Schutzengel (2012) Blu-ray
Review
Til Schweiger ist gegenwärtig der erfolgreichste deutsche
Filmschaffende. Mit Komödien wie „Keinohrhasen“ (2007),
„Zweiohrküken“ (2009) oder „Kokowääh“ (2010) lockt er regelmäßig
Millionen Zuschauer in die Kinos. Ist es Glück? Zufall? Eine Laune
der Natur? Jeder Film den Schweiger veröffentlicht, wird von einem
immensen Rascheln im Blätterwald begleitet. Urplötzlich entdeckt
die bürgerliche Journaille ihre Vorliebe für anspruchsvolles
Autorenkino und schüttelt einen Verriss nach dem anderen aus dem
Ärmel, während gleichzeitig jedoch täglich und in erstaunlicher
Ausführlichkeit über das Dschungelcamp berichtet wird. Wie dem auch
sei, es klafft offensichtlich eine gewaltige Lücke zwischen der
Realität (Millionen zahlende Zuschauer) und den Meinungen einiger
Redakteure. Warum das so ist, sollen Psychologen klären, denn hier
geht es im Folgenden um den neuesten Streich des umtriebigen
Freiburgers: „Schutzengel“.
Story:
Durch Zufall wird die 15-jährige Nina (L. Schweiger) Zeugin eines
Mordes. Täter ist der einflussreiche Waffenhändler Thomas Backer
(H. Lauterbach), der in seinem Hotelzimmer einen Freund Ninas
erschießt. Backer und sein Sicherheitschef lassen die Tat wie
Notwehr aussehen, doch Nina beharrt in ihrer Aussage auf der
Wahrheit. Trotz seines Einflusses, der bis in die höchsten Kreise
von Politik und Polizei reicht, wird das Mädchen zunehmend zum
Problem. Um Nina zu schützen, wird sie in einem Safehouse
untergebracht. Doch das Versteck bleibt nicht lange geheim. Backers
Schergen stürmen das Haus und wollen die unliebsame Zeugin ein für
alle Mal zum Schweigen bringen. Doch die Aktion entwickelt sich zum
Fiasko, denn Nina hat einen Kampferprobten Beschützer. Der
ehemalige Elitesoldat und Afghanistanveteran Max Fischer (T.
Schweiger) denkt gar nicht daran, seinen Schützling den Attentätern
zu überlassen. Beide begeben sich auf eine waghalsige und
bleihaltige Flucht quer durch das Berliner Umland.
Nach einer Reihe unterhaltsamer Komödien ist nun also Action
angesagt. Wer sich jetzt unfreiwillig an Schweigers letzten
Actionfilm erinnert, sollte diesen schnell wieder vergessen, denn
„Schutzengel“ hat natürlich rein gar nichts mit Uwe Bolls
Trashmurks „Far Cry“ gemein. Als Regisseur, Drehbuchautor und
Produzent hält Schweiger abermals alle Fäden in der Hand. Wie schon
in „Kokowääh“ besetzt er auch hier eine seiner Töchter, diesmal ist
es Luna in einer Hauptrolle. Diese meistert ihre Aufgabe durchaus
gut. Wer deutschen Produktionen grundsätzlich skeptisch
gegenübersteht, kann beruhig sein. Schweiger hat in seiner
Hollywood-Zeit offensichtlich aufmerksam beobachtet, wie zeitgemäße
Kinofilme auszusehen haben. Sowohl Bildsprache als auch
Inszenierung lehnen sich deutlich an amerikanischen Produktionen
an. Jeden Cent des im internationalen Vergleich lächerlich geringen
Budgets von 7,5 Millionen Euro sieht man auf der Leinwand. Die
teils heftigen Shootouts sind einwandfrei in Szene gesetzt. Um
seine Rolle als ehemaliger KSK-Soldat gerecht zu werden, zog er die
Expertise eines aktiven Elitesoldaten heran. Dieser choreografierte
nicht nur einige Actionszenen, sondern brachte dem Hauptdarsteller
auch den korrekten Umgang mit der Waffe bei. Sogar eine blutige
Selbstverarztungsszene à la John Rambo ist dabei! Was will man
mehr?
Doch „Schutzengel“ beschränkt sich nicht nur auf Action. Großer
Wert wurde ebenfalls auf einen soliden emotionalen Unterbau gelegt.
Als Kriegsheimkehrer hat Max nach wie vor an seinen traumatischen
Erlebnissen am Hindukusch zu knabbern. Mit dem einsamen Waisenkind
Nina bildet er damit nicht gerade das psychisch dynamischste Duo.
