Schon von Ian McEwans Buchvorlage war ich so begeistert, das ich
sie gleich mehrfach gelsen habe. Um so gespannter war ich auf den
Film.
Abbitte Blu-ray
Auf nahezu jeder Top Ten Liste der besten englischsprachigen Romane
des letzten Jahrhunderts findet sich Ian McEwan Roman „Atonement“
(~Abbitte, Buße) auf einem der vorderen Plätze wieder. Das die
Erzählung des Booker Preisträgers zu einem Weltbestseller geworden
ist, verdankt das Werk neben seiner – zumindest vordergründigen –
Zugänglichkeit und der meisterhaften Anwendung der Sprache, auch
seinen universellen Themen: Schuld und Sühne, die Auswüchse und
Folgen einer leichtfertig erzählten Lüge und die Kraft der Liebe.
Der Blu-ray Release ist wieder mal ein schöner Tag für
Literaturfans, Anhänger anspruchsvoller Unterhaltung und
Heimkinofans die bereit sind über Genregrenzen hinweg zu
schauen.
Story
London, 1935: Die wohlhabende Familie Tallis freut sich auf einen
bukolischen Sommer. Die 13-jährige Tochter freut sich auf die
Ankunft ihrer Cousins und Cousine um sie in ihr Vorhaben
einzuspannen, ein selbstgeschriebenes Theaterstück aufzuführen.
Ihre 23 Jahre alte Schwester Cäcilia verbringt die Sommerpause der
Universität mit entspanntem Nichtstun und damit, sich über ihr
Verhältnis zum Sohn des Gärtners der Familie Ronnie klar zu werden.
Briony beobachtet und missversteht eine Reihe von eigentlich
unschuldigen Ereignissen zwischn den Beiden, die sie zu der
Überzeugung bringen, Ronnie sei ein vulgärer, brutaler Mensch.
Cäcilia und Robbie werden ein Liebespaar und Briony überrascht sie
in einer intimen Situation. Wiederum sieht Cäcilias jüngere
Schwester nur das, was sie sehen will – mit schrecklichen Folgen
für alle Beteiligten. Denn kurze Zeit später identifiziert sie
Ronnie als Vergewaltiger, ohne einen Unterschied zu machen,
zwischen dem was sie glaubt gesehen zu haben und dem was wirklich
geschehen ist.
Bei Atonement standen Regisseur und Drehbuchautor vor einer großen
Herausforderung. Denn McEwans Buchvorlage besteht zu einem großen
Teil aus ausführlichen Charakterstudien und inneren Dialogen, die
sich naturgemäß nur schwer in eine filmische Sprache übersetzen
lassen. Deshalb konzentrierten sie sich auf den Kern des Werkes und
nahmen sich einige Freiheiten mit der Adaption. Teilweise ist dies
sehr gut gelungen, z.B. macht der Einsatz von Rückblenden die
Diskrepanz der Sichtweise Brionys und den tatsächlichen Ereignissen
klar. Es ist ein toller Kunstgriff des Regisseurs, auch den
Zuschauer zu Brionys Komplizen zu machen in dem er das Publikum
dazu verführt, das Geschehen aus Ihrer Perspektive zu sehen. Leider
ist dies nicht durchweg gelungen: Weder wird die Motivation Brionys
für ihre Lüge wirklich deutlich, noch schafft es der Film, den
apokalyptischen Horror von Ronnies Kriegserlebnissen (für den
Dienst als Soldat ist Ronnie aus dem Gefängnis entlassen worden)
beim Rückzug der britischen Armee in Dünkirchen adäquat zu
schildern.
Dafür darf man sich an erstklassigen Darstellerleistungen erfreuen.
Neben Neuentdeckung Saoirse Ronan (Briony, Oscar Nominierung)
spielen Keira Knightley, James Macavoy, Roma Garalai und Vanessa
Redgrave (sensationell) absolut überzeugend und erwecken die
papiernen Vorlagen der Protagonisten zu echtem Leben. Hinzu kommen
wunderschöne Kameraarbeit und ein Musikscore welcher die Sogwirkung
der Geschichte ideal unterstützt und entscheidend dazu beiträgt,
die Atmosphäre dieses verhängnisvollen Sommers zu
transportieren.
Bildqualität
Das Bild von Abbitte liegt im 16:9 Vollbildformat 1.85:1 und der
Auflösung 1920x1080p vor. Als Kodec setzt Universal den MPEG4-AVC
Codec zur Portierung des Filmes ein. Warme Farben mit
herabgesetzter Farbpalette erzeugen, in Verbindung mit dem
sorgfältig balancierten Kontrast, ein sehr natürliches Bild.
Zusätzlich ist die Helligkeit in den Innenaufnahmen etwas
herabgesetzt und erzielt einen altmodischen, etwas dämmrigen und
patinahaften Look. Das passt sehr gut zur Stimmung des Films und zu
der Zeit in der die Geschichte spielt.
