Rango - Review
Wer die Bühne des computeranimierten Films betritt, der steht
mittlerweile einem anspruchsvollen Publikum gegenüber. Insbesondere
die Pixar Animation Studios haben das Niveau in den letzten Jahren
so enorm gesteigert, dass viele Produktionen an dessen
Animationsqualität und der hervorragend erzählten Stories gemessen
werden. Regisseur Gore Verbinski, der vor allem durch die sehr
erfolgreiche
Fluch der Karibik Trilogie bekannt geworden
ist, stellt mit Rango seinen ersten animierten Film vor, den er
zugleich auch selbst produziert hat. Auch für Industrial Light
& Magic (ILM) ist Rango ein Debüt, denn zum ersten Mal
übernimmt die Firma die CGI-Animationen für einen kompletten Film.
Hohes Ansehen genoss ILM zuvor in erster Linie für ihre visuellen
Effekte in Blockbustern wie den Reihen zu
Star Wars,
Indiana Jones und
Zurück in die Zukunft. Somit klingen die
Voraussetzungen mehr als vielversprechend, doch kann Rango
tatsächlich den hohen Ansprüchen eines Pixar-Zuschauers gerecht
werden?
Story
Ein Chamäleon (gesprochen von Johnny Depp) wäre gerne ein Held,
doch die vier Glaswände seines Terrariums holen es schneller in das
Leben als einsames Haustier zurück, als es ihm lieb ist. Um seinem
Traum ein Stück näher zu kommen, spielt das Chamäleon den
Protagonisten in seinem eigenen Theaterstück. Doch schon nach
kurzer Zeit bleibt ihm nicht mehr als eine Illusion, denn die
anderen Akteure, bestehend aus einer Plastikpalme, einem
Plastikfisch und einer kaputten Barbie, erfüllen in ihren passive
Rollen lediglich einen Dekorationszweck.
Während das Chamäleon über seine Persönlichkeit philosophiert,
erfährt die Handlung eine unerwartete Wendung. Durch ein
Bremsmanöver des Autos, welches das Terrarium transportiert, fliegt
das Reptil in hohem Bogen von der Ladefläche und findet sich wenig
später auf einem Highway der Mojave-Wüste wieder. Um nicht zu
verdursten, verbündet sich das Chamäleon mit der Wüstenleguanin
“Beans”. Sie führt den unfreiwillig Entrissenen zur Stadt “Dirt”,
die mit einer verheerenden Dürre zu kämpfen hat. Als das Chamäleon
im Saloon nach einem Glas Wasser fragt und dafür nur Gelächter
erntet, lässt es sich jedoch nicht entmutigen, sondern ergreift die
Chance endlich Held sein zu können – sein Name ist: RANGO. Für
viele stellten Western inzwischen ein nahezu ausgestorbenes Genre
da. Doch die Coen-Brüder (No Country for Old Men / True Grit) oder
auch jüngst Jon Favreau mit Cowboys & Aliens belehren Kritiker
eines besseren.
Gore Verbinski liefert einen weiteren Beweis und verlässt dabei
ausgetretene Pfade, denn Rango unterscheidet sich wesentlich von
vielen bisherigen Animationsfilmen. Am deutlichsten fallen hierbei
die Charaktere ins Gewicht. Belanglose Dialoge, die den Zuschauer
eher nerven als unterhalten, findet man vergebens. Stattdessen
werden alle Figuren bemerkenswert differenziert, vielfältig und oft
mit viel Ironie, sowie unterschwelligem Humor vorgestellt. Allein
die Bandbreite an Charakterzügen, die Rango als frisch gebackenen
Westernhelden auszeichnet, zeugt von besonderem Feingefühl bei der
Entwicklung der Protagonisten.
