Viele Filme dienen rein dem Unterhaltungszweck – oft etwas
abwertend „Popcorn-Kino“ genannt. Meist ausgestattet mit üppigen
Budgets sind in diesem Genre Spezialeffekte und jede Menge Action
das Hauptaugenmerk. Dem entgegen stehen viele vielleicht nicht ganz
alltägliche Kleinproduktionen, die ebenso auf politische wie
gesellschaftliche Probleme aufmerksam machen wollen und zum
Nachdenken anregen.
Strafpark (Originaltitel
Punishment Park) ist ganz klar ein Vertreter der
letzten Kategorie und vielleicht einer der aufsehenerregendsten
Filme, die je in den USA gedreht wurden. Mit einem Mini-Budget von
USD 66.000 zuzüglich USD 25.000 für den 35mm Transfer, produzierte
der Brite Peter Watkins („The War Game“) ein Meisterwerk, welches
Jahrzehnte nach der Geburt (1971) mehr zutrifft als jemals
zuvor.
Story
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Anfang der siebziger Jahre ist nicht nur der Vietnam-Krieg völlig
aus dem Ruder gelaufen, auch innerhalb der vereinigten Staaten
herrscht das Chaos. Nach dem Kent-State-Massaker, ruft Präsident
Nixon den Ausnahmezustand aus und lässt jedes widrige Element der
Gesellschaft sofort verhaften. Die Polizei sowie Nationalgarde
besitzen die völlige Gewalt, die Fernsehanstalten dienen der
Regierung als Propagandainstrument. Aufkeimende Proteste gegen den
Krieg und die Unterdrückung weiterer Teile der Bevölkerung werden
brutal niedergeschlagen, die verhafteten Bürger vor
Schnelltribunalen praktisch verteidigungslos zu immensen
Haftstrafen verurteilt. Dabei kann zwischen Jahren im Gefängnis
oder aber drei Tage im
Strafpark gewählt werden.
In letzterem müssen die Verurteilten innerhalb von drei Tagen ohne
Wasser und Nahrungsmittel über 50 Meilen durch die Wüste wandern,
um einen Zielpunkt – die amerikanische Flagge – zu erreichen. Dabei
werden sie zusätzlich von Männern der Polizei sowie Soldaten
verfolgt und gehetzt.
Endlich erscheint
Punishment Park im Zuge der
KinoKontrovers-Reihe auf Blu-ray. Als die Pseudo-Dokumentation
damals in den Kinos gezeigt wurde, war der Aufschrei auch in der
Presse enorm. Die Wellen schlugen derartig hoch, dass viele
Lichtspielhausbesitzer den Film wieder aus dem Programm nahmen.
Insofern fristete der Film seitdem eher ein Schattendasein und war
in den USA sogar verboten; maximal Studenten bekamen ihn in
vereinzelten Vorlesungen auf der Universität zu Gesicht. Zur
damaligen Zeit war es für die Bevölkerung der USA teils widerlich,
wie ihr Land von Peter Watkins sprichwörtlich in den Dreck gezogen
wurde. Daran hat sich auch in der heutigen Zeit wenig geändert.
Genau deshalb ist
Strafpark trotz seines Alters
von rund 40 Jahren aktueller denn je. Einige der extrem schlechten
Kritiken der damaligen Zeit wurden später zurückgenommen, heute
darf das Werk als eine der wichtigsten filmischen Beträge der 70er
angesehen werden.
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Die Darsteller – allesamt Laien und zum ersten Mal vor einer Kamera
– liefern eine einwandfreie und intensive Performance ab. Diese
wirkt derartig real und authentisch, dass einem bei der Vorstellung
in so einem Land leben zu müssen glatt ein Klos im Hals stecken
bleibt. Dabei wird während der gesamten Laufzeit stets zwischen
zwei Gruppen gewechselt. Die eine versucht gerade die heiße Wüste
zu durchqueren, die andere muss sich vor einem Tribunal – welches
stark an die Volksgerichtshöfe im Deutschen Reich erinnert – mehr
oder minder verteidigen. Menschenrechte, Grundrechte odereinfach
das Recht auf einen fairen Prozess, all diese Dinge werden von der
Regierung „zum Schutz“ der Bevölkerung oder besser gesagt der
Oberschicht mit Füßen getreten. Und da auch die Polizei sowie Armee
zu den Patriziern und Besserverdienern zählen, haben Proteste der
Armen und Arbeiter keine Chance. Alles in allem zeichnete Peter
Watkins Anfang vor 40 Jahren ein Bild von der Welt, welchem wir uns
immer weiter annähern.
