt aber auch fast unerträgliche Spannung auf, als Susies Schwester auf „Mörderjagd“ geht. Schön übrigens, dass der Film – genau wie das Buch, auf ein Hollywood Happy End verzichtet und dennoch zeigt, was biblische Gerechtigkeit ist.
Bildqualität
Codec MPEG4 – AVC, Ansichtsverhältnis 16:9 2.35:1, Auflösung 1920x1080p
Das Bild ist hervorragend und weist nur wenige Schwächen auf. Dabei muss man bei „In meinem Himmel“ grundsätzlich zwischen den „normal“ gefilmten Szenen und den exzessiven CGI Szenen unterscheiden. Die CGI Szenen sind makellos und auf absolutem Referenzniveau. Kräftige Farben und ein ausgesprochen breites Kontrastspektrum produzieren eindrucksvolle Bilder aus Susies Fantasiewelt. Dazu gesellt sich erstklassige Schärfe im Nah- und Fernbereich und ein guter plastischer Eindruck.
Die „normal“ gefilmten Szenen sind ebenfalls von sehr guter Qualität. Farben und Kontrast sind dort ebenfalls sehr gut, wenn auch nicht auf ganz so hohem Niveau. Das liegt auch daran, dass mit etwas reduzierter Farbpalette gearbeitet wird, um den 70er Jahre Eindruck zu verstärken. Auch die Detaillierung im Nahbereich, z.B. bei Gesichtern überzeugt. Der Schärfeeindruck ist nahe der Referenzklasse anzusiedeln, wird allerdings zuweilen durch das inkonsistent auftretende Graining etwas abgeschwächt. Dieses tritt in dunklen Szenen deutlich sichtbar auf, ist aber auch in Tageslichtszenen, allerdings erheblich schwächer, vorhanden. Obwohl der Schwarzwert gut ist und sowohl dunkelstes Schwarz, als auch feine Abstufungen bietet, fehlen doch noch Kleinigkeiten zur Referenzklasse. Hier liegt eine Blu-ray vor, die ein tolles HD Bild liefert und fast keine Wünsche offen lässt.
Tonqualität
Deutsch DD 5.1, Englisch DTS-HD MA 5.1 u.w.m.
Beim Blu-ray Transfer einer aktuellen Kinoproduktion auf eine HD und sogar eine DTS Tonspur zu verzichten wie im vorliegenden Fall – diese Frechheit verdient eigentlich keine Bewertung. Allerdings ist die DD 5.1 Tonspur gut, wenngleich nicht außergewöhnlich. Dialoge sind immer gut verständlich und produzieren sogar - trotz Frontlastigkeit – etwas Räumlichkeit. Der weitgehend dialoglastige Film produziert auch kein SFX-Gewitter, sondern setzt Surroundeffekte ganz gezielt ein. Das geschieht dann aber eindrucksvoll, z.B. während der Einbruchsszene im Haus des Mörders. Man lauscht mit dem Mörder auf jedes kleinste Geräusch und das steigert die Spannung enorm.
Umso ärgerlicher; denn es empfiehlt sich, genau diese Szene nochmals mit der englischen HD Tonspur anzuhören – dann weiß man erst, was einem als deutschsprachiger Käufer entgeht. Also: Eindeutig zu kurz gesprungen – wieder mal schläft das HD Equipment von Muttersprachlern den Schlaf des Gerechten.
Ausstattung
Alle Extras befinden sich auf der 2.Disc – und diese hat es in sich. Neben einer Einleitung durch Peter Jackson ist eine in drei Teile aufgespaltene Dokumentation enthalten. Jede von ihnen ist sehenswert, unterhaltsam und informativ – weit entfernt von der sonst üblichen „Resteverwertung“.
Die Ausstattung umfasst nahezu 3 Stunden Extramaterial. „Filming 'The Lovely Bones“(1080i, Gesamt 2:57:18): USA Principal Photography (1:27:50), New Zealand Principal Photography (59:43), and Visual Effects Photography (29:45). Peter Jackson liefert das Voice Over (unterstützt zuweilen von anderen Mitwirkenden) und die Tiefe, Detailgenauigkeit und Informationsfülle ist für jeden Filmfan ein echter Schatz der gehoben – also angeschaut - werden will.
Fazit
Bildtechnisch bewegt sich In meinem Himmel nahe der Referenzklasse, und auch die Extras verdienen diese Einschätzung. Was sich Paramount aber beim Ton leistet ist eine Frechheit – zumal die Blu-ray ohne HD Tonspur ja auch nicht billiger verkauft wird, als eine die den Ansprüchen ans Medium gerecht wird.
Der Film ist etwas Besonderes. In meinem Himmel gelingt weitgehend der Spagat zwischen ernsthaftem Charakterdrama mit mystischen Elementen und intensiv-spannend erzählten Thriller. Dennoch gibt es einige herbe Logikfehler, z.B. als der Mörder anscheinend mühelos eine tonnenschweren Safe allein ins Auto hievt, nur um genau diesen Tresor anschließend mit zusätzlicher Hilfe kaum von der Stelle bewegen zu können. Auch die ziemlich abgedroschenen Abschiedsworte, Susie hätte sich Jackson besser sparen sollen – das alles ändert aber nichts daran, das „In meinem Himmel“ eine tolle Romanverfilmung ist, die zeigt, dass der Herr der Ringe auch ein Meister des Dramas ist. (fb)
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Kaufempfehlung
Testgeräte
TV: Sharp Aquos 46" LCD, 100 Hz, 24p
AV-Receiver: Marantz SR5003
Lautsprecher: Teufel Theater 80