Bei Außenaufnahmen ist der Kontrast viel steiler und die Helligkeit
sehr viel höher. Die Sommerhitze ist durch das grelle Licht fast
spürbar, zuweilen absichtlich fast blendend grell und ruft einen
fast unwirklichen Eindruck hervor. Die Schärfe weist im nahen und
mittleren Sichtbereich eine schöne Detaillierung und guten
plastischen Eindruck auf. Gesichter und Hauttöne sind sehr
realistisch und haben nur einen kleinen Stich ins rötliche. Auch
die Detaillierung bei Gesichtern und Nahaufnahmen ist sehr gut,
erreicht aber nicht Bestwerte. Das gilt auch für Panoramaaufnahmen,
dort mangelt es ein klein wenig an Tiefenschärfe, mehr Schwächen
waren aber nicht festzustellen. Denn der Schwarzwert gibt sich
keine Blöße; Schwarz ist tatsächlich schwarz und die Abstufungen
dahin sehr gut auszumachen.
Tonqualität
Fremdspachenstudenten dürfen
sich freuen, während HD-Ton-Puristen sich ärgern: Gleich 6
Tonspuren haben es auf diese Blu-ray geschafft, allerdings gibt es
lossless Sound wieder mal nur für diejenigen, die der englischen
Sprache mächtig sind. Die Klage soll nicht bedeuten, dass der
deutsche Audiotrack (DTS 5.1) schlecht ist, ganz im Gegenteil. Er
besticht durch hohe Dynamik und Natürlichkeit. Da nur wenige
Effekte zum Einsatz kommen, gibt es von der Surroundfront nur wenig
aufregendes zu vermelden. Denn der Film lebt sehr von der
musikalischen Begleitung und den Dialogen; diese
Wiedergabekriterien sind bei Abbitte entscheidender.
Gerade bei den Dialogen glänzt die deutsche Tonspur, diese sind
jederzeit verständlich und auch bei mehreren Personen im Raum ist
der Sprecher jederzeit räumlich verortbar. Auch die Musik wird sehr
gut wiedergegeben, allerdings gibt es hier einen hörbaren
Unterschied zum englischen DTS HD MA 5.1 Track, der das
Klavierspiel und die orchestral-symphonische Musik deutlich
differenzierter auflöst und die Instrumente besser räumlich
verteilt; die Musikwiedergabe ist einfach besser. Ansonsten gibt es
keine großen Unterschiede und auch die deutsche Tonspur lässt nicht
viele Wünsche offen.
Ausstattung
Die Extras sind dem Film nicht ebenbürtig und ohne große Sorgfalt
zusammengestellt – außerdem entsprechen sie den Beigaben der
vorherigen DVD Veröffentlichung (alle Beiträge in Standard
Auflösung). Es gibt ein 27min. Making of, das aber nicht über die
übliche Nutz- und Belanglosigkeit solcher Features herausragt. Die
Deleted Scenes enthalten zwar die ein oder andere interessante
Szene, einen echten Mehrwert stellen sie aber nicht dar. Der
interessanteste Beitrag des Zusatzmaterials hat nur eine Länge von
ca. 2:30 min und behandelt die Schwierigkeiten der Adaption eines
literarischen Kunstwerkes für die Leinwand. Immerhin tritt dort
auch der Autor auf, aber leider ist auch dieses Feature viel zu
oberflächlich und wenig informativ. Bleibt noch der Audiokommentar
von Regisseur Joe Wright, der immerhin leidlich unterhaltsam ist
und zuweilen auch Wissenswertes zum Film beisteuert.
Fazit
Wieder mal eine Blu-ray Veröffentlichung die in den techn.
Disziplinen mit sehr gutem Bild und ebenbürtigem Ton glänzt. Die
Extras sind zwar keine Bereicherung, doch immerhin vorhanden und
sind als wenig gelungene Resteverwertung abzuhandeln.
Joe Wright ist mit Atonement eine Literaturverfilmung gelungen, die
zwar nicht ohne kleinere Schwächen ist, deren Qualitäten aber so
überzeugend sind, dass man sich diese Blu-ray Premiere nicht
entgehen lassen sollte. Unschuld und Bedauern sind keine
Entschuldigung; manche Dinge kann man nie wieder gut machen.
Wer nicht denken möchte und Probleme mit dem Zuhören hat, ist hier
fehl am Platz. In diesem Film wird viel gesprochen und die Dialoge
sind nicht dazu da, die Pause zwischen Explosionen zu verkürzen.
Allerdings gilt: Wer wagt gewinnt; wer sich auf diesen Film
einlässt, der wird reichlich belohnt. Denn der Film entwickelt eine
Sogwirkung der man sich kaum entziehen kann – genau das macht diese
Blu-ray zu einer lohnenswerten Anschaffung. (fb)
Gesamtwertung: 7P
Story 9P
Bildqualität 9P
Tonqualität 8P
Extras 7P
Equipment:
Player: Panasonic BD 80
TV: Sharp Aquos 46“ LCD, 100Hz, 24p
Verstärker: Marantz SR 5003
Kopfhörer: Grado: RS -1
"America is the only country that went from
barberism to capitalism without civilization in between." - Oscar
Wilde