Zitat:
Zitat von "Simon2"
Hi Snip,
den Vorwurf, den Film nicht ausreichend aufmerksam gesehen zu
haben, mag ich nicht auf mir sitzen lassen. Kannst du ja nicht
wissen, aber ich bin schon weit weg von der "Handy-Generation mit
Kolibri-Aufmerksamkeitsspanne" ;-)
(Selbst meine Kinder sind da schon raus)
Keine Sorge, ich habe auch Kinder und bin hier im Forum vermutlich
im Vergleich auch eher älteren Jahrgangs.
Es reicht ja auch schon wenn man aus der Stimmung heraus etwas
anders empfindet. Davon hängt in diesem Film sehr viel ab. Wenn man
sich nicht in den ersten paar Szenen in Alita versetzt und den Film
aus ihrer Perspektive sieht, dann erlebt man den Film wohl ganz
anders. Wesentlich mehr als in vielen anderen Filmen. Ich gebe zu,
dass ich an den Film vermutlich vergleichsweise emotional herangehe
- die frühe emotionale Beteiligung ist ein wesentlicher Faktor wie
gut man den Film findet und wieviel Gewicht man den Ereignissen und
Dialogen zuordnet, ob man diese als Cheesy abtut, oder sie ernst
nimmt.
Im Prinzip ist der Film ein Empathie-Test - womit ich anderen
Leuten die das nicht so sehen dies nicht generell absprechen
möchte. Sie haben das vielleicht nur nicht gleich so auf sich
wirken lassen, aufgrund anderer Erwartungshaltung und
Tagesstimmung, oder aufgrund des letzten Films den man gesehen
hat.
Mit geht es ganz ähnlich wie in dieser Rezension
etwa:
https://comicbookdebate.com/2019/02/16/the-humanity-of-alita-battle-angel/
Zitat:
Andererseits scheint mir aber, dass du wiederum
(vielleicht aufgrund deiner Mangavorbildung und/oder allgemeiner
Begeisterung) einige Dinge im Film tendentiell
überinterpretierst.
Da bin ich allerdings kein Einzelfall, das machen auch viele ohne
Mangavorbildung so, sonst hätte der Film nicht so hohe
Zuschauerwertungen, die können schon allein daher nicht nur von den
Manga-Fans kommen, weil der Manga selbst auch eine ziemliche
Nischenerscheinung ist - selbst in Japan. Auch gibt es einige Fans
die den Film nicht mögen, weil er nicht brutal genug ist, weil er
Story-Elemente verändert, nicht alle Charaktere übernimmt, welche
verändert oder hinzuerfindet etc. Ich denke es ist eher die frühe
emotionale Beteiligung oder Erwartungshaltung.
Ich will auch gar nicht sagen dass es jeder mit Verstand und Herz
so empfinden muss. Es gibt genügend objektive Argumente den Film
abzuwerten, viele davon sind aber auf subjektivem Empfinden
gegründet und nicht allgemeingültig. Letztlich ist Film halt Kunst,
das gilt auch hier und bei Kunst liegt die Schönheit im Auge des
Betrachters.
Zitat:
Aus der Tatsache, dass Alita Dr. Ido noch nicht
kennt, sehe ich noch keinen
"Vater-Tochter-Ungewiss-Konflikt",
SPOILER! Inhalt
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Der ist ja auch nicht sofort da, jedoch gleich
nach dem ersten Gassenkampf und nicht vorher, wo Alita und Ido sich
über das Erlebte austauschen und was er ihr verheimlicht hat, woher
ihr erster Körper stammt usw. (I'm not your daughter, I don't know
what I am...) Davor war er ja nur ein netter unbekannter Dr. der
vielleicht ein dunkles Geheimnis hat. Der nächste Schritt wo es um
den Berserker-Körper geht, dann ihre Reaktion und Folgen der
Ablehnung, dann wo sie ihn bekommt usw. Es ist alles da, man muss
nicht viel interpretieren, nur miterleben/mitfiebern.
Zitat:
aus Hugos Kurzepisoden noch keine 4stufige
Entwicklung. Da musst du schon jedem einzelnen Schnitt eine eigenen
Entwicklungsschritt zuordnen... ;-)
Für jemanden der erst einmal ein leeres Blatt ist und oft die
All-or-nothing-herangehensweise umsetzt wie Alita ist das so, ja.
Es spiegelt sich auch tatsächlich so in den Szenen wieder. Hast du
mal Alitas Gesichtsausdruck gesehen nachdem Tanji sie umgeworfen
hatte?
SPOILER! Inhalt
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Oder welche Mimik sie bei der letzten
Begegnung mit Vektor/Nova hat, nachdem sie sagt "I don't need your
permission to live!". Danach findet die Entscheidung ihn zu töten
genau in zwei Stufen statt, bei dem Kommentar zu Ido zuckt nur kurz
ihre Augenbraue, als es um Hugo geht wird ihr Blick total irre und
die Entscheidung ist gefallen... Solche Momente gibt es sehr
viele.
Zitat:
Was machst du denn aus einem Hereditary oder
Arrival (Enemy, Prisoners) oder Killing of a sacred deer oder
...?
Zitat:
Das werden ja Telefonbuch-Interpretationen,
gegen die Bibelauslegungen Kinderkram sind.
Nein, warum? Da wird sich nur mehr Zeit für eine final nur selten
komplexere Entwicklung genommen. Bestimmte psychologische
Betrachtungen werden ausgeschmückt, kommen aber letzlich auf
einfache Elemente zurück. Bei Alita findet das im Zeitraffer statt.
Etwa warum ist man menschlich? Weil man einen menschlichen Körper
hat, ein menschliches Gehirn, oder weil man sich wie ein Mensch
verhält, dies deutlicher zeigt als andere und empfindet - wie in
Alitas Fall? Man kann das gleiche darin wiederfinden.
Gesehen habe ich davon bisher nur Arrival, fand ich sehr gut, hat
aber wenig wiedersehenswert.
Ich kann auch nachvollziehen, wenn man dem Film etwa 6 oder 7/10
Punkten gibt, dann haben einen die Elemente die mich begeistert
haben halt nicht erreicht und das aus vermutlich nachvollziehbaren
Gründen. Wenn einen etwas wirklich stört und es sich beim weiteren
gucken manifestiert, kann man den Film vermutlich auch leicht
deutlich schlechter finden, aber ob das dann wirklich objektiv
richtig ist, würde ich mal in einigen Fällen in Frage
stellen.
Ich wollte eigentlich nur zeigen, das vieles von dem was mancher
vermisst oder dem Film ankreidet tatsächlich auch anders betrachtet
werden kann und man deswegen kein verbohrter Fan sein muss der
einfach alles toll findet.
Ohne Cyberpunkt-Fan zu sein und nicht eine Vergangenheit mit dem
Material zu haben, würde ich Alita vermutlich auch nur 7 von 10
Punkten geben, für Cyberpunk-/Genre-Fans 8 von 10. Für mich
persönlich liegt er aber eher bei 9, weil das was gut gemacht
wurde, und was ich mir erhofft hatte, die Mängel deutlich
wettmacht. 10 hätte er, wenn er 20 Minuten länger gewesen wäre um
die Aspekte, die nur knapp angerissen werden besser unterzubringen
und mit R-Rating Brutalität und schmutzigerer Welt wie sie Manga
und Anime eigentlich wiederspiegeln. Aber damit hätte man ganz
sicher keine Chance auf Sequels gehabt.