So unterschiedlich wie Geschichten erzählt werden können, so
speziell ist die Handlung von Rango aufgebaut. Während sich im
ersten Drittel des Films die Aufmerksamkeit in erster Linie auf das
aufgeweckte Chamäleon richtet, weitet sich der Fokus im späteren
Verlauf auf die Wüstenstadt “Dirt” aus. Zwar ist sie und ihre
Einwohner die Grundlage für Rango, die Heldenrolle einzunehmen,
doch der Zuschauer stellt schnell fest, dass die Handlung über weit
mehr Tiefgang verfügt, als sich auf den ersten Blick vermuten
lässt. Der akute Wassermangel, der die Einwohner von Dirt zunehmend
um ihre Existenz bringt, bleibt nicht nur ein temporäres Problem,
sondern bringt Rango als ernannten Sheriff und seine Mitstreiter
bei ihrer Suche nach dem Lebenselixier auf die verdächtigen
Machenschaften des Bürgermeisters John, einer Schildkröte.
Gesellschaftskritische Untertöne werden immer lauter und lassen die
Komplexität des Films erahnen.
Ebenso raffiniert wie die Story und dessen Charaktere, präsentieren
sich die Animationen. Es ist eine wahre Freude, Figuren und
Szenerie mit solch einer Liebe zum Detail auf sich wirken zu
lassen. Dirt macht seinem Namen alle Ehre, denn die Stadt sieht so
verblüffend authentisch aus, dass man zwischendurch vergisst, dass
es nicht fotografiert, sondern animiert ist. Beispielsweise die
Vielfältigkeit der Holztexturen oder von Staub eingehüllte
Glasflaschen zeigen die erstklassige Arbeit von ILM. Doch die
vielleicht größte Herausforderung besteht darin, die Emotionen der
Tiere bestmöglich in Gestik und Mimik auszudrücken. Lead Animator
Maia Kayser äußert sich u.a. dazu, in einem sehr interessanten
Interview mit bluray-disc.de. Ohne Zweifel ist ihnen auch das
bravurös gelungen, denn die unzähligen close ups auf Rango, Beans
und all die anderen Tiere offenbart jede noch so kleine Nuance an
verbal- und nonverbaler Kommunikation.
Bild
Paramount Home Entertainment stattet den Blu-ray Transfer mit einem
MPEG-4/AVC kodierten Bild bei einer Auflösung von 1080p/24p und
einem Seitenverhältnis von 2.40:1 aus. Um es gleich vorweg zu
nehmen, selten war die Entscheidung so eindeutig: Referenzbild. In
allen Disziplinen, wie Schärfe, Kontrast und Schwarzwert erzielt
Rango Bestwerte, die über die gesamte Laufzeit gehalten und zu
keinem Zeitpunkt beeinträchtigt werden. Die Optik ist eher
animationsuntypisch, denn knallbunt leuchtenden Farben sind einem
fotorealistischen Look gewichen. Die Häuser in Dirt sind somit oft
vom Staub der Wüste ausgeblichen und erscheinen in geringer
Sättigung. Bei sengender Sonne ist sogar das Flimmern der Hitze zu
erkennen sowie Überbelichtung bei Objekten, die das direkte Licht
reflektieren.
Egal ob long shots oder close ups, einen ebenfalls beeindruckenden
Eindruck hinterlässt die Durchzeichnung und Detailtreue. Mühelos
entdeckt der aufmerksame Zuschauer Kratzer am Fernglas oder kleine
Aufschriften, die nur in High Definition lesbar sind. Als Kontrast
zu den taghellen Aufnahmen, sorgt nächtliche Wüstenatmosphäre für
Abwechslung, wobei man an dieser Stelle Schwarzwert par exellence
genießen kann. Doch das ist nur eine von unzähligen Einstellungen,
die den heimischen Fernseher oder Projektor voll ausreizen. Als
dezentes Stilmittel durchzieht den Film zudem ein sehr feines
Filmkorn, das in perfektem Einklang mit dem rauen Erscheinungsbild
eines Western steht.
Ton
Der englische Originalton liegt in DTS-HD MA 5.1 vor, währenddessen
es bei der deutschen Tonspur leider nur bei Dolby Digital 5.1
bleibt. Schade, dass es ausgerechnet bei einer sonst technisch
tadellosen Umsetzung nicht zu verlustfreiem HD Sound gereicht hat.
