Da zuletzt die Frage aufkam,
wie sinnvoll ein Blu-ray Transfer oder der Kauf eines Schwarz/Weiß
Film ist, hier die vielleicht beste Empfehlung: Psycho.
Psycho
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So langsam steigt die Qualität im Blu-ray Regal: Alfred Hitchcocks
Psycho gibt sich, bzw. uns die Ehre. Ein Hitchcock Film war immer
spannend, bot überraschende Wendungen und war grundsätzlich
handwerklich erstklassig gemacht. Das alles gilt auch für Psycho,
doch hier ging Hitch einen Schritt weiter: Er wollte das Publikum
nicht mit einer packenden Story fesseln, sondern es schocken. Dazu
brach er Tabus, zeigte brutale Gewalt und führte das Publikum
bewusst in die Irre. Das war neu, das war anders und nach Psycho
war das Spannungskino nie wieder dasselbe. Warum das so ist, davon
kann man sich jetzt in Full HD überzeugen.
Story
Marion Crane (J. Leigh) ist die respektierte
Angestellte eines Immobilienhändlers, die nicht ganz so brav ist,
wie sie scheint. In Mittagspausen schleicht sie sich schon mal für
ein Schäferstündchen mit ihrem Geliebten davon, Geldsorgen
verhindern allerdings eine gemeinsame Zukunft als Ehepaar. Deshalb
stiehlt sie aus einem Impuls heraus Ihrem Arbeitgeber 40.000 USD
und macht sich auf, Ihren Geliebten zu überraschen. Von der langen
Fahrt und dem nervlichen Stress ermüdet, legt sie eine Rast im
abseits gelegenen Bades Motel ein. Dieses wird von dem schüchternen
und freundlichen jungen Mann Norman Bates, der dort mit seiner
Mutter lebt, geführt. Noch am gleichen Abend wird Marion von
Normans eifersüchtiger Mutter ermordet. Der pflichtbewusste Sohn
entsorgt die Leiche und verwischt alle Spuren der Gräueltat. Aber
schon bald machen sich mehrere Personen auf die Suche nach der
verschwundenen Marion...
Psycho beginnt zunächst wie ein klassisches Gewissensdrama, doch
dann bringt Hitchcock die Hauptdarstellerin einfach um – basta, und
der Film beginnt (fast) von Neuem. Heutige Zuschauer werden von
dieser Storywendung nicht mehr im gleichen Maße überrascht, aber zu
Beginn der 60er Jahre war Janet Leigh eine echter Hollywoodstar und
niemand sonst als Hitchcock hätte es gewagt, seinen Star so früh
zum Duschen zu schicken.
Es ist aber nicht die überraschende Storywendung, die den Film gut
hat altern lassen. Hitchcock, der übrigens nie einen Oscar gewann,
hatte (fast) immer ein Händchen für die richtige Besetzung. Mit die
stärkste Szene des Films ist daher auch Marions Autofahrt, bzw.
Flucht, auf der sich ihre Zweifel und Unsicherheit stetig
verstärken und sie sich immer verdächtiger macht. Das ist
realistisch, genau beobachtet, packend und dicht inszeniert. Auch
die die technische Handwerkskunst des englischen Thrillerkönigs ist
unstrittig: In Psycho etwa die genial fotografierte Sterbeszene des
Privatdetektivs oder die brillant geschnittene Duschszene.
Letztere ist brutal und grausam, ohne dabei je etwas wirklich zu
zeigen. Der Schock und Horror entstehen im Kopf des Zusehers, ohne
dass dabei Innereien vors Kameraobjektiv gezerrt werden. Aus
Kritikersicht ist eigentlich nur der Schluss zu bemängeln. Der
erklärende Monolog zur Motivation der Morde ist zu lang und für
heutige Zuschauer nichts Neues. Aber das damalige Publikum ohne
diese Erklärung aus dem Kinosaal zu schicken, hat selbst Hitchcock
nicht gewagt; ein kleiner Fleck auf der fast blütenweißen Weste des
Zelluloid Magiers.
Bildqualität
Technik: Codec: VC-1, Ansichtsverhältnis 16: 9
1,95:1, Auflösung 1920*1080p
Der Kontrast und der Schwarzwert des 16:9 Vollbildes liefern eine
eindrucksvolle Vorstellung. Der für einen Schwarz-Weiß Film so
wichtige Kontrast (Graustufenabstufung) ist spitze. Es werden keine
Details verschluckt, sondern die Palette umfasst tiefstes Schwarz,
bis hin zum hellsten Weiß. Dabei stimmt die Schärfe sowohl im Nah-
als auch im Fernbereich. Egal ob Gesichter, Innen- oder
Außenaufnahmen, das Bild ist detailliert, scharf und
überraschenderweise: plastisch.