Bildqualität
-
MPEG4/AVC Codec, 23,976fps, Ansichtsverhältnis 1,33:1 –
16:9
-
immer wieder Verschmutzungen sichtbar
-
grobes Filmkorn (wurde auf 16mm gefilmt) – die natürliche
Struktur wurde jedoch glücklicherweise nicht durch nachträgliche
Filter verändert
-
flacher Kontrast mit wenig gesättigten Farben unterstreichen den
dokumentarischen Charakter
-
Schärfegrad und Durchzeichnung im Großen und Ganzen auf gutem
DVD-Niveau
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Strafpark sieht besonders auf Leinwänden nicht
sonderlich schmackhaft aus. Besonders die erste Einstellung über
die Wüste lässt nichts Gutes erahnen. Insgesamt bewegt man sich auf
DVD-Niveau, wobei es auch bessere Shots gibt – besonders Close-Ups
zeigen immer wieder auch kleinere Details wie Falten oder Haare.
Ebenso sollte das geringe Budget sowie das Alter des Films nichts
vergessen werden – insofern ist der Transfer kein Highlight, aber
in jedem Fall in Ordnung.
Tonqualität
-
Deutsch dts-HD MA 5.1, Englisch dts-HD MA 2.0
-
überraschend breite Bühne
-
immer wieder direktionale- und Stereo- Effekte (zum Beispiel die
Überflüge der Kampfflugzeuge)
-
sehr gute Dialogverständlichkeit
-
präzise Abbildung auch nebensächlicher Geräusche
-
kein Hintergrundrauschen
-
etwas schwache Dynamik
Tontechnisch sieht die Sache schon ganz anders aus. Der deutsche
5.1-Mix überzeugt nicht nur durch seine Klarheit, sondern vor allem
durch die räumlichen Effekte und die gute Abbildung der
Dialoge.
Ausstattung
-
Video-Einführung durch Peter Watkins
-
Kurzfilme
-
Audiokommentar von Dr. Gomez
-
Englisches Presseheft
-
Trailer
-
Booklet mit Essays zum Film
Neben der äußerst interessanten Videoeinführung ist vor allem das
Booklet sehr gut gelungen. Auf 34 Seiten erfährt man nicht nur mehr
über die Hintergründe zum Dreh selber, sondern vor allem auch die
Ereignisse in den USA, als der Film veröffentlicht wurde. Insofern
sollte man sich der Lektüre in jedem Fall widmen.
Fazit
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Wie so oft sind die bildtechnischen Möglichkeiten für eine
Low-Budget Produktion, welche auch noch ein nicht zu verachtendes
Alter aufweist, stark begrenzt. Insofern hat man dem Transfer seine
Natürlichkeit belassen, weshalb in Zeiten von Bildhighlights
Strafpark eher wie ein Urgestein des Films wirkt.
Man sollte daher bei einem Kauf seine Erwartungen stark
zurückschrauben, es muss jedoch auch deutlich angemerkt werden,
dass das Bild dem Werk einen tollen und authentischen Doku-Look
verpasst und im Grunde viel besser passt als ein Hochglanzbild. Auf
tonaler Seite gibt es kaum einen Grund zum Klagen. Die Extras
fallen üppig und vor allem richtig informativ aus.
Punishment Park ist mit Sicherheit ein viel zu
wenig beachtetes Prachtstück der Filmgeschichte und trifft trotz
seines Alters ganz besonders in der heutigen Zeit mehr denn je zu.
Viele der vernichtenden Kritiken vor allem aus dem amerikanischen
Raum zeigen doch recht deutlich auf, in welches Wespennest Peter
Watkins gestochen hat und wie teilweise fernab der Realität die
Ansichten der Amerikaner damals waren und teilweise heute noch
sind.
Story 10/10
Bild 4/10
Ton 8/10
Extras 10/10
Overall 9/10
Testgeräte
TV: Epson TW 4400 LPE (kalibriert)
AVR: 8.2 Braun M15 (L,R), RM7 (C),
RM5 (FH, Surrounds), Teufel M620 FCR (SB)
Teufel M5500 SW (Sub)
HTPC