Ansonsten besteht bei der deutschen Synchronisation kein Anlass zur
Kritik. Insbesondere der mitreißende Soundtrack von Altmeister Hans
Zimmer verteilt sich gut im Raum und vernachlässigt auch die
hinteren Lautsprecher nicht. Wilde Verfolgungsjagden oder typische
Western Duelle hören sich in den heimischen Wänden lebendiger denn
je an. Im Vergleich dazu bleiben Dialoge in erste Linie frontlastig
und punkten mit exzellenter Transparenz.
Ausstattung
• 2 Discs: Blu-ray + DVD + Digital Copy (iTunes)
• Kinofassung/Extended Cut
• optionaler Audiokommentar von u.a. Regisseur, Drehbuchautor und
Animation Director
• Gegen jede Regel: Der Beginn einer neuen Ära der Animation (48:52
min, 1080p)
• Entfernte Szenen (8:27 min, 1080p)
• Echte Kreaturen aus "Dirt" (22:16 min. 1080p)
• Storyboard Reel Picture-In-Picture
• Ein Ausflug nach Dirt (interaktiv, 1080p)
• Kinotrailer (2:27 min, 1080p)
• Credits
Rango erscheint als 2-Disc Edition, die zusätzlich zur Blu-ray über
eine DVD sowie einer Digital Copy (iTunes) verfügt. Beim Starten
des Hauptfilms bietet sich zudem die Option sich zwischen der
Kinofassung und dem gut vier Minuten längeren Extended Cut zu
entscheiden. Im umfassenden Bonusmaterial wird vor allem auf die
Entstehung der Charaktere eingegangen und deren Zeichnungen als
Grundlage. Des Weiteren bekommen Fans von Johnny Depp in “Gegen
jede Regel” die Gelegenheit, den Meister am Set zu sehen. Unbedingt
sehenswert ist auch ein Blick hinter die Kulissen von ILM, der
viele interessante Hintergrundinformationen liefert. Schlussendlich
runden entfallende Szenen, Wissenswertes über die im Film
vorkommenden Tiere und ein interaktiver Ausflug nach Dirt das
Gesamtbild ab.
Fazit
Auf technischer Seite gibt es bei der Bildqualität nichts zu
bemängeln. Durchzeichnung, Kontrast und Schwarzwert liegen auf
Referenzniveau und schöpfen das volle Blu-ray Potential aus. Auch
die Tonqualität hätte volle Punktzahl erhalten, nur leider bleibt
unkomprimierter HD Sound der englischen Tonspur vorbehalten, was
zwangsläufig zu einem Punkt Abzug führt.
Rango ist kein uneingeschränkter Wohlfühlfilm, der sein Publikum
auf Distanz hält, sondern es mit einem wohl dosierten Mix aus
Komödie und Drama in seinen Bann zieht. Die fesselnde Story des
Chamäleons Rango erweist sich als ein brillant erzählter Western,
der sich bei Substanz, als auch Animationsqualität auf Augenhöhe
mit Pixar Filmen befindet. Während zum einen lustige Anspielungen
auf Legenden der Kinogeschichte, wie u.a. Zwei glorreiche Halunken
oder Spiel mir das Lied vom Tod urkomische Szenen hervorbringen,
sorgt die dramatische Inszenierung im späteren Verlauf für
reichlich Tiefgang. Rango ist nicht einfach nur ein weiterer
Animationsfilm. Im Gegenteil, er gehört schon jetzt zu den besten
Filmen des Jahres und verdient im Gewand einer Premium Blu-ray die
höchste Empfehlung!
Story: 10/10
Bildqualität: 10/10
Tonqualität: 9/10
Ausstattung: 9/10
Gesamt: 9/10
Kaufempfehlung: 10/10
Testgeräte
Projektor: Mitsubishi HC-6000
BD-Player: PlayStation 3
AV: Denon AVR-4308
LS: B&W 704
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