Fish Tank (2009, Andrea Arnold)
Charakterstudie über ein junges Mädchen, welches in einer
Sozialbausiedlung in England aufwächst. Sie ist eine
Einzelgängerin, aufgrund ihrer ruppigen und unverträglichen Art
flog sie von der Schule, während sie mit ihrer Mutter und kleinen
Schwester meist im Streit lebt. Ihr einziges Hobby ist das Tanzen,
weshalb sie auch von einer Zukunft als professionelle
Background-Tänzerin träumt. Ein großer Reiz bezieht der Film aus
der authentischen Darstellung der sozialen Wohngebiete und seiner
Hauptfigur. Sie entspricht auf den ersten Blick der
Durchschnitts-Göre, die man aus zahlreichen unerträglichen
Doku-Soaps wie
Mitten im Leben &
Familien im
Brennpunkt zu kennen scheint. Doch man entwickelt auch für sie
ein Interesse, lernt ihr Verhalten verstehen und stellt somit auch
zu ihrer Person eine Verbindung her. Ein Mädchen was sich nach
außen gefühlstechnisch abschottet und fast alles & jeden
verachtet, sie muss schon seit jungen Jahren vom Leben gefrustet
sein. Um nicht verletzt zu werden reagiert sie ablehnend auf
Zuneigung, da sie lernte einen Schutzpanzer anzulegen um nicht
enttäuscht zu werden. Hauptdarstellerin Katie Jarvis meistert den
schmalen Grat zwischen verzogenem Teenager und mitleiderregenden
Mädchen ohne Perspektive.
Andre Arnold gelingt es aus einem trostlosen Setting schöne Bilder
zu generieren. Der Erzählrhythmus ist langsam und verhältnismäßig
ereignisarm, was uns aber hilft besser die innere Verfassung der
Protagonistin zu lesen. Dabei hat Musik für die Figuren einen
besonderen Stellenwert, erinnern doch die Texte und Musikvideos im
TV an ein besseres Leben. Desweiteren werden dadurch auch die
Figuren charakterisiert: Sie hört amerikanische Rap-Musik und
träumt von sonnigen Leben im Luxus, die Sehnsucht ihres Stiefvaters
nach einem anderen Lebensort wird durch
California
Dreamin' ausgedrückt. Ihre Mutter ist in den Vergangenheit
hängengeblieben und will immerzu feiern & trinken, weshalb sie
hauptsächlich 90er Partymukke konsumiert. Alle sind mit ihrer
Situation unzufrieden und versuchen dem zu entfliehen, ihr
Verhalten ist dabei das Ergebnis von jahrelanger
Enttäuschung.
(8/10)