Damals war vieles besser – so zumindest die landläufige Redensart
bezogen auf vielerlei Dinge des Lebens. Teilweise trifft der Slogan
auch im Filmsektor zu, und dort vor allem auf das Comedy-Genre.
Nach der inzwischen 20. Auflage sprechender Tiere sowie diverser
anderen durch die Jahre verhärteter Stereotypen bietet Hollywood in
der Beziehung nicht mehr wirklich neue und innovative Kost. Das
genaue Gegenteil trifft auf
Der Stadtneurotiker
zu, welcher im Jahr 1977 die Welt des Lachens ein Stück weit bis
heute veränderte. Regisseur, Drehbuchautor und Hauptdarsteller ist
Woody Allen, an seiner Seite spielt seine damalige Lebensgefährtin
Diane Keaton.
Story
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Der New Yorker Alvy Singer führt ein durch und durch von Neurosen
geprägtes Leben. Aufgrund seiner Eigenheiten sind Beziehungen zum
weiblichen Geschlecht meist problembehaftet. So beschäftigt sich
der äußerst intelligente und als Komiker arbeitende Alvy fast
ausschließlich mit dem Tod und ist durch und durch zynisch
veranlagt. Mit dieser Art von „Humor“ beziehungsweise
Lebensauffassung kommen nur die Wenigsten klar – so zum Beispiel
Annie Hall. Diese lernt er zufällig bei einem Tennismatch kennen,
worauf auf das erste Date bald die Beziehung folgt. Allerdings ist
auch die Liebste nicht der einfachste Mensch und besitzt eine
gänzlich andere Lebenseinstellung als Alvy, weshalb sich
selbstredend Diskussionen und auch der ein oder andere Streit
anbahnen.
Annie Hall – so der Originaltitel – ist mit
Sicherheit eine der besten jemals gedrehten Komödien. Besonders
hervorstechend/außergewöhnlich ist der verwendete Erzählstil, denn
Der Stadtneurotiker besitzt aufgrund des
massenhaften Einsatzes von Rückblenden und sogar Split-Screens
keinen linearen Handlungsablauf, sondern springt zwischen
Zeitebenen wild herum. Trotz dieser Eigenheit fällt das Folgen der
eigentlichen Handlung aufgrund Allens genialem Regietalent
durchwegs einfach. Alleine diese Tatsache macht den Film zu einem
ganz besonderen Werk. Woody Allen spricht gleich zu Beginn die
Zuschauer direkt an, worauf hin schnell klar wird, dass Alvy zwar
nicht viel vom Leben hält, nichtsdestotrotz kommt es ihm viel zu
kurz vor. Schon als Dreikäsehoch waren seine Äußerungen durch und
durch sarkastisch und mit versteckten Pointen gespickt. Doch auch
mit fortschreitendem Alter legte er diese Eigenheit nicht ab,
sondern spann um sich herum ein immer komplizierteres Netz aus
Wörtern, unterschwelligen Botschaften und satirischen Einzeilern,
womit er sich stets perfekt verteidigen konnte. Daher verwundert es
wenig, dass Alvy laut eigenen Aussagen bereits seit 15 Jahren einen
Psychotherapeuten in Anspruch nimmt – denn nur diesem kann er seine
innersten Gedanken und Gefühle darlegen.
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In der bösen Welt außerhalb der Praxis hingegen verschweigt und
bedeckt er sein Innerstes, selbst Annie lässt er nicht völlig an
sich heran. Sein Gegenpart im Film, Diane Keaton a la Annie Hall
ist in dieser Beziehung nur bedingt anders, die Abwehrmechanismen
sind grundsätzlich dieselben, allerdings anders ausgeprägt. So ist
sie eine durch und durch optimistische Person und setzt sich im
Gegensatz zu Alvy kaum mit dem Tod auseinander. Aber auch sie gibt
ihre geheimsten Gedanken und Wünsche nur selten Preis, hat jedoch
ebenso Marotten wie der obligatorische Joint vor dem Sex, um sowohl
zu entspannen, als auch überhaupt erst Stimmung zu kommen. Diese
Zutaten klingen auf den ersten Blick nicht wie der ultimative Stoff
für eine geniale Komödie, doch Woody Allens Genie ist es zu
verdanken, dass die Figuren stets einen großen Sympathiebonus von
Seiten der Zuschauer erhalten. Trotz des Raunzens, trotz des
Zynismus und des daraus deutlich hervorgehenden Neides für
Mitmenschen, die im Leben mehr erreicht haben als sie selbst,
strahlen die einzelnen Protagonisten eine komplett gegensätzliche
Art der Freundlichkeit aus beziehungsweise versprühen dieses „Die
muss man einfach mögen“ – Gefühl. Daher ist es auch wenig
überraschend, dass
Der Stadtneurotiker insgesamt
vier Oscars und viel Lob der Kritiker und Filmfans gewinnen konnte
und bis heute als eine der besten Woody-Allen Filme gilt.