Und natürlich ist auch noch eine sympathische Ex-Freundin von Max
im Spiel. Was fürs Herz wird also auch geboten. Ist das alles
glaubwürdig? Nun, stellt jemand diese Frage bei „Stirb Langsam“?
Wer Unterhaltung ohne Ecken und Kanten sucht, die Männer und Frauen
gleichermaßen anspricht, darf ohne Bedenken einen Blick
riskieren.
Bildqualität:
-
Videocodec MPEG-4 AVC, Ansichtsverhältnis 2,35:1, Auflösung
1080p
-
ausgezeichnete Schärfe und Detailzeichnung bis in den
Bildhintergrund hinein
-
leicht erhöhte Kontrastwerte
-
gedeckte Farben
-
gute Plastizität
-
fast durchgängig präsentes, natürliches Filmkorn
-
der gut durchzeichnete Schwarzwert verbirgt keine
Details
-
keine auffälligen Transferfehler feststellbar
Der Bildtransfer genügt allerhöchsten Ansprüchen und wird einer
aktuellen Kinoproduktion von internationalem Format vollauf
gerecht.
Tonqualität:
-
Deutsch DTS-HD Master Audio 5.1
-
Dialoge zum allergrößten Teil, aber nicht immer gut
verständlich
-
gut differenziertes Stereopanorama
-
die Surroundkanäle werden durchgängig in das Geschehen
eingebunden
-
Subwoofer wird kaum ernsthaft gefordert
-
ausgezeichnete Dynamik in Actionsequenzen
Für einen Actionfilm ungewöhnlich ist die Tatsache, dass es kaum
nennenswerte Tiefbassattacken gibt. Das mag natürlich an den
fehlenden Explosionen liegen, die das Budget dann doch nicht mehr
hergab. Darüber hinaus erfüllt die Tonspur aktuelle
Ansprüche.
Ausstattung:
-
Audiokommentar mit Til Schweiger
-
Making-Of (ca. 19 Min.)
-
Behind the scenes (ca. 5 Min.)
-
16 deleted scenes
-
Outtakes
-
Interview mit den Produzenten (ca. 23 Min.)
-
Training (ca. 3 Min.)
-
Til Schweiger beim Training (ca. 3 Min.)
-
Reisetagebücher Afghanistanbesuch (ca. 10 Min.)
-
u. a.
Im Vorfeld des Films kam Kritik am Besuch Schweigers bei den
deutschen Soldaten in Afghanistan auf. Im Interview schildern er
und Co-Produzent Thomas Zickler ihre Sicht der Dinge. Darüber
hinaus vermittelt das Bonusmaterial einige interessante
Hintergründe zum Film. Ein Blick lohnt sich. Alle Extras liegen in
HD vor.
Fazit:
Technisch bekommt der Käufer eine überdurchschnittlich gut
produzierte Blu-ray geboten. Bild und Ton bewegen sich durchgängig
auf hohem Niveau. Die Extras gewähren einige interessante Einblicke
in die Produktionsphase des Films.
„Schutzengel“ ist ein für deutsche Verhältnisse aufwändig und
professionell inszenierter Actionfilm, der sich darüber hinaus um
eine solide Charakterzeichnung bemüht. Letzteres ist immerhin mehr,
als man über den neuesten „Stirb Langsam“ Teil sagen kann. Über
„Glaubwürdigkeit“ muss man da erst gar nicht reden. Warum aber
ausgerechnet Til Schweiger diese natürlich berechtigte Kritik
dermaßen überzogen aufs Brot geschmiert wird, ist nicht unbedingt
nachvollziehbar. Man bekommt schlicht das, was man erwartet: Action
für die Herren, ein wenig was fürs Herz für die Damen. Und alle
sind zufrieden. Wer Arthouse sehen will, greift zur Peter Weir
Collection.
Kurzbewertungen:
Story: 7/10
Bild: 9/10
Ton: 8/10
Extras: 7/10
Gesamt*: 8/10
* In der Gesamt-Bewertung wird die
Story nicht berücksichtigt.Kaufempfehlung: 8/10
Die Kaufempfehlung der Schutzengel
Blu-ray wird anhand der technischen Bewertung und unter
Berücksichtigung der Story berechnet.Testgeräte:
TV: Panasonic TX-P55VT50E (55“) (kalibriert)
BDP: Panasonic DMP-BDT500
AVR: Pioneer SC-LX81, 2x Trigon Dwarf II
Boxen: B&W 803S (Main), Teufel M-500 (Surround)