Eine kurze Anmerkung von mir (Klugscheißer) aus Sicht des
Strafrechtlers:
Grundsätzlich ist durchaus bekannt und recht häufig, dass Opfer
(auch schwerster) sexueller Übergriffe erst viele Jahre nach
Beendigung des Übergriffes denselben öffentlich machen und eine
"Auseinandersetzung" mit dem Täter bzw. dessen Sanktionieren
"suchen".
Ursächlich ist hier wohl ein Konglomerat aus Verdrängung, Angst,
(eigentlich unberechtigter) Selbstbezichtigung sowie der Umstand,
dass das Erlebte "verarbeitet" werden will.
Erfolgen Übergriffe auf Kinder sind diese häufig derart
traumatisierte, dass umfassende Verdrängungsmechanismen einsetzen.
Zudem bestehen häufig Abhängigkeiten zum Täter und, was sehr häufig
zu bemerken ist, werden Abhängigkeiten durch den Täter suggeriert
und das Opfer gezielt manipuliert.
Den Opfern gelingt es häufig auch erst nach Jahren - zumeist im
Rahmen einer Psychotherapie - das Geschehen aufzuarbeiten und den
Mut sowie die Notwendigkeit zu finden, gleichsam als "Abschluss
eines Prozesses" die Taten Ihres Peinigers öffentlich zu
machen.
Aus all diesen Gründen ist eine Publikmachung derartiger Taten nach
Jahren oder gar Jahrzehnten alles andere als ungewöhnlich, weshalb
allein die "verspätete" Öffentlichmachung der Taten die
Glaubwürdigkeit des Anzeigenden mitnichten zu erschüttern
vermag.
Dies hat auch der deutsche Gesetzgeber erkannt, der ganz bewußt
besondere Verjährungsregelungen im Bereich der Sexualstraftaten
eingeführt hat - nämlich um diesem "Phänomen" gerecht zu
werden.
Was nun Mr. Spacey abgeht, den ich als Darsteller sehr schätze,
bleibt allerdings eine Aufklärung abzuwarten. Wenngleich
Vorverurteilungen all zu menschlich sind, greift die
Unschuldsvermutung, bis das Gegenteil bewiesen ist. - Soll heißen:
Weniger Spekulation + mehr Fakten, wobei Letzteres nur durch
Aufklärung durch die Strafverfolgungsbehörden begründet werden
kann.
Bedauerlich ist allerdings wieder einmal die "Doppelmoral" der
"Traumfabrik", die die Unschuldsvermutung schlicht "missachtet" und
"Tatsachen schafft", indem man Spacey schon jetzt alles allen
Projekten zu "entfernen" sucht.
Allerdings ist auch dieser Gesichtspunkt als durchaus bekanntes
breitunwirksames Phänomen zu bezeichnen, denn der vermeintliche
Sexualstraftäter wird diesen "Ruf" auch ungeachtet eines
letztlichen Freispruches zumeist nicht mehr los. Allein der
"Verdacht" führt hier häufig zu vollständiger gesellschaftlicher
Missachtung.