Führt der Erfindungsreichtum der Menschheit zu seinem Untergang? Kann künstliche Intelligenz ein Bewusstsein entwickeln? Diese Fragen werden nicht nur in der HBO-Serie Westworld gestellt, sondern ebenfalls im neuen Science-Fiction-Abenteuer von Quantic Dream. Wir haben uns zusammen mit drei Androiden auf eine dramatische Reise zwischen Selbstfindung und feindselige Menschen begeben.
Grafik
Erneut wird deutlich, dass Quantic Dream einer der Pioniere des Motion-Capture-Technik ist. Hierfür wurden Hollywood erfahrene Schauspieler wie Clancy Brown (Highlander) oder Lance Henriksen (Aliens) gecastet. Die Geschichtsanimationen der Charaktere sind nach wie vor State-of-the-art. Auch die restlichen Animationen der Figuren wirken äußerst realistisch. Gerade die Androiden balancieren gekonnt auf dem schmalen Grat zwischen Menschlichkeit und subtilen Bewegungen. Beispielsweise imitieren sie das natürliche leichte Muskelzucken, wenn ein Beweisstück aufgehoben wird. Die Kulissen fallen im Vergleich hierzu leider etwas ab. Bei Bauwerken am Horizont oder bei Steintexturen in der Nahansicht, wird es schon einmal unscharf. Trotzdem ist die Technik auch in der Umgebung stark genug um in flüssigen 30 Bildern pro Sekunde eine glaubwürdige Welt zu inszenieren.
Sound
Auch im akustischen Bereich hinterlässt Detroit – Become Human einen hervorragenden Eindruck. Der Soundtrack unterstreicht passend die dramatischen Ereignisse der Handlung und enthält großartige Kompositionen. Die englischen als auch die deutschen Dialoge sind passend geschrieben und alle Sprecher liefern einen engagierten Job ab. Wir können in diesem Fall, die Original- als auch die Synchronversion ohne Einschränkung empfehlen.
Atmosphäre
Auf ihrer gut zwölf- bis fünfzehnstündigen Reise lernen die drei Androiden vielfältige Schauplätze kennen. Einmal ist man in der von sozialen Gegensätzen geprägten Metropole Detroit unterwegs um dann wieder in den ländlicheren Gebieten des mittleren Westens umher zu ziehen. Man erforscht futuristische Hochglanzbauten, einen verfallenen Freizeitpark, gruselige Keller oder auch Locations, an denen die Schattenseiten der Automatisierung sichtbar werden.
Die Nutzung der Androiden-Technologie bei der Raumscannung zur Objektfindung fügt sich organisch in die Spielwelt ein. Alles zusammen, bietet ein stimmiges und glaubhaftes Bild von Detroit und dem Leben im Jahre 2038.
Singleplayer
Wer bereits ein Spiel von David Cage (z.B. Beyond: Two Souls) gespielt hat, kennt die elementaren Spielmechaniken. Den Hauptaspekt bildet immer die Geschichte. Durch eigene Entscheidungen, die in Dialogen getroffen werden, wird die Abzweigung und der Fortgang der Handlung beeinflusst. An bestimmten Stellen gibt es darüber hinaus einzelne Reaktionstests (Quick-Time Events) zu bestehen. Es gibt auch interessante Neuerungen im Spielablauf. Androiden-Technologien unterstützen uns bei der Raumscannung und der Suche nach Beweisen und relevanten Objekten. Es ist beispielsweise möglich eine Crime-Szenerie in einer Art Zeitraffer zurücklaufen lassen und dadurch die notwendigen Indizien für die Aufklärung aufzuspüren. Im Hauptplot schlüpft man abwechselnd in die Rolle von drei Androiden: Haushaltshilfe Kara rettet die Tochter ihres gewalttätigen Besitzers und befindet sich anschließend auf der Flucht. Im Verlauf ihrer Reise erforscht sie ihre mütterlichen Gefühle und lernt die eigenen Wünsche kennen.
Der zweite Android Markus ist ein Pflege-Android der einen älteren Herrn betreut. Der alternde Künstler steht seinem digitalen Helferlein positiv gegenüber - er unterstützt Markus sogar dabei, eine eigene Persönlichkeit und Kreativität zu entwickeln. Nach einem dramatischen Zwischenfall mit dem leiblichen Sohn des Künstlers, muss aber auch Markus fliehen.
Der letzte im Bund der Androiden ist Connor. Er ist ein kriminalistischer Prototyp, der den rapide ansteigenden Fehlfunktionen und Morden der ehemals treuen Androiden auf den Grund geht. Obwohl sich Connor nicht mit eigenen Selbstzweifeln rumschlagen muss, ist es auch für ihn nicht einfach mit seinem menschlichen Partner Hank umzugehen, der Androiden sehr kritisch gegenübersteht.
Am Beispiel Connor lässt sich relativ gut darstellen, welche moralischen Entscheidungen im Spiel getroffen werden müssen. Wie nimmt es beispielsweise die Auftragsgeberin von Connor auf, wenn der eigentlich auf Rationalität und Zielstrebigkeit getrimmte Agent plötzlich „menschelt“ um mit seinem Partner besser klar zu kommen, bzw. die eigene Karriere voranzutreiben. Oder steht es ihm als Maschine überhaupt zu, Menschlichkeit zu simulieren?
Ein nettes Feature am Rande ist ein Flow-Chart, dass einen transparenten Überblick über die gesamte Geschichte mit jeder noch so gut versteckten Alternativroute bietet. Ein jederzeit abrufbares Diagramm präsentiert alle unserer Entscheidungen in den 32 Kapiteln, deutet an, wie viel geheime Wege es zu entdecken gibt und wie sich andere Spieler weltweit in den jeweiligen Situationen entschieden haben.
Fazit
Detroit – Become Human ist ein tolles Stück Software, bzw. interaktiver Film geworden. Die Geschichte rund um eine mögliche Bewusstseinsentwicklung von Maschinen wirft eine ganze Reihe ethischer Fragen auf. Sich mit diesen Fragen im Spielverlauf auseinanderzusetzen macht den Reiz und die Spannung des neuen Adventures von David Cage aus. Garniert mit einer grandiosen Grafik, superben Animationen und einer glaubhaft inszenierten Welt, macht der neue Titel von Quantic Dream sehr vieles richtig. Die spannende Story, die im letzten Drittel nochmals gehörig Fahrt aufnimmt, bietet Dramatik bis zum Ende.
Wer auf eine großartige Story mit klasse Handlungssträngen, glaubhaften Charakteren und toller Grafik steht, kommt an Detroit – Become Human nicht vorbei.
(Michael Schröder) (weitere Reviews anzeigen)
- stimmige, intensive Stoy
- Flowchart (Entscheidungen anderer Spieler)
- großartige Optik, super Geschichtsanimationen
- klasse Sounduntermalung
- Entscheidungen beeinflussen den Fortgang der Story/li>
- langweilige Aufgaben zur Verlängerung der Spielzeit