Bildqualität
Technik: MPEG4/AVC Codec, 1080p – 23,976fps, Ansichtsverhältnis
1,85:1 – 16:9 Über 30 Jahre sind seit der Verfilmung ins Land
gezogen, teilweise sieht man diese dem Film auch an. Die
Durchzeichnung ist teilweise nicht besonders, ebenso ist der
Schärfegrad nicht mit neuen Produktionen zu vergleichen – das
betrifft sowohl Nahaufnahmen, aber auch Panoramashots. Zum Glück
hat MGM jedoch nur sanft Hand angelegt. Die Folge daraus ist ein
überaus natürlicher Transfer, der trotz der oben geäußerten
Kritikpunkte gut geworden ist. Vergleichbar ist dies mit dem erst
kürzlich erschienenen
Blues
Brothers, wo ebenfalls auf aggressive
Filtereinsätze verzichtet wurden. So sind erfreulicherweise weder
Nachschärfungen zu erkennen, noch die Anwendung von
Anti-Rauschfiltern. Dies hat zur Folge, dass die natürliche
Kornstruktur zwar teilweise stärker ausgeprägt ist, dies aber
durchwegs gut zum Film passt. Die Farbgebung ist dem Zynismus Woody
Allens angepasst eher trist, knallige Farben sind die Ausnahme, der
Schwarzwert ist sehr gut (teilweise jedoch Blackcrushing).
Tonqualität
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Technik: Deutsch DTS 2.0 , Englisch DTS-HD MA 2.0 Selten ist bei
einem auf die Effekte bezogen eher unspektakulären Film der
Unterschied zwischen Synchronisation und O-Ton derart eklatant, wie
bei
Annie Hall. So ist der englische Track sehr
klar und besticht mit einer einwandfreien und gut verständlichen
Dialogwiedergabe. Und genau bei diesem für das Genre wichtigen
Punkt schneidet die DTS-Spur maximal mittelmäßig ab. So sind
deutlich weniger Umgebungsgeräusche im allgemeinen Stadttrubel zu
hören, der Track generell sehr dumpf und die Dialoge teilweise
immer wieder vernuschelt. Wechselt man während dieser Szenen auf
den englischen Track, ist der Unterschied sehr deutlich zu
vernehmen. Insofern sollte man sich nicht zu viel erwarten oder
schlicht und einfach den Film im O-Ton genießen.
Ausstattung
Bis auf den Kinotrailer sind keine Extras vorhanden.
Fazit
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Der Bildtransfer leistet sich zwar aufgrund des Alters ein paar
Schwächen, bleibt dafür aber im Vergleich mit solch malträtierten
Transfers wie jener von
Beverly Hills
Cop wunderbar natürlich und punktet genau
dadurch. Die deutsche Synchro ist leider nicht sonderlich geglückt,
es fehlt vor allem an Klarheit und Präzision. An Extras ist leider
nur der Trailer vorhanden.
Annie Hall schafft es auf einmalige Weise, selbst
einfachste Situationen humoristisch derart ausgeklügelt zu
präsentieren, dass man aus dem Lachen beinahe nicht mehr
herauskommt. Schade ist in diesem Zusammenhang lediglich die
Tatsache, dass der Film nach rund 90 Minuten schon wieder vorbei
ist.
Story 10/10
Bild 7/10
Ton 5/10
Extras 1/10
Overall 7/10
Testgeräte
TV: Epson TW 4400 LPE (kalibriert)
AVR: Pioneer SC¬LX75
Boxen: 8.2 System ¬ Braun M15, Teufel M550 ,
Teufel Dipol M550, Teufel M620 FCR,
Teufel M 5500 SW
HTPC