Gerade damit hatten frühere Schwarz-Weiß Transfers, wie etwa
Casablanca [/U][/COLOR]zu
kämpfen, bei Psycho entsteht nie der Eindruck, das Bild sei flach
und hätte keine Tiefe. Auch Verunreinigungen des Masters,
Bildunruhen oder sonstige Altersgebrechen sind kaum einmal zu sehen
und nur vereinzelt trüben Unschärfen den erstklassigem Eindruck.
Universal gönnt Filmfans einen Transfer der Extraklasse, welcher
dem filmhistorischen Status des Films zu jeder Zeit gerecht wird;
ein phänomenaler Blu-ray Transfer.
Tonqualität
Technik: Deutsch Mono, Englisch DTS.HD MA 5.1,
DTS-HD MA 2.0 u.w.m.
Der deutsche Mono Track ist derart gut aufpoliert worden, dass wohl
nur eine komplette Neusynchronisation ein besseres Ergebnis erzielt
hätte. Zwar vermisst man Räumlichkeit, aber dafür stimmt der Rest,
besser hat der Film von 1960 auf Deutsch jedenfalls noch nie
geklungen. Die Dynamik bringt auch im Mono Format den
spannungsfördernden, dramatischen Score von Bernhard Herrman zur
Geltung. Geräusche klingen zwar manchmal etwas blechern und wenig
kraftvoll, sind aber natürlich und stark genug, um die Geschichte
mit Leben zu füllen. Auch die Dialoge sind jederzeit verständlich,
die Abmischung ist sehr sorgfältig geschehen und gelungen.
Altersbedingte Schwächen oder Beeinträchtigungen sind nicht
festzustellen.
Das gute Urteil relativiert sich aber, sobald man die englischen
Audiospuren gehört hat. Diese sind eine Offenbarung, erst dann wird
klar, was dem nicht anglophilen Filmfreund entgeht. Selten wird der
techische Quantensprung so deutlich, wie bei diesem
Klassikerrelease – die Wahl der englischen Tonspur bedeutet ein
echtes Plus beim Schauen des Films und die Wertung fiele hier
mindestens 2-3 Punkte höher aus
Ausstattung
Endlich mal wieder eine Universal Blu-ray, deren
Zusatzausstattung dem Film gerecht wird. Empfehlenswert ist der
Audiokommentar von Hitchcocks Biograph S. Rebelle, dieser ersetzt
mühelos ein Semester Filmhochschule. Auch die Würdigung des
Einflusses von Psycho auf die Filmgeschichte und ihre eigene Werke
durch verschiedenste Regisseure ist lehrreich und unterhaltend
(u.a. Scorsese, del Toro, Hanson u.w.m.). Unfreiwillig komisch ist
dagegen die narzisstische Selbstüberschätzung von E. Roth
(Hostel).
Unbedingt anschauen sollte man sich die Original Storyboards von
Saul Bass, diese belegen eindrucksvoll, dass Hitch seine Filme
schon fertig hatte, bevor es ans eigentliche drehen ging.
Promomaterial, Fotos vom Set, Trailer, ein Making of und mehr
runden das rundum sorglos Paket ab. Trotz fehlender HD Beiträge ist
das die Maximalpunktzahl wert.
Fazit
Die technischen Qualitäten der Psycho Blu-ray sind
eindrucksvoll, Universal ist hier ohne Frage der bislang beste
Release eines S/W Films gelungen. Das Bild ist erstklassig und um
Meilen jedem bisherigen DVD Release voraus. Dazu passt der gute
deutsche Ton (Mono), der allerdings keinen Vergleich mit der
englischen HD Tonspur standhält. Passend zur Qualität des Films ist
die Zusatzausstattung, welche eine echte Bereicherung
darstellt.
Der Film selbst ist nicht nur, dank der Blu-ray Frischzellenkur
jung geblieben. Wer ihn noch nicht kennt, hat so manches Déjà Vu
Gefühl. Denn viele Szenen und handwerkliche Kunstgriffe des
Regisseurs sind bis heute in Verwendung und unzählige Male kopiert
worden. Original währt halt am längsten.
Cineasten und Filmfreunde mit einem Herz für Oldies, dürfen sich
dagegen nach Ansicht des Blu-ray Transfers an der Sportart
„DVD-Weitwerfen" erproben, denn nach Ansicht des HD-Transfers
kommen Sie nicht an einem Blu-ray Neukauf von Psycho vorbei –
versprochen. (fb)
Gesamtwertung:
Story 10P
Bild 9P
Audio 6P
Extras 10
Kaufempfehlung: 9/10
Testgeräte
TV: Sharp Aquos 46" LCD, 100 Hz, 24p
AV-Receiver: Marantz SR5003
Lautsprecher: Teufel Theater 80
"America is the only country that went from
barberism to capitalism without civilization in between." - Oscar
Wilde